Glatze mit Sommersprossen
sofort auf Tauchstation zwischen Ober- und Unterbett.
Am folgenden Vormittag, ich freundete mich gerade mit der fünften Semmel an, klingelte es an der Tür. Zweimal kurz, einmal lang. Das war sozusagen die Erkennungsmelodie des Briefträgers. Wer hat schon Lust, früh um 10 Uhr jedem x-beliebigen zu öffnen.
„Hallo, großer Spurenleser, ich habe einen eingeschriebenen Brief für Sie!“ freute er sich, der Briefträger Olaf Wittchen, dessen Hobby exotische Vögel waren.
Wir kannten uns schon über zwölf Jahre. Und einmal hatte er mich eingeladen, seinen gefiederten Zoo zu besichtigen. Mit zackigem Links-zwo-drei-vier bin ich hinmarschiert, und mit großen Augen stand ich dann vor einer Voliere, die die ganze Wandseite des Briefträger-Wohnzimmers einnahm. Beim spinnebeinigen Bonifatius, ich habe gestaunt wie ein Eskimo, der zum erstenmal in seinem Leben ein Klavier in der Sauna schwitzen sah.
Aber — ich staunte nicht nur, ich ärgerte mich auch! Über die Vögel, versteht sich. Die schienen nämlich was gegen mich zu haben. Sie kreischten und flatterten so unfreundlich und wild hin und her, daß mir Staub und Federn um die Ohren flogen und mein neuer Anzug aussah, als hätte ich mir einen Gang durch mehrere Federbetten gegraben.
„Was machen die Piepmätze?“ fragte ich Olaf Wittchen, während ich die Quittung unterschrieb.
„Alles bestens. Besuchen Sie mich doch mal wieder. Ich habe eine ganze Menge neuer Exoten bekommen.“
Ich versprach’s (Not- und Höflichkeitslüge!) und kehrte zu meiner fünften Semmel zurück, deren zweiter Teil mir dann beinah im Hals steckengeblieben wäre.
Wie üblich, hatte ich zuerst nach dem Absender geguckt, und da der auf dem Umschlag fehlte, diesen geöffnet.
Und was stand da als Unterschrift, heiliges Kanonenröhrchen?
Da stand: „Morelli — General der Zwerge“.
Bei so einer Unterschrift vergaß ich natürlich sofort den Rest der sechsten Semmel und las das „Generalspapier“.
„Hochgeschätzter Herr Pfiff!
Durch Zufall erfuhr ich von Ihnen, und es kam mir gerade recht, da ich dringend eines tüchtigen Detektivs bedarf.
Ich, der General der Zwerge, habe Sorgen. Große Sorgen, Herr Detektiv. Ein Schurke, der ein Sohn ist, hat dafür gesorgt, daß man uns mit Mißtrauen begegnet; uns für Diebe hält. Ich habe versucht, Sie telefonisch zu erreichen, aber leider konnte ich Sie nicht antreffen. Da ich befürchte, daß man mich verfolgt, möchte ich keinen persönlichen Besuch bei Ihnen riskieren.
Bitte, treffen Sie mich am Montag nachmittag um 14 Uhr auf dem Hauptpostamt. Tun Sie so, als wollten Sie telefonieren gehen.
Ich werde Sie ansprechen und sagen, wie es weitergeht. Da ich noch nicht das Vergnügen hatte, Sie persönlich kennenzulernen, möchte ich Sie bitten, als Erkennungszeichen eine Kaffeekanne in der Hand zu tragen. Das mag Ihnen zwar ein wenig ungewöhnlich erscheinein, doch gibt es mir die Gewähr, keinen falschen Mann anzusprechen. Damit Sie sicher sind, nicht das Opfer eines Scherzes zu sein, lege ich Ihnen einen Fünfhundertmarkschein bei. Also, dann bis Montag nachmittag 14 Uhr auf dem Hauptpostamt! Und bitte, vergessen Sie die Kaffeekanne nicht!“
Unterschrieben war dieser äußerst merkwürdige Brief, ich erwähnte es schon, mit „Morelli — General der Zwerge Und, bei Moritz, dem ewig Jammernden, das mit dem Fünfhundertmarkschein stimmte tatsächlich. Er war da!
Neu und faltenlos lag er vor mir, sah mich an und flüsterte: „Gib mich doch aus! Gib mich doch aus!“
Aber dieser wunderschöne Schein hatte ja keine Ahnung, was man von mir verlangte.
Ich, der Meisterdetektiv Balduin Pfiff, sollte am hellichten Tag mit einer Kaffeekanne durch das Hauptpostamt marschieren. Warum, ei der Daus, hatte er nicht gleich geschrieben: „Kommen Sie mit einem schnupfenkranken Pferd, oder führen Sie eine gestreifte Gans an der Leine.“ Warum mußte es unbedingt eine Kaffeekanne sein?
Ach, wie es mich anlachte, das Fräulein Fünfhundert. Natürlich würde ich pünktlich auf der Post erscheinen. Natürlich mit Kaffeekanne.
Aber eines, mein lieber Freund und General der Zwerge, eines sei schon jetzt gesagt: Es wird eine Kaffeekanne aus Blech sein!
Links-zwo-drei-vier…
Links-zwo-drei-vier...
„Pinsel!“ habe ich zu Pinsel gesagt, du kannst nicht mitgehen, und du solltest mir dankbar sein, daß ich dich zu Hause lasse. Hier in deiner gemütlichen Ofenecke, zusammen mit acht lieblichen Kalbsknorpeln. Es erspart dir, daß dich deine
Weitere Kostenlose Bücher