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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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unterwürfig und hatte wahrscheinlich gedacht, ein geschenkter Gaul wie Julia würde ihr gebühren, hätte sie doch zweifellos mehr Spaß an Doves Gefängniswärterszenarien gefunden (von denen einige, wie Annabel mittlerweile annahm, reale Hintergründe hatten). Annabels Geschmack bei Frauen, und auch bei Männern, ging exakt in die andere Richtung. Der Einzige, dem sie wirklich gehorchte, war Brady. Übergott und Meister Brady. Wenigstens glaubte er das.
    Sie löschte die Daten noch ein zweites Mal mit dem Sicherheitslöschprogramm und sorgte wie immer dafür, dass nichts mehr auf dem Computer war, was nicht darauf sein sollte. Adrian würde hinterher sowieso noch mal nachsehen, und es gefiel ihr, ihn mit ihrer Gründlichkeit zu beeindrucken. Halte deinen Hausfreak bei Laune, auch wenn Sir Brady dich nicht mit ihm vögeln lässt. Sie nahm einen weiteren tiefen Zug. Es hätte ihr Spaß gemacht, Dove zu antworten und zu sehen, wie weit sie die Gute zu bringen vermochte. Aber ihre strikte Regel, »Kein Kontakt mehr, sobald alle nötigen Daten gewonnen sind«, duldete keine Ausnahme. Nicht jeder Idiot war so verzweifelt wie Julia, obwohl es den meisten zu peinlich war, zuzugeben, dass man sie hereingelegt hatte, weshalb sie letztlich den Mund hielten. Wobei das nicht immer so war. Es gab einige, die gleich zur Polizei liefen und sogar versuchten, einen ausfindig zu machen und einem Fallen zu stellen. So wurden die Leute am Ende erwischt. Weil sie zu faul und zu gierig waren und aus demselben alten Acker immer noch mehr herausholen wollten, obwohl es da draußen doch Felder über Felder gab, die nur auf einen warteten, reich, fruchtbar und unbestellt.
    Sie sah durch den Rest ihrer neuen Mails in dem Account. Nichts davon sah vielversprechend aus. Nach Hunderten von Stunden, die sie bereits darauf verwandt hatte, verfügte Annabel über die fast schon instinktive Fähigkeit, die Zeitverschwender von den wahren potenziellen Kandidaten zu unterscheiden. Man spielte mit irgendeinem gelangweilten Bürohengst im Chatroom, gab ihm eine E-Mail-Adresse und hörte nie wieder was von ihm. Oder wenn doch, dann, weil er immer noch mit seinen Rollenspielen weitermachen wollte und einen für seine primitive Selbstbefriedigungsfantasie brauchte. Aber sobald man solche Typen etwas über ihr wirkliches Leben fragte oder ihnen irgendwelche Schwachsinnsgeschichten erzählte, um ihnen die gewünschten Daten aus den Rippen zu leiern, lösten sie sich in nichts auf: Ende und aus, zerstoben im völligen, ewigen Schweigen des elektronischen Alls. Aber das Tolle am Cyberspace war seine endlose Größe. Man musste nur dranbleiben, Stunde um Stunde. Dann irgendwann, und nicht zu selten, kam der Erfolg. Die Einsamen und Leichtgläubigen. Die Verzweifelten, die bereit waren, allen gesunden Menschenverstand fahren zu lassen und zu glauben. Magha, das hieß »Narr« und war ein Wort, das sie von den hochorganisierten nigerianischen Betrügerbanden übernommen hatten, den Weltbesten darin, Idioten auf elektronischem Weg ihr Geld und ihre Identität zu stehlen. Ein Magha am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, lautete Bradys kleiner, aber wahrer Wahlspruch.
    Sie versuchte es mit einem anderen Account und fand gleich, wonach sie suchte.
     
    Sabrina,natürlich glaube ich Dir, Liebste, und ich hasse es, argwöhnisch zu klingen. Ja, ich werde als Bürge für Dich auftreten und ganz sicher den Brief an die russischen Behörden schicken, den Du brauchst. Aber ich verstehe nicht ganz, warum Du auch noch meine Führerscheinnummer willst, nachdem ich Dir doch schon meine Adresse gegeben habe. Bitte erkläre es mir noch einmal, damit ich es verstehe. Natürlich will ich Dir helfen und freue mich bereits jede Minute jedes einzelnen Tages darauf, dass Du ausreisen kannst und ich endlich meine schöne Prinzessin in den Armen halte.
    Dein williger Diener
    Roy F. XXXXX 
    Sie öffnete Adrians Datenbank und sah durch Roy F.s Daten. Sein Name und seine Adresse waren überprüft, genau wie seine Angabe, er habe ein eigenes kleines Baugeschäft. Adrian hatte die Bemerkung hinzugefügt, dass sie ihn wahrscheinlich schon so benutzen konnten, auch wenn er sich sträubte, noch mehr herauszurücken. Annabel klickte auf Antworten. Nicht nötig, Ad, dachte sie. Roy ist absolut reif. Der gibt uns alles, was wir von ihm brauchen. Der Kerl ist ein Trottel, der kaum weiß, wie sein Name geschrieben wird. Er hat keine Ahnung, dass er sich auch an eine richtige Agentur wenden

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