Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar
in Köln. Aber die Kollegen sin’ ja aus Düsseldorf zujereist.«
»Aus dem Sauerland«, sagte Jan.
»Mettmann-Neandertal«, sagte Judith.
»Is ja jut, isch han nix jäje Migranten.«
»Weißt du, wo er wohnt?«, fragte Jan.
»Der hat zwei Wohnsitze, Sommer- und Winterresidenz. Im Sommer unter der Hohenzollernbrücke, im Winter in der Annostraße im Obdachlosenheim.«
»Und im Frühjahr?«, fragte Jan.
»Jute Frage«, Jupp drehte an seinem Schnurrbart und schien nachzudenken, »da würde ich Interpol einschalten.«
Die Kollegen schmunzelten. Jan fand es nicht witzig.
3
Tayfun hatte sein Wort gehalten. Josif inspizierte das Taxi gründlich. Es sah aus wie vorher. Er holte Ahmet zu Hause ab.
»Komm mal mit, ich zeig dir was.«
Schweigend gingen sie die Straße entlang. Als Ahmet das Auto sah, verschlug es ihm die Sprache. Er schaute zum Wagen, dann zu Josif. Ungläubig umrundete er sein Taxi.
»Das ist ja meins … wie hast du das …?«
»Weißt du, Ahmet, der KGB und die Nazis hatten schon immer gute Beziehungen zueinander. Hitler-Stalin-Pakt, hast du schon davon gehört?«
Ahmet schüttelte den Kopf. »Wie kann ich dir danken?«
»Reden wir später drüber. Hauptsache, du kannst wieder arbeiten.«
Kaum hatte Josif das Büro betreten, wurde er von der nackten Silvia überrascht, die ihn überschwänglich umarmte und sogar auf die Wange küsste:
»Ich habe die Entscheidung meines Lebens getroffen!«
»Ist Doktor Buchs schon wieder in Urlaub?«
»Nein, aber ich habe die Therapie abgebrochen und wandere aus.«
»Wohin?«
»Nach Brasilien natürlich! Zu den Yanomami-Indianern. Die Sprache kann ich ja.«
»Die passende Bekleidung hast du auch schon.«
»Eben. Dort kann ich sein, wie ich bin. Und nicht nur das. Sie leben im Urmatriarchat. Keine staatlich organisierte Unterdrückung der Frau! Keine Diktatur des Konsums.«
»Hört sich paradiesisch an. Haben sie da unten keine Feinde, Spinnen, Schlangen, Malariamücken …?«
»Doch, die Zivilisation, also die Urwaldrodung, und die Waimiri-Atroari-Indianer. Ein kriegerisches Volk, das durch Überfälle das friedliche Zusammenleben der Yanomami bedroht. Aber da werden wir uns schon zu wehren wissen!«
»Wenn du Hilfe brauchst … Meine Nummer hast du ja.«
»Ich werde dich vermissen.«
»Ich dich auch. Wann geht es denn los?«
»Wenn ich genug gespart habe. Ich brauche 3000 Euro. 800 habe ich schon.«
»Gut. Ich erhöhe den Stundenlohn um 50 Cent. Allerdings werde ich die Zeit, in der du nackt bist, abziehen. Und du gehst bis zur Abreise wieder zu Doktor Buchs. Einverstanden?«
Silvias Begeisterung kippte innerhalb weniger Sekunden um.
»Josif, das ist schon wieder Erpressung!«
»Ja, KGB-Methoden. Die werde ich einfach nicht los.«
4
Bis auf Volker Schellsicks hatte Jan alle überprüft, die am Ostersamstag einen »Colonia Auto Star«-Wagen gemietet hatten. Alle waren zur Tatzeit nachweislich außerhalb Kölns unterwegs gewesen, auch die Fingerabdrücke stimmten nicht mit denen vom Benzinkanister überein. Volker Schellsicks war telefonisch nicht erreichbar, auf die schriftliche Einladung hatte er nicht reagiert. Jan fuhr zu ihm nach Hause.
Schellsicks wohnte in Köln-Porz in einer Hochhaussiedlung in einem zwölfstöckigen Gebäude. Unten auf der Klingel war sein Namensschild angebracht. Zehnte Etage. Ohne zu klingeln ging Jan ins Haus. Einer der Aufzüge war außer Betrieb. Der andere fuhr sehr langsam, war mit einem guten Dutzend Menschen, ausschließlich Ausländern, überfüllt und hielt auf jeder Etage. Die Luft war extrem stickig, Jan wurde übel. Er hatte nicht gefrühstückt, nur einen Milchkaffee getrunken, außerdem hatte er einen Kater. Seit er wegen der Knieverletzung nicht mehr trainieren konnte, trank er fast jeden Abend.
Alle Leute im Aufzug schienen zu stinken. Die Türken nach Knoblauch, die Russen nach Alkohol, Hering und Zwiebeln, die Araber nach billigstem Parfüm und ranzigem Haaröl, die Schwarzen nach säuerlich scharfem Schweiß. Sie alle hatten Mundgeruch. Warum atmeten sie bloß alle in seine Richtung? Im Aufzug hing ein Spiegel, besprüht mit Sprüchen wie »Fuck you« in allen möglichen Sprachen. Jan erspähte sich im Spiegel neben den Ausländern und erschrak: Entgegen seinem inneren Empfinden unterschied er sich optisch nicht von dieser übel riechenden Menschenmenge. Er sah aus wie einer von ihnen, wie ein Pakistani, Inder, Iraner.
Die neunte Etage, fast da. Doch ein junger Araber, der draußen stand
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