Glasscherbenviertel - Franken Krimi
folgten noch fünfzehn weitere solcher Anrufe, alle in etwa so lang wie der erste. Ein einziger dauerte knappe zehn Sekunden. Möglicherweise hat sie ihm dabei eine Nachricht hinterlassen.«
»Aber warum haben wir dann keine gefunden, als wir sein Handy überprüft haben?«
»Weil durch die providerseitige Einstellung der Mailbox alle eingegangenen Anrufe nach vierzehn Tagen automatisch gelöscht werden, wenn man sie nicht abhört und anschließend speichert.«
»So ein Mist. Dann werden wir vielleicht nie erfahren, was sie ihm gesagt hat.«
Wünnenberg nickte, stand auf und schenkte sich eine Tasse Kaffee nach. »Es gibt aber noch etwas Interessantes: Während Rojins Handy zum letzten Mal eingeloggt war, hat sie telefoniert.«
»Mit wem?«
»Eine bisher unbekannte Mobilfunknummer. Ich warte noch auf die Zuordnung.«
Wie aufs Stichwort begann Hackenholts Telefon zu klingeln.
»Bevor du mich wieder nicht erkennst, sage ich wohl besser gleich, dass hier der Renners Peter spricht«, knurrte ihn eine tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung an.
»Peter, das ist aber eine Überraschung. Erst höre ich jahrelang nichts von dir, und dann bekomme ich gleich zwei Anrufe in einer Woche«, scherzte Hackenholt. »Sag jetzt aber nicht, dass du noch immer in der Angelegenheit von damals recherchierst.«
»Natürlich geht es mir um den Mordfall Anton Schweinsberger!«
Der Kollege klang schroff.
»Da kann ich dir wirklich nicht –«
»Ich habe ein paar Tage Urlaub und will mir bei der Gelegenheit dein hübsches Frankenland mal ein bisschen genauer anschauen. Was hältst du davon, wenn wir uns morgen Abend auf ein Bier treffen?« Als Hackenholt nicht sofort antwortete, brummte Renner: »Die Vorstellung scheint bei dir ja keine Begeisterungsstürme hervorzurufen.«
»Das liegt aber nicht an dir, wir haben hier im Moment einfach alle Hände voll zu tun. Ich stecke mitten in ziemlich komplizierten Ermittlungen. Gestern Abend ist mir deshalb erst ein Nikolausessen geplatzt, das mir sehr am Herzen lag.«
»Meine Herren, du machst vielleicht Sachen: ein Nikolausessen. Wenn du seit Neuestem so auf diesen Weihnachtsquatsch stehst, dann treffen wir uns halt konspirativ auf einem Weihnachtsmarkt und nicht in einer Kneipe. Aber jetzt sag mir endlich deine Handynummer, damit ich dich am Wochenende erreichen kann.«
Seufzend gab Hackenholt nach und diktierte ihm das Gewünschte. »Melde dich, sobald du da bist, und dann sehen wir, ob wir uns irgendwo treffen können. Allerdings immer unter dem Vorbehalt, dass nichts kurzfristig dazwischenkommt.«
»Jaja, schon gut. Du wirst doch wohl ein paar Minuten für einen alten Freund übrig haben.« Grußlos legte Renner auf.
Mein Gott, hat der sich verändert!, dachte Hackenholt und musste sich gleichzeitig eingestehen, dass er überhaupt keine Lust hatte, sich mit dem Kollegen aus früheren Tagen zu treffen. Wozu eigentlich, wenn der sowieso nur über olle Kamellen schwadronieren wollte: über einen längst abgeschlossenen Fall, an den sich Hackenholt nur noch in groben Zügen erinnern konnte.
»Sag mir mal schnell die Adresse, auf die Rojin Barzanis neues Handy angemeldet wurde«, riss Wünnenberg ihn aus seinen Gedanken.
Hackenholt blätterte in den Unterlagen, dann las er vor: »Schottenau, Eichstätt.«
»Sieh mal einer an, da könnten wir einen entscheidenden Schritt weitergekommen sein: Vom Provider habe ich inzwischen den Namen der Person erhalten, die Rojin Barzani vom Bahnhof aus angerufen hat: eine Julia Weiß. Zwanzig Jahre alt und gemeldet bei ihren Eltern in Altdorf, aber sie hat einen Zweitwohnsitz angegeben. Und jetzt rate mal, wo! Studentenwohnanlage Schottenau in Eichstätt.« Wünnenberg sah Hackenholt triumphierend an.
»Was ist mit der Peilung? Wissen wir inzwischen, wo das neu angemeldete Handy eingeloggt ist?«
»Ich habe von der Einsatzzentrale noch nichts gehört.«
»Gut, dann gehe ich gleich mal rüber und frage nach, was Sache ist.«
»Manfred hat von unterwegs aus angerufen und gefragt, ob er und Saskia Pizza mitbringen sollen. Ich habe Ja gesagt«, informierte Wünnenberg Hackenholt, als Letzterer eine halbe Stunde später ins Büro zurückkam. »Sie haben Damla Ünlü und ihren Sohn bei der Mutter angetroffen und mit ihnen besprochen, dass sie eine Zeit lang bei Verwandten in Neu-Ulm untertauchen.«
Hackenholt nickte knapp und griff nach dem Telefonhörer.
»Ist die Peilung endlich da?«, fragte Wünnenberg.
»Hm-mh.«
»Und?«
»Eichstätt«,
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