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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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beides auf den Beistelltisch neben dem Sofa. Alle drei starrten Adrian an.
    »Beruhige dich, Ad«, sagte Brady, der sich immer noch faul in seinem Sessel räkelte. Er hielt seine Stimme entspannt, als gäbe es keine plötzliche Krise, keine große Sache. »Annabel mag solche Späße. Das tun wir doch alle, sonst wären wir nicht hier, oder?«
    »Wir hatten Grenzen vereinbart, Brady. Das weißt du. Kein Sex, keine ernsten körperlichen Verletzungen.«
    »Genau, und daran haben wir uns auch gehalten, oder etwa nicht?«
    Adrian schaltete den Fernseher auf die Webcam um, ohne den Ton wieder anzustellen.
    »Ihr Rücken sieht nicht gut aus«, antwortete er. »Ganz und gar nicht gut.«
    »Entspann dich, Adrian. Maria und ich gehen später rüber und versorgen sie. Mit ein bisschen Antiseptikum, vielleicht einer Kompresse und etwas Wundcreme.«
    »Es ist nicht das erste Mal. Vergiss Coventry nicht. Das Mädchen hatte mehr als genug, aber Annabel musste noch eins draufsetzen. Deshalb und nur deshalb hat sie versucht zu entkommen und war am Ende tot, falls du das vergessen haben solltest.«
    Annabel nahm eine Zigarette aus der nächsten Schachtel und führte sie zum Mund.
    »Adrian«, sagte sie, nachdem Maria ihr Feuer gegeben hatte, »ist es nicht etwas spät für eine so bürgerliche Schuldattacke?«
    Adrian ging nicht auf sie ein, sondern hielt den Blick auf Brady gerichtet. Das war die Konfrontation, die er eigentlich immer hatte vermeiden wollen, und doch forderte er sie jetzt heraus und genoss das Ganze auch noch.
    »Von Anfang an geht das schon so. Du hast gesagt, kein Sex, und sie musste jede Einzelne von ihnen ausführlich betatschen.«
    »Ich würde ein schnelles Anfassen im Vorbeigehen nicht unbedingt Sex nennen, Adrian«, sagte Annabel und setzte ein Lächeln auf. »Obwohl, na ja, aus deiner Sicht . . .«
    »Schnauze, Annabel«, sagte Brady, und seine Stimme wurde fester. »Wo Adrian recht hat, hat er recht. Du hast die Kein-Sex-Regel gebrochen, dabei haben wir sie aus einem sehr guten Grund aufgestellt.«
    »Falls sie uns erwischen sollten«, konterte Annabel. »Aber wen stört es schon, was für eine Anklage sie gegen uns erheben, wenn wir gefasst werden? Weil wir nämlich nicht gefasst werden.«
    Brady stand auf. Einen Andersdenkenden scheint er noch im Sitzen händeln zu können, dachte Adrian, zwei aber ganz offensichtlich nicht. Er stand Brady gegenüber und sah ihn an, wobei er sich seiner körperlichen Überlegenheit voll bewusst war. Vielleicht war es tatsächlich das erste Mal, dass er ihn so abschätzte.
    »Hör zu, ich sage nur, es war völlig unnötig, das ist alles. Ich habe die ganze Geschichte auf dem Laptop verfolgt. Annabel hat die Kontrolle verloren. Wenn January Shepherd sich nur etwas mehr gewehrt hätte, weiß der Himmel, was dann passiert wäre.«
    »Das feige Miststück«, höhnte Annabel vom Sofa herüber, »keine Chance hatte die. Die küsst mir den Arsch, wenn ich es ihr sage. Aber das geht schon wieder gegen die berühmten Regeln.«
    »Ich sagte, halt’s Maul«, sagte Brady, ohne sich die Mühe zu machen, sie anzusehen. Er hielt den Blick auf Adrian gerichtet. »Ab sofort geht da keiner mehr ohne meine explizite Aufforderung rein oder raus. Das gilt besonders für Annabel. Reicht dir das, Ad?«
    Adrian sah von Brady zu Annabel und wieder zu Brady.
    »Absolut«, sagte er, »solange sich alle daran halten.«
    Er warf die Fernbedienung auf den leeren Sessel und verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.
    Adrian ging in die Küche, kochte sich einen Kaffee und nahm ihn mit nach oben in sein Zimmer. Er hatte das Gefühl, für den Augenblick genug Druck gemacht zu haben. Und dass er Druck gemacht hatte, daran bestand kein Zweifel. Er surfte eine Weile gelangweilt durchs Netz und sah nicht weiter nach dem Bild der Webcam. Er beschloss, einen Moment lang nichts von alledem an sich heranzulassen, er klinkte sich einfach kurz mal aus.
    Nicht das ganze Rohrsystem des Cottage war erneuert worden, wie sie nach ihrem Einzug festgestellt hatten. Während er vor dem Laptop saß und die ›New York Times‹ las, die Melbourner ›Age‹ und schließlich auch noch den Technologieteil des ›Guardian‹, konnte er die altersschwachen Rohre knacken hören. Da musste hinten am anderen Ende des Flurs einer ein Bad nehmen oder duschen, schloss er. Aber dann vertiefte er sich so sehr in seine Lektüre, dass er nicht merkte, wie es aufhörte. Er trank gerade den letzten Rest seines Kaffees, als es plötzlich

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