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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weit aus dem Fenster gelehnt, wenn Sie so wollen. Wenn wir uns getroffen haben, was ja nicht sehr oft vorgekommen ist, gab es so gut wie kein anderes Thema mehr. Sogar mit seinen eigenen Naturschützern hat er sich in die Haare gekriegt. Aber dass ihn deswegen jemand umgebracht hat – nein, das glaub ich nicht.«
    Speckinger schielte einigermaßen sehnsuchtsvoll nach der Flasche Mineralwasser, die auf dem Tisch stand. Brigitte Neusser schien dies zu bemerken und bot ihm erneut an, ein Glas einzuschenken. Der Kriminalist willigte dankend ein, worauf die attraktive Mittfünfzigerin über die Terrasse ins Haus zurückging.
    »Wie meinen Sie das – in die Haare gekriegt?«, hakte Speckinger unterdessen nach.
    »Er wollte aus Protest dagegen, dass die Baustraßen für den Tunnelbau durch Wohngebiete geführt werden, eine große Blockadeaktion organisieren – hat er jedenfalls gesagt.«
    »Eine Blockadeaktion? Wie muss man sich das vorstellen?«
    Erich zuckte mit den breiten Schultern. »Was weiß ich? Bei Baubeginn wollten sie eine Maßnahme starten. Aber der gemäßigte Teil der Naturschützer war nicht sehr begeistert davon.«
    »Wenn Sie von ›den‹ Naturschützern sprechen«, knüpfte Speckinger an, »wer ist damit gemeint?«
    »Dieser Arbeitskreis.« Erich Neusser überlegte. »Ein Arbeitskreis, in dem unzählige Gruppierungen vertreten sind, die alle im weitesten Sinne was mit Naturschutz zu tun haben. Was weiß ich. Albverein und Alpenverein, ›Naturfreunde‹ und zig weitere Gruppen, die alle eine Stellungnahme abgeben müssen, wenn Bebauungspläne oder große Projekte anstehen.«
    Speckinger hatte sich nie sonderlich mit Verwaltungsrecht auseinandergesetzt. Das war ihm zu trocken. Während Brigitte Neusser mit einem frischen Glas und einer weiteren Flasche Mineralwasser über den schmalen Rasenstreifen kam, um ihn mit Trinkbarem zu versorgen, zeigte der Kriminalist dennoch gewisse Sachkenntnisse: »Geht es da um die sogenannten Träger öffentlicher Belange?«
    Erich nickte. »So nennt man das, genau«, gab er sich zufrieden, wie ein Oberlehrer, der gerade von seinen Schülern eine richtige Antwort erhalten hatte. »In diesem Arbeitskreis wird versucht, alle Einwände und Anregungen aus den beteiligten Gruppen zusammenzufassen und an das Regierungspräsidium weiterzuleiten.«
    Speckinger konnte sich lebhaft vorstellen, welche endlosen Diskussionen dies auslöste. »Der arme Vorsitzende«, meinte der und trank das halbe Glas leer.
    »Geduld, Sachkenntnis und diplomatisches Geschick sind gefragt«, meinte Erich. »Aber schauen Sie doch mal selbst bei einer Sitzung vorbei. Einmal pro Monat, immer montags. Drunten in Schlat, im ›Lamm‹.«
    Der Kriminalist prägte sich den Hinweis ein, während Erich zögernd anmerkte: »Dass Werner einen – na, sagen wir mal – einen bewegten Lebenswandel hatte, ist Ihnen sicher bekannt.«
    Speckinger ließ sich seine Verwunderung über diesen Hinweis nicht anmerken. »Wir sind gerade dabei, Einzelheiten dazu herauszufinden«, gab er sich deshalb zurückhaltend.
    Erich Neusser wusste nicht so recht, wie er es formulieren sollte. Einerseits wollte er nicht allzu viel aus den wenigen vertraulichen Gesprächen preisgeben, die er mit Werner geführt hatte – andererseits war er selbst Beamter, sozusagen ein Kollege des Kriminalisten, und fühlte sich als korrekter Staatsdiener verpflichtet, ihm zu helfen. Er nahm kurz Blickkontakt mit Brigitte auf, die sich aber zu keiner Äußerung hinreißen ließ. »Dass er mal Polizist war, werden Sie wissen«, begann Erich vorsichtig und wartete ab, bis Speckinger dies bestätigte. »Er soll sogar mal bei einer Spezialeinheit gewesen sein.«
    Der Kriminalist schenkte nach und trank, sodass Erich genügend Zeit blieb, sich zu überlegen, was er noch sagen wollte. »Na ja, ob es eine Spezialeinheit war, weiß ich natürlich nicht genau«, relativierte er seine Aussage von eben. »Das Spezialeinsatzkommando gab es damals wohl noch gar nicht. Aber vielleicht etwas Ähnliches.«
    »Was verstehen Sie unter ›damals‹?«, fragte Speckinger dazwischen.
    »So in den 70ern, schätz ich mal. Wir sind 1967 aus der Schule raus, Mittelschule, müssen Sie wissen – das, was man heute Realschule nennt. Danach Polizeiausbildung bei der Bereitschaftspolizei in Göppingen – ja, dann könnte es Anfang, Mitte der 70er-Jahre gewesen sein.«
    »Und woran denken Sie konkret?« Speckinger war neugierig.
    Erich Neusser zögerte plötzlich wieder. »Ich

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