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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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Vorgängerin, über Zen-Buddhismus reden wollte. Susanne war exakt an dem Tag ausgezogen, als er ihr den ersten Plattenvertrag verschafft hatte. Damit war es um seine eigene Suche nach Erleuchtung geschehen gewesen, und heute wies er allen Gurus als Lügnern, Scharlatanen oder Narren die Tür. Stattdessen hatte er sich auf den Alkohol als bequemes, allzeit verlässliches Mittel kapriziert, der unvermeidbaren Tatsache den Schrecken zu nehmen, dass einem eines Tages, egal, wie cool und reich man war, Alter und Tod drohten. Scheiß auf die Wiedergeburt und die höheren Ebenen der Existenz: Nichts von diesem esoterischen Schrott konnte einen auf Erden halten, und das hier war das einzige Leben, auf das es ihm ankam, gemeinsam mit den Menschen und Dingen, die ihm wichtig waren.
    Das private Geschäftshandy klingelte. ›Surf’s Up‹ erklang, die alte Brian-Wilson-Nummer, die er Nick Bishop zugeordnet hatte, voller Sarkasmus darüber, dass Nick zwar ein paar Jahre in L. A. gelebt hatte, sein magerer, unterentwickelter Körper aber so wenig fit für ein Surfbrett war, wie man es sich nur vorstellen konnte. Nick Bishop gehörte nicht zu der Kategorie Anrufer, mit denen er automatisch redete (nicht dass Bishop ihn tatsächlich öfter anrufen würde). Aber heute war alles anders. Heute kam jeder, der January auch nur ansatzweise kannte, auf die Hotlist derer, mit denen er unbedingt sprechen musste.
    »Nick, gibt’s was Neues?«, fragte er gleich.
    »Nein. Ich hatte gehofft, Sie hätten vielleicht was gehört.«
    »Nichts. Die Polizei lässt absolut nichts verlauten. Alles, was ich höre, ist, dass sie sich melden wollen, wenn sie was in Erfahrung bringen. Selbst Bentham, der Chief Constable, der hier schon meine besten Weine und Schnäpse probiert hat, schert da nicht aus der verfluchten Reihe. Seit Stunden habe ich nichts mehr gehört, Nick.«
    »Was ist mit Perry?«, fragte Bishop.
    »Soweit ich weiß, wollen sie ihn jeden Moment operieren. Ich habe ihnen gesagt, Geld zählt nicht, holt euch die Topleute und so. Aber sie meinen, der Typ, der ihn operieren wird, ist gut, und dass es sowieso seine Mannschaft wäre.«
    »Ich hab mir überlegt, dass vielleicht einer von der Band hinfahren sollte. Offenbar reist gerade seine Mutter aus Kent an.«
    Shepherd schluckte einen Mundvoll Kaffee und stellte den Lautsprecher ein, damit er das Handy nicht mehr ans Ohr halten musste.
    »Ja, das wäre schon gut, wenn sie nicht allein im Krankenhaus sitzen müsste. Birgit holt sie vom Bahnhof ab und fährt sie gleich hin. Ich selbst hab da ein komisches Gefühl, ich kann hier einfach nicht weg, solange ich denke, dass January womöglich plötzlich auftaucht.«
    »Wir sollten auf jeden Fall in Verbindung bleiben«, sagte Nick Bishop, »und alle Informationen austauschen.«
    »Sicher. Aber klar. Das sollten wir«, sagte Shepherd.
    Das Gespräch versandete, und sie merkten es beide. Keiner von beiden mochte den anderen sonderlich, und Shepherd war sich bewusst, dass Bishop nicht viel von seiner Musik hielt und keinen großen Respekt für das Alte hatte. Aber jetzt plötzlich verband sie etwas und brachte sie vorübergehend auf dieselbe Seite.
    »Okay, reden wir später wieder«, sagte Bishop.
    »Okay. Später. Oh, und Nick?«
    »Ja?«
    »Danke, Kumpel. Danke für den Anruf.«
     
    Brady (der große Intellektuelle) saß im Sessel, sah sich ›Richard and Judy‹ an und wechselte nur hin und wieder von der Fernsehshow zum Bild der Webcam. Maria saß auf dem Sofa und lackierte Annabels Nägel in einem satten, dunklen Lila. Wie es aussah, war niemand drüben und hielt regulär Wache. Adrian hatte sein Bestes getan, den Vorfall zu ignorieren. Es war nicht wichtig, und wahrscheinlich war auch kein bleibender Schaden entstanden. Adrian hatte die Sache in seinem Zimmer auf dem Laptop mitverfolgt und sich wirklich alle Mühe gegeben, nicht zu explodieren. Aber jetzt kam er hereinmarschiert, nahm Brady die Fernbedienung aus der Hand, stellte den Ton stumm und sorgte dafür, dass er die volle Aufmerksamkeit bekam.
    »Ad«, Brady warf ihm einen erstaunten Blick zu, »was verdammt soll das? Worum geht’s?«
    »Annabel, um die geht es«, sagte Adrian und stellte sich mitten vor den Bildschirm. »Du solltest hier alles unter Kontrolle haben, Brady. Fang am besten mit dieser verrückten Alten an.«
    Er zeigte mit der Fernbedienung in Annabels Richtung. Maria hörte mit dem Lackieren auf, steckte den kleinen Pinsel vorsichtig in das Fläschchen und stellte

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