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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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ich zum Beispiel antworten, wenn mich die Polizei fragte, ob Philip ein folgsamer Knabe sei? Heiliges Kanonenröhrchen... Ich sah auf die Uhr: Fünf Minuten vor sieben. In einer guten Stunde würde die APHRODITE ablegen. Und wie es aussah, ohne den Meisterdetektiv Balduin Pfiff und seinen Erzfeind Philip Matolla, genannt Jojo.
    Ich lief schon wieder. Fast so schnell wie die dicken, klebrigen Schweißtropfen... Die Bank!
    Kein Jojo stand da und winkte mir entgegen. Nicht nur das nicht: Jetzt waren auch noch die Koffer und Taschen verschwunden. Natürlich auch der ältere Herr, der den Schatz bewachen sollte.
    Hafenpolizei! Hoffentlich gab’s hier so was... Ich starrte die leere Bank an. Mein Herz hämmerte wie wild, und ich war sicher, daß mich Muskelkater bis in die Augen heimsuchen würde.
    Mühsam schleppte ich mich auf einen freundlich dreinschauenden Südländer mit schwarzglänzenden Schmachtlocken zu.
    „Prego, dov’e Polizia?“ radebrechte ich italienisch und legte Gewichtigkeit und Ernst in meine Frage nach der Polizei.
    Doch vergebens. Der Südländer verstand kein Italienisch. Außer einem bedauernden Schulterzucken wußte er keine Antwort.
    „Onkel Baldi!“
    Es klang dünn, weit entfernt und so, als käme es von oben. „Onkel Baldi!“ Ich drehte mich wie ein Kreisel. Natürlich antwortete ich nicht mit „Ja!“ oder „Hier!“, denn mit Sicherheit handelte es sich um eine akustische Halluzination...
    Als ich mir jetzt den Schweiß vom Gesicht wischte, entdeckte ich die Dame vom Rhein, die einem Koffer schleppenden Männchen den Weg durch das Gewühl bahnte.
    Irgendwo im Hintergrund erklang Lachen. Menschen mit und ohne Gepäck schlenderten plaudernd vorbei, meist mit fröhlichen Mienen. Und ich? Statt mit flinken Schritten zur Polizei zu sausen, stand ich da wie ein vergessener Regenschirm und ärgerte mich über meine Unentschlossenheit.
    „Onkel Baldi... Wo warst du denn?“
    Nein, das war keine akustische Halluzination, das war der leibliche Jojo, der an meiner linken Seite aufgetaucht war und an meinem Arm zerrte und schüttelte.
    „Ich habe schon gedacht, dir wär’ was passiert
    „O nein“, seine Stimme klang weder ängstlich noch schuldbewußt, sie klang, beim spinnebeinigen Bonifatius, aggressiv und vorwurfsvoll.
    Leise holte ich mit (erleichterter!) Stimme und Miene zu einem fürchterlichen Donnerwetter aus: „Du Zwerg, du kleingeratene Gartengurke, du Illusionistensohn, wie kannst du es wagen, mich zu fragen, wo ich gesteckt habe? Ich, der auf der Suche nach dir Pflasterspringer mindestens fünf Pfund Lebendgewicht und den Appetit verloren habe!“
    Ich packte ihn vorn an seinem Hemd und zog ihn ganz dicht an mich heran. Zu bösem Augenrollen flüsterte ich: „Du kleiner, mißratener Menschenschreck, hast du noch nicht bemerkt, daß man unser Gepäck gestohlen hat? Daß sich mein ,Köfferchen für kleine Reisen’ in den Händen skrupelloser Kofferdiebe befindet? Oh, bei Nepomuk, dem Kinderzwicker, was hast du dir dabei gedacht, Bank, Gepäck und deinen Onkel Baldi im Stich zu lassen???“

    Ei der Daus, an dieser Stelle mußte ich erst einmal Luft holen, und Jojo, der mich mehr trotzig als zerknirscht anblickte, nahm die Gelegenheit meiner Atempause flugs wahr:
    „Das Gepäck ist schon in unserer Kabine. Ich habe es ganz allein hineingeschleppt. Ich hab’ doch vorhin von oben runtergebrüllt, aber du hast dich nur im Kreis herumgedreht und den Kopf gestreckt.“
    Ich wollte ihm gleichzeitig tausend Dinge in sein verschmitztes Gesicht schmettern, doch alles, was ich im Augenblick herausbrachte, war: „Du hast doch gar keine Schiffskarten!“
    „Aber ich habe ein ehrliches Gesicht, und da hat mich der Mann am Fallreep eben vorbeigelassen!“
    „Und wo warst du, als ich vom Telefonieren zurückkam?“
    „Na, ich mußte doch den Dieb verfolgen! Hat dir das der alte Mann denn nicht gesagt?“
    „Er hat mir nur berichtet, daß du es eilig gehabt hättest und es aussah, als ob du jemanden verfolgtest.“
    „Siehste!“ sagte Philip und nickte zufrieden.
    „Von einem Dieb war nicht die Rede!“ knurrte ich ihn an. „Was hat er denn gestohlen?“
    „Mein Augenzeugenbuch!“ In Jojos Augen blitzte es zornig auf, während es mir nun doch die Sprache verschlug.
    Ich musterte ihn nachdrücklich und mißtrauisch. „Du willst mir doch nicht erzählen, daß jemand ein leeres Buch stiehlt? Und wie konnte er es stehlen, wenn du es in den Händen hieltst?“
    „Also, das war so.

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