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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sagen hatte, hätte er es auch am Telefon tun können. Oder hatte er Angst, abgehört zu werden? Immerhin konnte man heutzutage davor nirgendwo mehr sicher sein.
    »Ich weiß natürlich nicht«, fuhr der Mann fort, »wie groß Ihre Kompetenz ist und ob Sie überhaupt in der Lage sind, sich einer Sache anzunehmen, die keine Provinzposse ist, sondern von einem anderen Kaliber.«
    Sander schluckte. Er verspürte plötzlich Hunger und Magenschmerzen. Der Tag war lang und stressig gewesen, und nun galt es, sich auf jedes Wort zu konzentrieren, das dieser Mann von sich gab.
    »Sie sind ein Schulkamerad von Werner Heidenreich«, stellte der Fremde in den Raum, um sogleich daran anzuknüpfen: »Wie gut kennen Sie ihn?«
    Sander spürte inneres Zittern. Er nahm sich vor, so selbstbewusst wie möglich aufzutreten. »Ganz wenig.« Er wartete keine Antwort des Mannes vor ihm ab, sondern versuchte, in die Offensive zu gehen: »Aber darf ich Sie fragen, welches Interesse Sie verfolgen?«
    »Nein«, kam es barsch von vorne zurück. »Ich habe ein paar Informationen – und damit hat es sich. Ich gebe sie Ihnen, weil ich davon ausgehe, dass Sie mehr damit anfangen können als die Polizei.« Der Mann musste ein Schwabe sein, bemühte sich aber, Hochdeutsch zu reden.
    Sander umklammerte die lederne Sitzkante und überlegte, ob die Zentralverriegelung betätigt wurde. Dieser Geländewagen war mit Sicherheit mit allen Zusatztechniken ausgestattet. Während er darüber nachgrübelte, antwortete er knapp: »Das kommt drauf an.«
    »Heidenreich war eine dubiose Gestalt«, machte der Mann ruhig weiter, ohne sich zu bewegen. »Seit zwei Jahren hat er sich als Retter der Schwäbischen Alb aufgeführt und mit Gott und der Welt Streit angefangen. In seinem Job hingegen hat er so getan, als sei er der penible Staatsdiener, doch in Wirklichkeit hat es ihm Spaß gemacht, andere zu drangsalieren. Aber …«, die Stimme des Mannes verriet, dass er es spöttisch meinte, »aber wo könnte man das besser tun als bei der Steuerfahndung?«
    Sander durchzuckte ein Gedanke. Hatte er es mit einem Steuerhinterzieher zu tun? Mit einem, der sich sozusagen post mortem an Heidenreich rächen wollte?
    »Ob die Ermittler inzwischen wissen, wer ihr Exkollege wirklich war, bezweifle ich«, fuhr der Unbekannte fort. »Wahrscheinlich sitzen in den höheren Etagen genügend einflussreiche Personen, die dies verhindern wollen.«
    Sander hätte liebend gerne jedes Wort aufgeschrieben, um es später wörtlich zitieren zu können. Sein Puls raste. Er vermochte noch immer nicht einzuschätzen, worauf er sich eingelassen hatte. Eine kurze Pause des Schweigens hätte ihm die Gelegenheit geboten, etwas zu erwidern. Doch in diesem Augenblick bog ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf den Parkplatz ein und kam auf den Geländewagen zu. Sander wagte jetzt, den Kopf ein Stück weit nach rechts zur Mitte hin zu bewegen, um zwischen den vorderen Kopfstützen hindurch nach draußen sehen zu können. Der Mann vor ihm blieb regungslos und stumm. Etwa zehn Meter von ihnen entfernt, so schätzte Sander, stoppte das Fahrzeug, bei dem es sich um einen Pkw der mittleren Klasse zu handeln schien.
    Die Gedanken jagten durch seinen Kopf. Doch keinen einzigen davon wagte er auszusprechen. Noch immer waren die Scheinwerfer voll aufgeblendet und gegen den Geländewagen gerichtet. Sander hatte den Eindruck, dass sich die Sekunden zu Stunden dehnten.
    Endlich eine Bewegung. Der Unbekannte, der vor ihm saß, ließ die Lichthupe aufblenden und hüllte damit das vordere Fahrzeug in ein Blitzlicht. Sander erkannte, dass es ein silberfarbenes oder graues Auto war, möglicherweise ein Mercedes, vielleicht auch ein Japaner, die es in dieser Klasse bestens verstanden, mit ihrem Design deutsche Nobelkarossen zu imitieren.
    Es verstrichen weitere Sekunden, ohne dass sich die Situation veränderte. Sander schätzte, dass es mit dem Geländewagen möglich war, zu flüchten. Zwischen dem stehenden Pkw und der Reihe geparkter Autos würde der Zwischenraum ausreichen.
    Offenbar hatte auch der Mann vor ihm ähnliche Überlegungen angestellt. Er startete den Motor, und fast gleichzeitig setzte sich das schwere Auto ruckartig in Bewegung. Die Beschleunigung drückte Sander in den Sitz, sodass er nicht genau verfolgen konnte, ob der Pkw-Lenker noch versucht hatte, ihnen den Weg zu versperren. Angeraten jedenfalls wäre dies nicht gewesen. Denn der Geländewagen, dessen Scheinwerfer sich in die Nacht fraßen,

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