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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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unangenehme Schweigen zu beenden.
    »Ist gar nicht seine Art«, bestätigte Häberle einsilbig. Seit er vor einigen Minuten erfahren hatte, dass Linkohrs Renault Twingo da vorne auf der Heidelandschaft stand und in dem Fahrzeug sogar eine Person gesichtet worden war, suchte er ebenso verzweifelt wie vergeblich nach einer logischen Erklärung – zumindest aber nach einer, die nicht gleich das Schlimmste vermuten ließ. Klar, vergangene Nacht hatte es drunten auf dem Hexensattel das ganz große Mittsommerfeuer gegeben. Und Linkohr war schließlich ein junger Mann, noch dazu ein Single, der sich gerne unters Volk mischte. Aber weshalb sollte er dann sein Auto hier im Gelände abstellen? Er galt zwar als eifrig, manchmal sogar als übereifrig, doch würde er wohl kaum private Ermittlungen tätigen, ohne seine Dienststelle davon zu informieren.
    Watzlaff überholte drei Mountainbiker und scherte wieder ein, um einem entgegenkommenden Mann mit angeleintem Hund den Sprung zur Seite zu ersparen.
    »Da geht es lang«, deutete Häberle auf einen geschotterten Weg, der rechts über die Heidelandschaft abwärts zu einem Heckenstreifen führte. Dort parkte ein Polizeifahrzeug, vor dem sich zwei Uniformierte mit einem jungen Mann unterhielten. Häberle versuchte, ihn bereits beim Näherkommen zu identifizieren. Watzlaff stoppte den Streifenwagen unvermittelt, als der Chefermittler mit gewisser Erleichterung feststellte, dass es sich bei dem Mann der Statur und Haltung nach nicht um Linkohr handeln konnte. Sie stiegen wortlos aus und gingen auf die drei Personen zu.
    »Herr Linkohr ist nicht da«, äußerte einer der Uniformierten sofort, um den beiden Kommissaren die Anspannung zu nehmen. Häberle und Watzlaff musterten den Mann, ohne ihn irgendeinem früheren Vorfall zuordnen zu können. Ein paar Meter hinterm Streifenwagen war das Heck des silberfarbenen Renault Twingo zu sehen, der vorwärts in einer Lücke im schmalen Bewuchsstreifen stand, als ob jemand versucht hätte, ihn zu verstecken. Das Kennzeichen, daran bestand kein Zweifel, war das des verschollenen Kollegen.
    »Wo ist Linkohr?«, fragte Watzlaff ungewöhnlich scharf.
    »Er sagt, er weiß es nicht«, antwortete einer der Uniformierten, der den Dienstgradabzeichen nach der Höhergestellte war.
    »So, der Herr weiß es nicht«, wiederholte Häberle drohend. Er hatte viel Geduld, aber in Fällen wie diesen konnte ihm der sprichwörtliche Gaul durchgehen.

11.
    Speckinger hatte inzwischen mit den Kollegen der Sonderkommission telefoniert und sich weitere Adressen von Personen geben lassen, die mit Werner Heidenreich den Abend am Lagerfeuer verbracht hatten. Dazu zählte auch das Ehepaar Erich und Brigitte Neusser, das – wie vermutlich längst alle aus der gestrigen Runde – bereits von dem Verbrechen unterrichtet war. »Furchtbar, schrecklich!«, kommentierte Neusser das Geschehen, nachdem er und seine Frau den Kriminalisten bereits vom Vorgarten aus gesehen, ihn freundlich begrüßt und ihm Platz in einem gepolsterten Gartenstuhl angeboten hatten.
    »Uns war klar, dass wir Besuch von der Polizei kriegen würden«, sagte Brigitte Neusser und zupfte an ihrem bunten, kurzen Sommerkleid.
    »Wir sind geschockt«, erklärte Erich Neusser. »Geschockt und entsetzt. Seit wir es erfahren haben, zerbrechen wir uns die Köpfe, was da passiert sein könnte.«
    Speckinger bat um Verständnis für die Befragung. Erich Neusser nickte zustimmend, schließlich war er als Betriebsprüfer des Finanzamts selbst ein Staatsdiener – und obendrein ein überaus korrekter. Speckinger hatte diese Details telefonisch von den Kollegen auf dem Wasserberg erfahren, die inzwischen bereits Recherchen zu den namentlich bekannten Teilnehmern des Klassentreffens angestellt hatten.
    Ein Getränk lehnte Speckinger trotz der Hitze ab. Er hatte nicht vor, sich länger als notwendig bei den Neussers aufzuhalten, schließlich war ihm eine ganze Liste von Namen und Adressen übermittelt worden. Er stellte die routinemäßige Frage nach dem Küchenmesser und etwaigen verdächtigen Personen – doch das Ehepaar konnte zu beidem nichts Brauchbares beisteuern. Erich Neusser erklärte, dass sie gegen 1 Uhr gegangen seien. Er könne sich noch ziemlich genau an den Zeitpunkt entsinnen, da ihn Katrin gefragt habe, wie spät es sei.
    »Katrin?«, zeigte sich Speckinger interessiert.
    »Ja, eine unserer Stillsten, wenn Sie so wollen. Lehrerin. Sie hat wohl für einen kurzen Moment überlegt, ob sie mit uns

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