Glaub an das Glueck, Annabelle
freundlich. Etwas schwermütig vielleicht, irgendwie traurig.
Wie komme ich denn darauf? fragte Stefano sich verwirrt.
Am Fuß der breiten Treppe blieb Annabelle stehen und wandte sich ihm zu. Auf ihren blassen Wangen brannten zwei rote Flecken. „Von hier aus weiß ich nicht weiter. Sie müssen wohl wieder die Führung übernehmen.“
„Ja“, sagte er mit einem leichten Lächeln.
Die Führung übernehmen … darin war er wirklich gut.
Während er vorausging, dachte er an die Zeit, in der er Santo Castillo gekauft und renoviert hatte. Da ihm die traditionelle Architektur und die soliden alten Möbel gefielen, veränderte er nur sehr wenig am ursprünglichen Charakter des Hauses, außer, dass es neue Fenster und Elektroleitungen bekam – und natürlich einen Internetzugang sowie die modernsten Haushaltsgeräte. Ansonsten blieb alles beim Alten.
Für ihn war es nicht einfach nur ein Haus, sondern ein Heim. Ein Symbol für das, was wirklich im Leben zählte.
Sein Vater war einfacher Stallknecht gewesen, und heute gehörten seinem Sohn die Stallungen. Seine Mutter hatte hier als Hausmädchen gearbeitet, und er war der Besitzer des gesamten Anwesens geworden. Beide waren sehr stolz auf seinen Erfolg gewesen. Leider war es seiner Mutter nur kurz vergönnt gewesen, hier zu leben, aber das eine Jahr hatte sie glücklich gemacht. Hätte er doch nur schon früher von ihrer Krankheit gewusst …
Abrupt blieb er vor einer Tür stehen und stieß sie auf. „Ihr Zimmer, Miss Wolfe“, erklärte er brüsk.
Irritiert von seinem plötzlichen Stimmungswechsel runzelte sie die Stirn, doch seine dunkle, undurchdringliche Miene gab nichts preis.
„Danke.“ Beim Eintritt achtete sie darauf, jede Tuchfühlung mit ihm zu vermeiden.
Es war das schönste Gästezimmer der Hazienda und der größte Raum außer seinem eigenen. Das breite Holzbett mit den gedrechselten Pfosten zierte eine fröhlich bunte Tagesdecke. Auf dem gefliesten Boden davor lag ein farblich passender, handgewebter Teppich. In einer Ecke des sonnendurchfluteten Zimmers stand ein antiker Schreibtisch, über dem altmodische Stiche von Blumen hingen. Und vor einem Kamin lud ein überdimensionales Sofa zum Entspannen und Träumen ein.
Stefano stellte das Gepäck ab. „Und wird es gehen?“
„Es ist wunderschön.“ Aufmerksam schaute Annabelle sich um. „Da drüben neben dem Kamin ist sogar ausreichend Platz für meine Fotosachen.“
„Bien.“ Stefano beobachtete ihre lebhafte Mimik und wartete auf den Moment, in dem ihr die fantastische Aussicht auffiel. Er wurde nicht enttäuscht.
Annabelle sah zu den hohen Glastüren. Ihre Augen weiteten sich, und die weichen Lippen formten ein erstauntes Oh . Mit wenigen schnellen Schritten durchquerte sie den Raum, öffnete beide Türflügel und stieß sie weit auf. Lächelnd folgte Stefano ihr auf den breiten Balkon. Wie sie schaute er hinunter zu den Pferden, die vor der Hügelkette auf den sonnenbeschienenen Weiden grasten. Und wie immer hob sich sein Herz, und sein Hals wurde ganz eng vor Liebe und Stolz auf sein wundervolles Anwesen.
„Es ist einfach überwältigend“, flüsterte Annabelle und stützte beide Hände auf die Brüstung. „Ich glaube, ich habe nie etwas Schöneres gesehen.“
Ganz tief atmete Stefano durch und registrierte erst jetzt, wie sehr ihn ihre Kritik von vorhin getroffen hatte. Obwohl er natürlich wusste, dass sie nicht ernst gemeint gewesen sein konnte. Denn welcher Mensch aus Fleisch und Blut würde dem besonderen Charme und der Schönheit seiner Hazienda schon widerstehen können?
Entspannt lehnte er sich neben Annabelle gegen die Balkonbrüstung. „Jeden Morgen, wenn ich die Augen öffne, wähne ich mich im Himmel. Irgendwie kann ich es immer noch nicht ganz fassen, dass Santo Castillo wirklich mir gehört.“
„Kein Wunder, so selten, wie Sie sich hier aufhalten“, spöttelte Annabelle. „Ihre Frauen sind bestimmt ganz hingerissen von diesem Kleinod.“
„Frauen?“
„Die unendliche Schar Ihrer Geliebten“, präzisierte sie spitz.
„Ich bringe grundsätzlich keine Frauen hierher. Wenn ich mir, wie Sie es ausdrücken, eine Geliebte nehme, miete ich zu dem Zweck ein Hotelzimmer in der nächsten Ortschaft.“ Anstatt sie anzuschauen, richtete Stefano den Blick zum strahlend blauen Himmel empor. „Ich mag keine Fremden auf Santo Castillo.“
„Außer am nächsten Wochenende.“
Irritiert hob er die Brauen.
„Ihr Polomatch“, erinnerte sie ihn. „Der Galaabend.
Weitere Kostenlose Bücher