Gleichklang der Herzen
ist es! Aber alles hängt jetzt allein von einer Sache ab.“
„Und das wäre?“
„Wer diese Frau ist. Deshalb schlage ich vor, sie nun genauer in Augenschein zu nehmen.“
„Gut, Mylord. Und danach wissen wir, welche Chancen wir gegen diesen Schuft Kirkhampton haben. Ich muss leider zugeben, dass er ein kluger Gegner ist.“
Romana Wardell hatte sich ängstlich auf den ersten Stuhl in der Nähe der Tür gesetzt, nachdem der Butler sie in das Empfangszimmer geführt hatte.
Sie hatte nicht geweint, als sie dem Marquis in der Kutsche gegenübergesessen hatte. Sie hatte nur das entsetzliche Gefühl, einen Albtraum zu erleben, aus dem es kein Erwachen und kein Entrinnen gab.
Alles, was sie seit ihrer Ankunft in London erlebt hatte, ließ sie glauben, sie sei plötzlich in einen dichten, schwarzen Nebel hineingeraten, in dem sie sich nicht mehr zurechtfand.
Selbst wenn ich meinem ersten Impuls nachgegeben und fortgelaufen wäre, dachte sie verzweifelt, was hätte ich ohne Geld tun können? Hätte ich in einer Kirche oder bei einem wohltätigen Verein Hilfe gefunden? Hätte man mir Geld gegeben, damit ich nach Hause zurückgekonnt hätte?
Ihre Lippen waren wie ausgedörrt. Nicht vor Durst, sondern vor Angst. Sie wagte nicht, um ein Glas Wasser zu bitten. Sie hatte auch seit dem vergangenen Nachmittag, seit sie mit der Postkutsche nach London gekommen war, keinen Bissen mehr zu sich genommen.
Da eines der Pferde ein Eisen verloren hatte, hatte der Kutscher bei einer Schmiede halten müssen. Dadurch waren sie erst spät in der Stadt eingetroffen.
Und so war sie auch im Haus ihrer Freundin Nicole de Prêt in Chelsea erst einige Stunden später angekommen, als sie geplant hatte. Und von da an hatten sich die Ereignisse überschlagen.
Mit ihren letzten Schillingen konnte Romana die Mietkutsche nach Chelsea bezahlen.
Als sie an die Tür des Hauses klopfte, das ihr Nicole als Adresse genannt hatte, dauerte es lange, bis sie in der Halle Schritte hörte.
Sie fürchtete schon, dass Nicole ihren Brief nicht bekommen hätte und etwa fortgegangen wäre.
Aber die Tür wurde zu Romanas Überraschung von einem Hausdiener geöffnet, der eine Livree mit Silberknöpfen trug. In ihren Briefen hatte Nicole von der hervorragenden Stellung berichtet, die sie in der Ballettschule innehatte. Aber Romana konnte sich nicht vorstellen, dass der Verdienst einer Tanzlehrerin ausreichte, um einen Diener einzustellen und ihn in eine Livree zu kleiden.
Der Mann sah sie fragend an.
„Ist Miss de Prêt zu Hause?“
„Werden Sie erwartet?“, erwiderte der Diener in anmaßendem Ton.
„Ja. Aber ich fürchte, ich komme recht spät.“
Der Mann wirkte unsicher, so, als wisse er nicht, wie er reagieren sollte.
In diesem Augenblick öffnete sich hinter ihm eine Tür, und ein Herr trat in die Halle.
Er trug Abendkleidung, die von solcher Eleganz war, wie Romana sie noch nie gesehen hatte. Ein großer Diamant blitzte an seiner Krawatte, und eine schwere Uhrkette hob sich matt schimmernd von seinen schwarzen Satinhosen ab, deren makelloser Sitz seinem erstklassigen Schneider zu verdanken war.
„Wer sind Sie?“, fragte er unwillig.
Von seiner Erscheinung und seinem Tonfall überrascht, flüsterte Romana: „Vielleicht bin ich hier im falschen Haus … Ich dachte, dass Miss de Prêt hier wohnt.“
„Sie wohnt hier. Was wollen Sie von ihr?“
„Ich habe ihr geschrieben, dass ich komme, und sie gefragt, ob ich solange bei ihr wohnen kann, bis ich eine Stellung in London gefunden habe.“
Sie fühlte, dass der Herr überrascht war. Dann meinte er: „Beschäftigung? Was für eine Art Beschäftigung suchen Sie denn? Oder ist das eine überflüssige Frage?“
„Nicole schrieb mir, dass sie eine sehr gute Position in der Ballettschule hat … und ich kann auch tanzen. Nicht ganz so gut wie sie, aber ich dachte, vielleicht kann sie mich …“
Ehe sie weitersprechen konnte, warf der Herr den Kopf in den Nacken und begann zu lachen.
„Ballettschule? Das ist also die Geschichte, die sie zu Hause erzählt? Nun ja, man sagt nicht gern die Wahrheit, wenn man sie verschweigen kann.“
Romana sah ihn fragend an. „Ich … ich verstehe nicht.“
Sie bemerkte, wie der Herr sie plötzlich mit einem sehr seltsamen Blick betrachtete.
„Kommen Sie herein. Ich möchte mit Ihnen sprechen. Nicole ist gerade beschäftigt. Aber sie wird Sie später sehen, denke ich.“
Er zeigte auf die Tür, aus der er gerade gekommen war. Dann wandte er sich
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