Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
zur Autobahn-Anschlussstelle Aichelberg gebeten hatte, war an absoluter Diskretion interessiert gewesen. Immer wieder hatte Sander in den vergangenen Stunden überlegt, ob er Häberle ins Vertrauen ziehen sollte. Aber dann war in ihm die Journalistenehre hochgekommen, die es gebot, solche Informanten zu schützen. Und außerdem brauchte er ja nichts zu befürchten. Er war Journalist, eine neutrale Person, der man vertraute. Zwar erinnerte ihn sein Gewissen daran, dass er in dieser Angelegenheit nicht ganz unbefangen sein konnte – aber dann verdrängte er diese Gedanken. Natürlich gäbe es technische Möglichkeiten, in seinem Auto ein Abhörmikrofon zu installieren, damit Häberle hätte mithören können. Oder, noch einfacher, er hätte Häberles Nummer auf eine Kurzwahltaste des Handys programmieren können, um sie im Notfall unbemerkt zu drücken und dem Kommissar auf diese Weise zu signalisieren, dass er Hilfe brauchte. Aber auch dann wäre es notwendig gewesen, Häberle den Ort des Treffens preiszugeben.
    Nein, entschied Sander. Das war sein Fall – und er wollte den Hinweisgeber unter keinen Umständen hintergehen. Er beschloss deshalb, nur seine Partnerin Doris einzuweihen. Immerhin sollte wenigstens eine Person wissen, wo er hingefahren war, falls ihm etwas zustoßen sollte. Sie gab sich am Telefon besorgt und bat ihn inständig, auf sich aufzupassen oder vielleicht doch einen Kriminalisten als Beschützer mitzunehmen.
    Sander lehnte diese Vorschläge ab und versprach, sich so bald wie möglich zu melden. »Schau dir halt das Fußballspiel an«, schlug er vor und beendete das Gespräch. Dann schaltete er seinen Computer ab, nahm noch einen kräftigen Schluck Mineralwasser und verließ das Redaktionsgebäude durch den Hinterausgang. Dort entschied er, nicht das Verlagsfahrzeug zu nehmen, sondern mit dem eigenen Golf zu fahren, der ihm viel komfortabler erschien und der auf dem nahen Parkdeck ›Sonne-Center‹ stand. Zwei Minuten später fuhr der Lokaljournalist in der sommerlichen Abenddämmerung aus der Kleinstadt hinaus in Richtung Autobahn, die sich knapp 20 Kilometer entfernt über die Nordkante der Schwäbischen Alb schlängelte und wo sich auf einem Teilstück sogar die jeweiligen Richtungsfahrbahnen an einem Bergrücken trennten: Abwärts ging es über den Drackensteiner Hang, aufwärts über den Lämmerbuckel und seine enge Tunnelröhre.
    In Mühlhausen bog Sander in die Autobahn Richtung Stuttgart ein, um dann endlich in Höhe des Feng-Shui-Rasthauses Gruibingen auf dreispuriger Fahrbahn kräftiger beschleunigen zu können. Bevor sich die Straße auf den Aichelberg zu senkte, ging der Blick weit ins dunkle Voralbgebiet hinaus, wo jetzt die Lichter von Straßenlampen und Autos blitzten. Am Westhorizont, der um diese Jahreszeit erst gegen Mitternacht richtig schwarz wurde, zeichnete sich noch deutlich die Landschaft ab. Sander nahm dies nur am Rande zur Kenntnis. Er hatte nicht einmal das Radio eingeschaltet, denn er wollte sich auf die Begegnung mit dem unbekannten Anrufer konzentrieren. Jedenfalls würde er sich sofort das Kennzeichen des Geländewagens einprägen, der ihm angekündigt worden war. Außerdem, das nahm er sich fest vor, wollte er seinen Golf rückwärts in eine etwaige Parkbucht rangieren, um gleich in Fluchtrichtung zu stehen.
    Der Park-and-ride-Parkplatz an der Autobahn war ihm ein Begriff. Die geschotterte Stellfläche befand sich parallel zur Fahrbahn Richtung Stuttgart und war von der vorbeiführenden Landstraße nur schwer oder gar nicht einsehbar. Dass er dorthin bestellt worden war, konnte auf einen Zusammenhang mit der Bürgerinitiative gegen die Eisenbahn im nahen Weilheim hindeuten. Bis zu diesem Städtchen am Fuße der steilen Albberge waren es nur noch zwei Kilometer – und außerdem würde hier eines Tages die Schnellbahntrasse in dem langen Tunnel verschwinden.
    Sander ließ seinen Golf auf der Mittelspur den ausgebauten Aichelberg-Abschnitt hinunterrollen, durchfuhr die sogenannte Grünbrücke, die hier zwei Waldgebiete miteinander verband, und stellte fest, dass er schneller als gedacht die Ausfahrt Aichelberg erreichte. Er hatte noch zehn Minuten bis zur verabredeten Zeit. Überpünktlich, dachte er und setzte den Blinker, zwängte sich in die bereits wieder anflutende sonntagabendliche Lkw-Lawine auf der rechten Spur und verließ die Autobahn. Da er die Örtlichkeiten kannte, bog er nochmals rechts ab, um in einem dieser neuen Kreisverkehre die Richtung nach

Weitere Kostenlose Bücher