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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Sie kramte das Handy heraus und schaltete es ein, aber es war nichts zu sehen. Erleichtert schloss sie das Klappdisplay und atmete auf.
    Leider hatte sich ihre Fantasie an der Vorstellung festgefressen. Wieder spürte sie Augen, die sie von hinten beobachteten. Die keimende Panik ließ sich kaum mehr versiegeln. Immer wieder hörte sie das Kratzen von Krallen im Staub vor und hinter sich, was weitaus lauter klang als Rattenfüßchen.
    Plötzlich sah sie schemenhaft ein unförmiges Wesen mit breiten Schultern und pendelnden Armen. Das Ding hatte einen lächerlich kleinen, schmalen Schädel, seine schartigen Nägel kratzten über Stein. Grimms Begleiter. Sie schrie auf und machte ein paar Schritte zurück, fuhr herum und flüchtete in einen anderen Tunnel. Sie hielt erst an, als sie mindestens zehn Abzweige hinter sich gebracht hatte. Schwindelig und atemlos taumelte sie noch einige Schritte und sank auf den schmutzigen Boden.
    Ihr Herz schlug schwer und hart in der Brust, bis sie glaubte, an ihrer Angst zu ersticken.
    Wenn sie je hier hinauskommen sollte, würde sie Berlin verlassen und nie wieder zurückkehren!
    In Frankfurt war kein wahnsinniger Polizist mit seinem Albtraummonster hinter ihr her. Das Unheimlichste, was ihr dort passieren konnte, waren aufdringliche Kerle, die sie nachts belästigten.
    Mühsam rang sie nach Atem und schloss die Augen.
    Selbst wenn sie lebend aus den Katakomben kam, konnte sie nicht weg. Nicht ohne Theresa. Was, wenn sie Grimm in die Finger geraten war?
    Ihre Kehle zog sich schmerzhaft zusammen. Vielleicht hatte er Theresa erwischt. Erneut erschuf ihre Fantasie Visionen einer zerfleischten Leiche. Der Brustkasten war geöffnet und die Rippen nach außen gebrochen. Wo das Herz sein sollte, befand sich zerfetztes Gewebe in einem schmierigen Blutbrei .
    Um die Gedanken abzuschütteln, zwang sich Camilla auf die Füße und lief weiter, aber die Vorstellung ließ sie nicht mehr los. Sie trat in etwas Weiches, das sie mit dem Schuh zerdrückte. Fäulnisgeruch stieg auf und hüllte sie ein. Sie spürte, wie ihr Verstand in einer neuen Woge aus Panik erstickt wurde, und rannte los.
    Eine gefühlte Ewigkeit später ließ sie sich erschöpft und verzweifelt gegen eine Wand sacken. Tränen liefen über ihre Wangen. Ihre Lungen schmerzten, als hätte sie Säure geatmet. Ihr Hals fühlte sich trocken an, schlucken konnte sie nicht mehr richtig. Sie spürte jede Schürfwunde und jeden blauen Fleck an ihrem Körper. Schwach erinnerte sie sich, während ihrer blinden Flucht unzählige Male gegen Wände geprallt und gestürzt zu sein. Bei irgendeiner Gelegenheit hatte sie sich den Fuß verdreht und konnte nun nur noch leicht auftreten.
    Sie hatte sich vollkommen verlaufen. Camilla wusste, dass sie etliche Male abgebogen, Treppen hinuntergestürzt und auf Stegen oberhalb der Abwasserkanäle entlanggelaufen war. Den Weg zurück würde sie niemals finden. Vermutlich war sie Kilometer von der Klinik entfernt.
    Nach einigen Minuten, die sie brauchte, um sich etwas zu fangen, richtete sie sich auf. Im Licht des Handys sah sie sich um. Der Boden und die Wände bestanden aus nacktem Beton und ein dünnes Rinnsal floss dicht neben ihr entlang. Irgendwo tropfte beständig Wasser herab, das Geräusch hallte mehrfach gebrochen nach. Sogar Camillas leises Keuchen wurde von überall her zurückgeworfen. Hier war alles viel größer und höher. Das Licht ging aus.
    Camilla erschauerte. Dieser Ort atmete vollkommene Leblosigkeit aus. Vor irgendwoher wehte kühle Luft den süßlich fauligen Gestank eines toten Tieres heran. Was immer hier vergammelte, sie wollte es nicht herausfinden.
    So leise sie konnte, humpelte sie weiter. Die Echos ihrer Schritte verwandelten sich zu Verrätern, die Grimm und sein Ungeheuer wieder auf ihre Spur brachten.
    Schaudernd schüttelte sie den Gedanken ab. Dieser unheimliche Ort reichte schon, um ihr Angst einzujagen.
    Immer wieder hörte sie leises Rascheln von feinen Klauen auf dem Beton. Sie vermutete, dass es Ratten waren. So sehr sie die kleinen Nager zu Hause in ihrem Käfig liebte, so wenig bestand sie auf einer Begegnung mit deren großen Cousins.
    Die Echos veränderten sich, sie klangen nun dumpfer und hohler.
    Camilla blieb stehen und schaltete erneut ihr Handy ein. Im gleichen Moment zuckte sie zusammen und stolperte einen Schritt zurück. Vor ihr gähnte ein quadratisches Loch im Boden. Gegenüber erkannte sie Stufen, die hinabführten. Wer immer diesen Tunnel gebaut hatte,

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