Gleich bist du tot
schmalen, glatt asphaltierten Zufahrtsstraße gleiten.
»Die anderen fünf Prozent, alter Junge«, korrigierte ihn Jacobson, »die Säcke ganz oben, denen bei der letzten Zählung drei Viertel von Ihrem Hintern gehört haben.«
Kerr reagierte nicht darauf. Er nahm an, dass ihn Jacobson mit der politischen Einstellung seines Vaters aufziehen wollte. Irgendwann würden hoffentlich alle die Nase davon voll haben und ihn endlich in Ruhe lassen.
John Shepherd erwartete sie auf den Stufen seines Hauses. Sie folgten ihm in die ganz in dunklem Holz gehaltene Bibliothek, deren Wände mit alten Büchern gefüllt waren, Büchern, die seit hundert Jahren keiner mehr lesen wollte. Jacobson sah, dass einige von ihnen, die wertvolleren wohl, hinter Glas verschlossen standen. Shepherds Atem roch nach teurem Alkohol und erzählte die gleiche Geschichte wie das volle Glas, das der Ex-König des Rock in der rechten Hand hielt. Er ließ Shepherd noch einmal die Ereignisse schildern, die ihm bereits via Bentham und Salter übermittelt worden waren: Shepherds Tochter und Shepherds Bodyguard wurden vermisst. Die beiden waren letzte Nacht um ein Uhr zuletzt gesehen worden, als sie in Shepherds Mercedes S 600 vom »Riverside Hotel« losgefahren waren.
»Haben Sie uns die Angaben zum Wagen im Einzelnen bereits durchgegeben?«, fragte Jacobson, als Shepherd mit seiner Schilderung fertig war.
Shepherd sagte, ja, er habe alles herausgesucht, und vor zehn Minuten habe jemand aus dem Präsidium angerufen und sich alle wichtigen Informationen aufgeschrieben.
Zwei junge Frauen kamen in den Raum. Die größere von ihnen trug ein Tablett mit zwei Kannen, einem Krug Milch, Zucker und zwei Tassen. Shepherd stellte die beiden als Birgit und Kelly vor. Kelly war eindeutig Shepherds Freundin, was unschwer zu erkennen war an der Art, wie Birgit ihr Angebot ablehnte, mit den Getränken zu helfen (Kaffee für Jacobson, Tee für Kerr), aber vor allem daran, wie sich diese Kelly von Shepherds freiem Arm umfangen ließ.
»Jetzt kommt alles in Ordnung, John«, sagte sie und sah zu ihm auf. »Jetzt ist die Polizei da.«
Shepherd nahm einen Schluck, statt etwas darauf zu antworten.
Um den langen Mahagonitisch mitten im Raum standen Queen-Anne-Stühle, aber niemand schien daran interessiert, sich zu setzen.
»Es ist noch sehr früh für eine genaue Einschätzung«, sagte Jacobson. »Das Ganze könnte reiner Zufall sein. Vielleicht befindet sich Ihre Tochter gerade jetzt auf dem Weg nach Hause und hat nur vergessen, das Handy einzuschalten.«
Shepherd wies auf den fehlenden Mercedes hin und den Verdacht der Polizei, was den dritten ausgebrannten Wagen betraf.
»Das hat für die Techniker in der Werkstatt im Moment absolute Priorität«, sagte Jacobson. »Wir hören sofort von ihnen, wenn sie ein Ergebnis haben.«
Der Gedanke, dass es der Werkstatt gelingen könnte, alle drei Autowracks, oder auch nur zwei von ihnen, ohne die zeitaufwendige Hilfe des FSS eindeutig zu identifizieren, erschien Jacobson äußerst unwahrscheinlich, er behielt seine Zweifel jedoch für sich.
»Aber bis dahin könnte meine Tochter . . .«
»Bis dahin haben wir noch andere Dinge zu tun, die ebenso wichtig sind«, unterbrach ihn Jacobson. »Wie man mir sagte, haben Sie beispielsweise nur mit einem der Musiker gesprochen, die im ›Riverside Hotel‹ abgestiegen sind?«
»Das ist richtig. Mit Nick Bishop, aber . . .«
»Dann müssen meine Leute auch mit den anderen reden, Mr Shepherd. Da mag einer etwas wissen, was dieser Bishop nicht weiß. Vielleicht kann er uns sogar sagen, wo Ihre Tochter ist.«
Shepherd sah in seinen Brandy, hob ihn aber nicht an die Lippen.
»Bitte, nennen Sie mich John«, sagte er und versuchte sein Starlächeln aufzusetzen. »Ich mache mir einfach Sorgen. Wer an meiner Stelle würde das nicht?«
»Ich habe selbst eine erwachsene Tochter, äh, John«, antwortete Jacobson, ohne ihm den eigenen Vornamen zu nennen. »Sie können darauf vertrauen, dass wir alles tun, was getan werden kann. Aber jetzt muss ich noch etwas über diesen Perry Harrison wissen. Wie lange arbeitet er schon für Sie?«
»Seit etwa acht Jahren. War mal ein SAS-Mann. Perry ist zu hundert Prozent solide und verlässlich. Das ist der andere Grund, der mich denken lässt . . .«
»Ich brauche mehr Details über ihn. Geburtsdatum, den vollen Namen, seine Handynummer . . . die von Ihrer Tochter brauche ich übrigens auch.«
»Die Handynummern?«
Wenn tatsächlich passiert war, was
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