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Glattauer, Daniel

Glattauer, Daniel

Titel: Glattauer, Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Weihnachtshund
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war.
Sie hatte ihm freilich auch noch kein Signal gegeben, das ihn dazu veranlasst
hätte zu überlegen, ob sie für ihn interessant sein könnte. Er hatte ihr
allerdings auch keinen Grund für ein Signal gegeben, das ihn dazu ... Ende. Der
Birnenkuchen war fertig. Schade.
    Es war 1
Uhr nachts. Max setzte sich vor seinen Computer, öffnete die
Gute-Nacht-Mitteilung von Katrin, drückte auf »Antworten« und schrieb: »Guten
Morgen. Der Birnenkuchen ist fertig. Sie können gern zum Frühstück kommen.
Kurt freut sich. Lieber Gruß, Max.« Danach bückte er sich unter Kurts Sessel
und streichelte ihn. Nicht den Sessel, den Hund (obwohl es dem Sessel
wahrscheinlich besser gefallen hätte). Egal. Es gab ganz wenige Momente, in denen
Max stolz war, Kurt zu besitzen. Das war so ein Moment.
     
    Um 7 Uhr
wurde Kurt durch einen grellen Schrei unsanft aus dem Schlaf gerissen, drehte
sich aber gleich wieder um und schlief weiter. Max hatte »Neiiiiiin« geschrien.
Der Grund war das Telefon. Es hatte geläutet. Das tat es normalerweise nicht
um diese Zeit. Und nicht in dieser Situation.
    Max hatte
verdammt schlecht geträumt. Das verdammt Schlechte an dem Traum war, dass er zu
früh zu Ende war und dass er nur ein Traum war, dass er sich also nicht fortsetzen
ließ. Der Traum hatte sich nämlich verdammt gut angelassen, hatte sich dann
irgendwie verzettelt und riss zum unglücklichsten aller Zeitpunkte ab. Er
handelte von Katrin. Sie war in ihren gelben Raumanzug gehüllt. Max sah von ihr
nur die verklärt herumschweifenden Blicke ihrer mandelförmigen Augen. (Hatte
sie mandelförmige Augen?)
    Sie hatte
sich unsterblich in ihn verliebt. In Kurt. Sie wollte ihn unbedingt haben. Sie
sagte: »Bitte gib mir Kurt, du kannst dafür verlangen, was du willst.« Das
sagte sie zu Max. Er fragte: »Ehrlich?« Sie sagte: »Ehrlich.« Er fragte: »Darf
es auch etwas Körperliches sein?« Sie sagte: »Natürlich, für Kurt kriegst du
alles von mir.« Max: »Ist das dein Ernst?« Katrin: »Das ist mein voller Ernst.«
Max: »Und wenn du das aber nicht machen willst, was ich mir von dir wünsche?«
Katrin: »Ich mache alles, was du dir wünschst, wenn ich nur Kurt dafür kriege.«
Max: »Es ist aber ... etwas ... Außergewöhnliches.« Katrin: »Damit habe ich gerechnet.«
Max: »Du müsstest dich ...« Katrin: »Ausziehen? Wie außergewöhnlich!« Max:
»Nein, du müsstest dich ...« Katrin: »Sag schon!« Max: »Ich schaffe es nicht.«
Katrin: »Na komm, nur Mut! Sag es. Was muss ich mich? Egal, was es ist, ich tu's,
wenn ich Kurt dafür bekomme.« Max; »Es wird dir aber pervers vorkommen.«
Katrin: »Ach, was ist schon pervers? Männer sind pervers. Wenn sich ein Mann
von einer Frau etwas wünschen darf und es wäre nicht pervers - das wäre
pervers. Also sag schon.«
    Max
überlegte, so lang es ging (so lang man im Traum überlegen konnte, ohne dass
der Traum als Traum aufflog), und sagte dann: »Ach was, du kriegst Kurt auch,
wenn du's nicht tust.« Katrin: »Ehrlich?« Max: »Ehrlich.« Katrin: »Das ist
ganz, ganz lieb von dir. Danke.« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die
Stirn, beugte sich über Kurt und machte Anstalten, ihn zu nehmen und zu gehen.
(An dieser Stelle wäre der Traum beinahe abgestürzt, Max wälzte sich unruhig
im Bett und drohte aufzuwachen.)
    »Aber
würdest du es trotzdem tun?«, fragte Max energisch. (Er glaubte wieder an
sich.) Katrin: »Du meinst freiwillig? Ohne etwas dafür zur kriegen? - Kommt
darauf an, was es ist.« Max: »Ich würde es nämlich nur wollen, wenn du es auch
gerne machen würdest, ohne dass du etwas dafür bekommst.« Katrin: »Aber Kurt
krieg ich, das hast du mir versprochen.« Max: »Das hab ich versprochen.« Katrin:
»Also sag schon. Was soll ich tun?« Max atmete kräftig durch, schloss die
Augen und sagte: »Du müsstest dich hinter mich stellen.« Katrin: »Das würde ich
machen.« Max: »Moment, es kommt erst.« Katrin: »Sag schon.« Max: »Ich zieh mein
Hemd aus. Du legst deine Hände auf meinen Nacken und fährst mit allen zehn
Fingernägeln ganz langsam den Rücken herunter. Es darf nicht zu leicht sein,
sonst kitzelt es. Es darf aber auch nicht zu fest sein. Es darf auf keinen
Fall weh tun. Er dürfen keine Kratzspuren zurückbleiben. Und ganz langsam. Nur
ein Mal. Würdest du das für mich tun?« - Da warf ihm Katrin aus dem Sehschlitz
ihres gelben Raumanzugs einen undefinierbaren Blick zu, holte Luft und heulte
hysterisch wie eine Sirene, nein, sie klingelte wie ein

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