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Glattauer, Daniel

Glattauer, Daniel

Titel: Glattauer, Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Weihnachtshund
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Spazierengehen muss er nicht diese vielen sinnlosen Läufe beim Aportieren
von leblosen Stockis unternehmen. Er läuft dann einfach zwischen Frauerl und Herrl
hin und her und beide klatschen vor Freude in die Hände. Und so gibt es Dutzende
Beispiele des täglichen Lebens, die uns zeigen, wie viel schöner ein Hundeleben
mit Herrl und Frauerl gemeinsam ist ...«
    Acht
Zeilen fehlten ihm noch. Er hatte das zwingende Gefühl, sich für diese
Geschichte noch am selben Tag mit angenehmer Abendgesellschaft belohnen zu
müssen. Da er ohnehin gerade vor dem Computer saß, wählte er den
unaufdringlichen schriftlichen Weg der Kommunikation. Er schickte vier E-Mails
und hoffte auf zumindest eine positive Antwort. An Rodriguez, einen gebürtigen
Argentinier, den er während seines (dreimonatigen) Soziologiestudiums kennen
gelernt hatte - nicht nur während, auch statt des Studiums -, schrieb er:
»Hallo Rod, ein spontaner Überfall. Hast du heute Abend Zeit und Lust auf eine
kleine Weinverkostung in unserer alten Stammkneipe? Ich würde mich freuen,
dich wieder einmal zu sehen. Lieber Gruß. Max.«
    Die zweite
E-Mail ging an Paula und Samuel, an sein liebstes befreundetes Pärchen. Sie:
Apothekerin und standhaft platonische Freundin bei lediglich drei so genannten
Ausrutschern. Er: Architekt, zwei Köpfe kleiner als sie und ein bisschen
verdrückt im Gesicht, aber er küsste angeblich gut. Ihnen schlug er einen
gemeinsamen Kinobesuch oder ein Essen beim Italiener vor.
    Ein
deutlich flaueres Gefühl hatte Max bei E-Mail Nummer drei. Die ging an
Natalie, bei der er sich seit dem letzten Treffen im Oktober nicht mehr
gemeldet hatte. Der damalige Abend war haarscharf an einem Kuss vorbeigegangen.
Natalie war erst 22, also zwölf Jahre jünger als er. Sie studierte Anglistik
und liebte auf vergleichsweise wenig naive Art einen ihrer Professoren, einen
Professor, der auf vergleichsweise naive Art jede zweite Anglistikstudentin liebte.
Das war die Basis der bisherigen Gespräche mit Max, der ihr die Augen öffnen
wollte, ehe sie plötzlich sehr weit offen waren und seinen Mund anvisierten.
Diesen Blick kannte er. Da gab es nur entweder Flucht oder Übelkeit. Er wählte
die Flucht.
    Jetzt
schrieb er ihr: »Hallo Natalie. Natürlich bist du beleidigt, dass ich damals
so abrupt aufgebrochen bin und mich einfach nicht mehr gemeldet habe. Wenn du
willst, erkläre ich es dir. Wenn du willst, heute Abend. Hast du Zeit für ein
paar Gläser Wein?« - Hoffentlich meldet sie sich nicht, dachte Max, als er den
Mittelfinger von der Taste »Löschen« wegstreckte und ihn auf »Senden« fallen
ließ.
    Die vierte
E-Mail ging an Katrin. Und Max musste zugeben, dass ihm diese am meisten am
Herzen lag. Nein, er gab es nicht zu. Er schrieb: »Hallo Katrin. Vielleicht
hast du zufällig Lust und Zeit, mit mir und Kurt einen kleinen Nebelspaziergang
im Esterhazypark zu machen. Kurt liebt Nebel. Da kann er stehen bleiben und
darauf warten, was geschieht. Anschließend könnten wir beide Glühwein trinken
gehen. Dein Freund kann ja mitkommen. Lieber Gruß. Max.« - Wehe, der Freund
kommt mit, dachte er.
    Kurt
schlief noch immer. Deneuve fauchte hinter der Tür und kratzte daran. Max
fehlten noch acht Zeilen seiner Kolumne. »Und so gibt es Dutzende Beispiele
des täglichen Lebens, die uns zeigen, wie viel schöner ein Hundeleben mit Herrl
und Frauerl gemeinsam ist«, hatte er zuletzt geschrieben. Das war an sich ein
perfekter Schlusssatz. Deshalb beschloss er, weiter oben einfach noch ein paar
Beispiele einzufügen: »Wenn das Herrl einmal schlecht aufgelegt ist, kriegt
das unser vierbeiniger Liebling mit voller Wucht zu spüren. Gibt es aber auch
ein Frauerl im Haus, so wird die üble Laune des Herrls dem Hund gar nicht
auffallen, die konzentriert sich dann ganz auf das Frauerl. Das Gleiche
funktioniert natürlich auch umgekehrt.« (Ein genialer Füllsatz, dachte Max.)
»Und wenn die beiden einmal streiten, dann freut sich der Dritte. Und der
Dritte ist ja fast immer unser lieber Hund.« Daran fügte sich nahtlos: »Und so
gibt es Dutzende Beispiele des täglichen Lebens, die uns zeigen, wie viel
schöner ein Hundeleben mit Herrl und Frauerl gemeinsam ist.
    Schnauzbussi
von Kurt, Adventsgrüße von Herrl Max.« - Geschafft! Kurt weckte Max auf und
schleifte ihn, an Deneuve und Königsberger vorbei, aus dem Büro.
     
    Von Katrin
gab es keine Antwort. Auch Rodriguez hatte sich nicht gemeldet. Paula schrieb:
»Schön, dass es dich auch noch gibt. Heute Abend

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