Glatze mit Sommersprossen
nickte und begann an seinem Bett herumzufummeln. Und ich, der Meisterdetektiv, stand da und kämpfte gegen böse Ahnungen an.
„Sie begegnete mir ganz zufällig“, sagte er und boxte ein Tal in sein Kopfkissen.
„Du hast ihr sozusagen im Vorbeigehen die Ketchupflasche geschenkt?“
Wieder Nicken.
„Aber den Verschluß der Flasche hast du als Andenken behalten?“
Schweigen.
„Mit anderen Worten: Du hast einer zufällig deinen Weg kreuzenden, ahnungslosen, armen Frau eine offene, fast volle Ketchupflasche in die Handtasche gezaubert!“
Jojo wandte sich jetzt um. Erstaunen und Verblüffung im Gesicht quietschte er vergnügt: „Du kannst ja wirklich hellsehen, Onkel Baldi.“
Ich packte ihn so schnell am Arm. daß er erschrocken den Kopf einzog. „Wir — du und ich — werden jetzt so lange über das Schiff wandern, bis wir der Ketchup-Lady begegnen und du dich bei ihr entschuldigen kannst.“
„Aber ich würde sie ja gar nicht wiedererkennen!“ protestierte Jojo. „Na gut, dann gehen wir jetzt zum Kapitän und bitten ihn, die Dame mit der vollgekleckerten Tasche über den Bordlautsprecher suchen zu lassen! Und so was wie dich wollte ich adoptieren!“
Noch bevor ich diesen Gedanken zu Ende denken konnte, war es geschehen: Mit einem mächtigen Ruck hatte sich Jojo losgerissen und war zur Tür gestürzt.
Bevor ich das linke Bein vor das rechte setzen konnte, knallte bereits die Kabinentür ins Schloß. Natürlich bin ich hinter ihm her, aber ebenso natürlich war er bereits verschwunden, als ich meine Nase in den Gang steckte.
Statt Jojo zu sehen, sah ich in das entrüstete und schmerzerfüllte Gesicht eines hageren Mannes, der sich den Bauch hielt. „Gehört Ihnen das verrückte Kind?“ schnauzte er mich an.
„Das war kein Kind, das war mein kleingebliebener Großvater!“ schnauzte ich zurück.
Fast eine Stunde suchte ich vergeblich nach meinem Schützling. Woher sollte ich schließlich wissen, daß er sich in eine Nische zwischen zwei Stapeln Liegestühlen auf dem Oberdeck verkrochen hatte.
Und wie erging es ihm dort? Zwei Stunden hielt er es aus Eine Menge Passagiere flanierten an ihm vorbei, ohne ihn zu sehen.
„Schade, daß ich mein Blasrohr im Koffer gelassen habe!“ dachte Jojo, als es ihm langweilig wurde. Doch dann stutzte er. Direkt vor ihm war ein grauhaariger Mann aufgetaucht, hatte einen Liegestuhl ergriffen, sich hineingesetzt und mit den deutschen Worten „So’n Mist!“ sein Gesicht hinter einer Zeitung versteckt. Zehn Sekunden später wußte Jojo, vor wem sich der Grauhaarige verbarg. Langsam schlenderten Frau Schaller und Bruder Lothar vorbei.
Jojo war darüber so erschrocken, daß er, durch eine hastige Bewegung ausgelöst, mit einem der zusammengeklappten Liegestühle ins Rutschen kam. Als er wieder aufblickte, sah er mitten in das Gesicht des grauhaarigen Mannes, der über den Stapel hinweg auf ihn blickte. Und zum zweitenmal an diesem frühen Nachmittag ergriff Jojo die Flucht. Schon nach wenigen Schritten wußte er, daß ihm der Grauhaarige folgte...
Auf gefährlichen Spuren
Jojo sauste einen Niedergang hinunter und noch einen, und noch einen und gelangte in einen Bereich, der bereits unter der Wasseroberfläche lag, und in dem es laut und lauter wurde und nach Öl und Schmiere zu riechen begann.
Schnaufend verbarg er sich hinter einem eisernen Wandschrank am Ende eines langen Ganges. Nach fünf Minuten glaubte er sicher zu sein, daß der Grauhaarige seine Spur verloren hatte. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür schräg gegenüber. Jojo durchfuhr es siedendheiß, als er plötzlich einem Schiffsoffizier gegenüberstand, der sein Erstaunen mit einer tiefen Falte zwischen den Augen und einem Wortschwall in spanisch kundtat.
Jojo verstand kein Wort. Dafür tat er gleichermaßen treuherzig wie ängstlich. “Ich habe mich verlaufen...“
„Ah, verlaufen, du!“ wiederholte der Offizier. Dann lächelte er, strich dem „armen Jungen“ über die Haare, faßte ihn an der Hand und zog ihn mit sich in Richtung Aufgang.
Fünf Minuten später ging Jojo bereits wieder über läuferausgelegten Boden. Er sagte „Danke!“, machte einen Diener und mischte sich unter die anderen Passagiere, die irgendeiner bestimmten Stelle zusteuerten. Wie sich herausstellte, handelte es sich um das Bordkino.
Ein paar heiße Atemzüge lang überlegte Jojo, ob er ins Kino gehen sollte, oder... na ja, schließlich siegte die Vernunft, und der Gedanke an den armen Onkel Baldi
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