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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
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Ich habe eine vage Vorstellung, wo ungefähr es sein müsste. Wir könnten hinfahren und nachschauen, ob wir noch irgendwas finden. Ist vielleicht interessant.«
    Die Sonne stand hoch, und unsere Haut rötete sich bereits. Wir verließen den Strand und fuhren zu dem Ort, an dem James zufolge das Reservat gewesen sein musste. Nicht weit von der Straße entfernt entdeckten wir einen überwucherten Haufen hellorangefarbener Ziegel. Wir gingen um ihn herum und zeichneten mit unseren Schritten die Umrisse eines großen, ungefähr sechs Meter langen Vierecks nach. Nicht weit dahinter in Richtung Busch gab es noch ein paar kleinere Vierecke, die halb im Boden versunken und kaum noch zu sehen waren. Drahtiges Gestrüpp überzog die bröckelnden Oberflächen. Über unseren Köpfen schloss sich ein Gewölbe aus hohen Bäumen. Das Sonnenlicht fiel in unregelmäßigen Flecken hindurch. Es gab noch mehr Haufen aus zertrümmerten Ziegeln. Fettfleischiges Unkraut mit leuchtend rosa Blüten, Schweinegesicht genannt, wucherte über den Boden und die bröckelnden Haufen. Es hielt die alten Ziegel fest zusammen. Noch eine andere Pflanze wuchs dort. Ihre hellgrünen, krausköpfigen Spitzen ragten aus dem Boden, manche in dichten Kissen, andere allein stehend. Neugierig zog ich an einer. Sie ging leicht heraus. Am anderen Ende hing eine dürre, vertrocknete Wurzelknolle. Ich zeigte sie James. Er schnitt sie auf. Sie war faserig und verholzt, roch aber immer noch scharf nach Rübe.
    » Na, so was«, sagte James, » die müssen hier eine Art Gemüsegarten gehabt haben, und diese verdammten Dinger haben irgendwie überlebt. Sind einfach hundert Jahre lang immer wiedergekommen.«
    Mehr fanden wir nicht – diese wilden Rüben und kaputte Ziegelsteine in Reihen und Haufen. Es war ein stiller Ort, dunstig und düster. Modriger Todesgeruch hing dick wie Nebel in der Luft. Ich hatte Dramatischeres erwartet: von der Sonne aufgeheizte, efeuüberwucherte graue Steine, die vor tragischen Geschichten strotzten, die Gedenkstätte für eine tote Rasse inklusive Souvenirladen. Doch es gab nichts außer einem Hauch von Trauer und Langeweile.
    Wir brachen auf, um uns für das nächste Mittagessen einen anderen Strand auszusuchen. Dort sammelten wir ein paar interessante Muscheln, warfen sie am Auto aber wieder weg. Wir kamen überpünktlich bei der Fähre an und stellten uns in die immer länger werdende Schlange ungeduldig auf die Rückfahrt wartender Tagesausflügler. Am Straßenrand stapelten sich die Bierdosen.
    Wir waren uns einig, dass wir einen schönen Tag gehabt hatten.
    *
    Am Montagmorgen rief ich in der Schule an. Derselbe Mann nahm ab. Gloria und der Junge fehlten wieder. Die Schule hatte noch nichts gehört. Ob ich etwas wisse, fragte er, weil ich dauernd anriefe. Ich sagte Nein und hängte ein.
    Am nächsten Tag rief ich wieder an. Nein, sie seien immer noch nicht da, aber eine der Lehrerinnen, die mit Gloria befreundet sei, wolle nach der Schule vorbeifahren und nach dem Rechten sehen.
    Ich brachte Angelica zu ihrer Großmutter. Die Erkältung war schon besser geworden. Schwiegermutter war so froh, dass James und ich unser Picknick genossen hatten. Er habe doch gleich viel besser ausgesehen.
    *
    Ich nahm den Bus in die Stadt und lieh mir in der blitzblanken neuen Landesbibliothek das einzige Buch, das es über die tasmanischen Aborigines gab.
    Auf der Heimfahrt im Bus beschloss ich, die Dienstage aufzugeben.
    Ich konnte nichts mit ihnen anfangen.
    Ich holte Angelica ab.
    Am nächsten Morgen rief ich in der Schule an. Es gab immer noch nichts Neues. Die andere Lehrerin habe doch nicht bei Gloria vorbeifahren können, allerdings habe sie es an diesem Tag vor, vorausgesetzt, sie komme früh genug weg. In der Schule hätten sie nämlich gerade ziemlich viel Aufregung, vertraute mir der Mann an. In der Nacht habe jemand etwas auf einen der Schulzäune geschmiert. Etwas Obszönes? Nein, das glaube er nicht. Jemand habe in weißen Großbuchstaben geschrieben
    Die Tiger des Zorns
    sind weiser als
    die Pferde der Belehrung
    und mit » William Blake« unterzeichnet. Sie hätten die Polizei gerufen und den ganzen Vormittag damit verbracht, die Schülerlisten durchzugehen. Der Direktor glaube, dass es das Werk eines verärgerten Vaters sei, obwohl er zugeben musste, dass die gestelzte Ausdrucksweise eher dagegen sprach. Außerdem gebe es an der Schule keinen Schüler namens Blake, und den Aufzeichnungen nach habe es auch nie einen gegeben. Es sei ein

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