Gleichklang der Herzen
wirklich geliebt hat, sich so schnell ändert oder seine Liebe vergisst.“
„Falls Richard nicht sehr viel dümmer ist, als ich ihn einschätze, muss ihm einfach klar werden, dass seine Liebe reine Einbildung war und ihr Gegenstand nicht wert ist, dass er Leben und Gesundheit aufs Spiel setzte.“
„Sind Sie dessen so sicher?“, fragte Benedicta.
„Absolut sicher.“
„Er muss diese Frau sehr geliebt haben.“ Der Herzog kniff die Lippen zusammen.
Er wusste, dass Benedicta die ganze Affäre für etwas Romantisches, für den Ausdruck wahrer Liebe hielt.
Nach einer kurzen Pause sagte Benedicta: „Ich will versuchen, ihm zu helfen, weil Sie so gütig waren. Wenn ich aber keinen Erfolg habe … werden Sie es mir übel nehmen?“
Das war nun gewiss nicht, was der Herzog zu hören erwartet hatte. Er lächelte, als er erwiderte: „Ich verspreche, dass nichts, was in Zukunft geschieht, Ihnen als Schuld angelastet wird. Ich bin Ihnen für Ihr Einverständnis sehr zu Dank verpflichtet.
„Dann will ich mein Bestes tun.“
Auf dem Weg zur Tür stellte Benedicta die Frage, die nach Meinung des Herzogs bei Frauen unvermeidlich war: „Ist sie schön?“
„Ja, sehr schön, man kann ihr nur schwer widerstehen.“ Sie hatten die Halle erreicht, und der Herzog nahm an, dass Benedicta zu ihrem Vater hinaufgehen wollte.
„Sollen wir unsere Kranken gemeinsam besuchen?“
„Ja, bitte, tun wir das.“
Seite an Seite schritten sie die mit Schnitzwerk verzierte Treppe hinauf und den Gang entlang, der zu Richards Zimmer führte.
Die Sonne schien durch drei Fenster herein, von denen aus man den Garten überblicken konnte. Der Erbe von Kingswood lag in einem riesigen Himmelbett mit bestickten Vorhängen.
Auch seine Bettdecke war vor langer Zeit von liebevollen Händen mit Stickereien verziert worden.
Als die beiden eintraten, erhob sich ein junger Diener. Es musste sich um Jackson handeln.
Der Herzog und Benedicta gingen zum Bett.
Richard lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen. Sein Antlitz war bleich, und seine Züge hatten eine Schärfe angenommen, die normalerweise nicht zu sehen war.
Trotz seines Zustandes sah er hübsch aus, so hübsch, dass er einem jungen Mädchen sehr wohl gefallen konnte.
Der Kragen seines Nachtgewandes hob sich weiß vom Kinn ab, und das aus der Stirn gestrichene Haar erinnerte auf romantische Art an Lord Byron, der unter den modebewussten jungen Herren einen poetischen Kult entfesselt hatte.
Nachdem sie Richard schweigend betrachtet hatten, legte Benedicta ihre Hand auf seine Stirn.
„Er ist fieberfrei“, sagte sie leise. „Ein gutes Zeichen. Mag sein, dass die Temperatur wieder ansteigt, wenn er zu sich kommt.“
Der Druck ihrer Hand war kaum spürbar, und doch erwachte der junge Mann. Langsam schlug er die Augen auf. Der Herzog, der ihn genau beobachtete, merkte, dass er Schwierigkeiten hatte, sich zurechtzufinden. Als Richard Benedicta erblickte, schien er erstaunt zu sein.
„Wo bin ich? Was ist passiert?“, fragte er. Seine Worte waren kaum hörbar.
„Sie sind in Sicherheit“, sagte Benedicta leise. „Schlafen Sie ruhig weiter.“
Sein Blick blieb sekundenlang an ihr haften, ehe er gehorsam wieder die Augen schloss.
Wortlos ging Benedicta hinaus, gefolgt vom Herzog.
„Ich weiß, dass Hawkins befürchtete, Ihr Neffe würde sterben, doch er wird am Leben bleiben, wenn es auch sehr lange dauern mag, bis er wieder ganz gesund ist.“
„Ich wünsche mir, dass er sich wieder völlig erholt und so reiten kann wie früher.“
„Er wird bestimmt wieder ganz gesund werden“, sagte Benedicta zuversichtlich.
„Woher wollen Sie das wissen?“
Da sie sich Zeit ließ, glaubte er schon, sie wolle nicht antworten. Schließlich aber sagte sie: „Vermutlich weil ich mit so vielen Kranken zu tun hatte. Ich weiß es einfach.“
Als sie das Interesse des Herzogs sah, fuhr sie fort: „Vor zwei Tagen waren wir bei einer Frau, die mit Papa gemeinsam beten wollte. Sie war noch gar nicht alt. Sie rechnete nicht mit dem Tode, und doch wusste ich es.“
„Was wussten Sie?“
„Dass ihr nur noch ein kurzes Leben beschieden sein würde. Mir war, als spürte ich, wie ihr das Leben entglitt.“
Der Herzog sah das Mädchen fassungslos an. „Das verstehe ich nicht.“
„Ich auch nicht, aber ich weiß genau, dass mein Gefühl mich nicht täuscht. Deshalb bin ich auch sicher, dass Mr. Wood wieder gesund wird.“
„Und welches Gefühl haben Sie bei Ihrem Vater?“
Er sah Angst
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