Gleichklang der Herzen
die Tür auf, stürzte den Gang entlang, da sah ich, dass die Tür zum Schlafzimmer von Lady Delyth offen stand …“
Lord Tring machte eine Pause. Er hatte Schwierigkeiten, weiterzusprechen.
„Los, reden Sie. Was haben Sie gesehen?“, drängte der Herzog.
„Richard muss vor dem Bett gestanden haben, als er schoss. Er hatte Lady Delyth und Gadsby überrascht, während sie zusammen waren“, sagte Lord Tring verhalten. „Gadsby war tot, die Laken blutgetränkt.“
„Und Richard?“
„Richard lag auf dem Boden mit einer Schusswunde über dem Herzen.“
Lord Tring schluckte. Die Vorstellung bereitete ihm Übelkeit.
„Was taten Sie als Nächstes?“
„Zuerst kümmerte ich mich um Richard. Ich stellte fest, dass er trotz der stark blutenden Wunde noch lebte. Wie Sie wissen, Sir, habe ich genug Verwundete gesehen und irre mich nicht.“
„Ja, das weiß ich. Fahren Sie fort!“
„Ich holte nun meinen Kammerdiener. Gemeinsam hoben wir Richard auf und schleppten ihn in sein Zimmer, das Gott sei Dank gleich nebenan war. Dann lief ich sofort zurück.“
„Was tat Lady Delyth, als Sie zurückkamen?“
„Sie war aufgestanden und hatte sich etwas angezogen“, erwiderte Lord Tring. „Sie war bleich, aber gefasst.
,Joceline ist tot’, sagte sie, ,und wenn Ihnen kein Ausweg einfällt, wird Richard dafür hängen.’
,Sie dürfen mit niemandem sprechen und müssen die Tür verschließen!’ befahl ich ihr. Und dann kam ich hierher.“
Wieder sah Lord Tring den Herzog mit den Augen eines Menschen an, der unendlich erleichtert ist, seine Last nicht mehr allein tragen zu müssen.
Der Herzog stand auf.
„Sie haben richtig gehandelt“, sagte er. „Sind Sie sicher, dass Ihr Kammerdiener in der Lage ist, sich während Ihrer Abwesenheit angemessen um Richard zu kümmern?“
„Sir, er war mit mir im selben Regiment und versteht mehr von Wunden und deren Behandlung als die Hälfte der Ärzte, die wir bei der Armee hatten.“
Dazu gehört nicht besonders viel, dachte der Herzog bei sich. Laut aber sagte er: „Ich lasse ein Pferd satteln und reite mit Ihnen zurück. Es dauert nicht lange, bis ich umgezogen bin. Sie können sich inzwischen noch ein Glas einschenken.“
Er ging hinaus und wies einen der Diensthabenden an, ihm ein Pferd satteln zu lassen.
Sein Kammerdiener erwartete ihn bereits in seinem Schlafzimmer.
„Hawkins, ich reite hinüber nach Tring Castle und hole Mr. Richard“, erklärte der Herzog.
„Er hat leider einen Unfall gehabt und braucht sorgsame Pflege. Du wirst dich um ihn kümmern.“
„Was ist denn mit Mr. Richard passiert, Euer Gnaden?“, fragte der Kammerdiener.
„Er wurde verwundet“, gab der Herzog vorsichtig Auskunft.
„In einem Duell, Euer Gnaden?“
„Ja, Hawkins, ganz recht, in einem Duell.“
Das Pferd, das der Herzog zu satteln befohlen hatte, wurde, Sekunden ehe er die Treppe herunterschritt, vor den Eingang gebracht.
Lord Tring war ebenfalls bereit.
Er sah noch immer bleich und mitgenommen aus, aber er hatte seine Haare in Ordnung gebracht und sein Krawattentuch zurechtgerückt. Der Herzog wusste, dass der junge Mann sich nun zusammengerissen hatte wie vor einem zu erwartenden Gefecht.
„Sollen wir Richard in einer Ihrer Kutschen hierher schaffen, oder sollen wir eines meiner Gefährte nehmen?“, fragte der Herzog.
„Meine Chaisen stehen zu Ihren Diensten, Sir.“
„Sehr schön. Lassen Sie ein Gefährt anspannen, sobald wir ankommen.“
Sie ritten die von Eichen gesäumte Auffahrt entlang, passierten die großen Tore mit den vergoldeten Spitzen und den Pförtnerhäuschen zu beiden Seiten.
Nachdem sie die Landstraße überquert hatten, ritten sie querfeldein auf direktem Weg auf Tring Castle zu.
Da beide hervorragende Reiter waren und ganz ausgezeichnete Pferde hatten, hörte man unterwegs nichts als das Donnern der Hufe, und die Meilen zwischen den beiden Herrensitzen schmolzen rasch dahin.
Der Mond beleuchtete den Weg und tauchte das alte Schloss, an dem so viele Generationen gebaut hatten, in ein romantisches Licht.
Aber hinter diesen ehrwürdigen alten Mauern war nun etwas Grausiges und Schändliches geschehen, ein Skandal, den es um jeden Preis zu vertuschen galt.
Ein Duell galt zwar als ehrenhafte Art, einen Konflikt aus der Welt zu schaffen, doch für Mord an einem verheirateten Mann wurde die Todesstrafe verhängt.
Der Herzog wollte nicht, dass Richard für ein Verbrechen büßte, das offensichtlich einzig und allein auf das Konto
Weitere Kostenlose Bücher