Gleichklang der Herzen
Zufall gehandelt hatte.
„Natürlich sind sie das!“, hatte Benedicta erwidert. „Papa würde mich für sehr töricht halten, wenn ich auch nur einen Augenblick daran zweifelte, dass Hilfe kommen würde, wenn wir sie brauchen.“
Später, als die beiden Herren wieder unter sich waren, hatte der Major gesagt: „Nolan, das ist eine höchst ungewöhnliche junge Frau. Ehrlich gesagt, halte ich sie für viel zu intelligent für Richard.“
„Sobald er sich so weit erholt hat, dass er mit ihr sprechen kann, muss ich ihr einen Wink geben, dass sie ihm mit ihrer Bildung und Belesenheit keinen Schrecken einjagen darf.“
„Es würde mich sehr wundern, wenn Richard seit seiner Schulzeit jemals ein gutes Buch gelesen hat.“
„Na, vielleicht wirst du dich wundern“, hatte der Herzog vieldeutig geäußert in dem Bestreben, seinen Erben zu verteidigen, obgleich er die Meinung seines Freundes teilte.
Während der Nacht hatte er sich gesagt, dass die Anwesenheit eines gleichaltrigen Mädchens Richards Genesung sicher beschleunigen würde, wenn es ihm auch immer anmaßender vorkam, Richard eine Frau aussuchen zu wollen.
Von Delyth Maulden einmal abgesehen, hatte er keine Ahnung, welche Frauen Richard gefielen. Er hatte sich bisher mit ihm nämlich nur über Pferde und andere sportliche Interessen unterhalten.
Richards Mutter hatte ihm einmal anvertraut, dass er voller Ideale sei und nur wenig vom Leben und Treiben der eitlen Welt wüsste.
Nun war es nur natürlich, dass Mütter ihre Kinder gern im besten Licht sahen. Aber neugierig war der Herzog doch, ob Richard finden würde, dass Benedicta zu klug sei, um noch anziehend zu wirken.
Wie er wusste, wurde Klugheit bei einer Frau nur geduldet, wenn diese Frau schon alt war und über einen Salon politischer und literarischer Löwen gebieten konnte wie Lady Holland, die der ablehnenden Haltung ihrer Zeitgenossen die Stirn bot.
Ein Salon war aber eher etwas für reife Männer als für Jünglinge. Vielleicht war sein Ziel, Richard seine Delyth vergessen zu lassen, mit Hilfe von Schauspielerinnen und leichten Mädchen besser zu erreichen.
Diese Frage kann nur die Zeit beantworten, hatte sich der Herzog gesagt.
Dennoch war ihm das Problem nicht aus dem Kopf gegangen, ja, es hatte ihn sogar am Einschlafen gehindert.
Als Benedicta sich jedoch zur Mittagszeit zu ihnen gesellte, sah der Herzog, dass seine Befürchtungen grundlos waren. Sie betrat die Bibliothek, wo sie von den beiden Herren erwartet wurde. Beiden fiel sofort auf, dass eine sensationelle Veränderung mit ihr vorgegangen war: Benedicta trug ein neues Kleid.
Es war ein ganz einfaches Kleid, das von den Hausmädchen in aller Eile aus einer Rolle Musselin geschneidert worden war, die noch die verstorbene Herzogin erstanden hatte.
Auf dem weißen Material leuchteten winzige Blümchen in hellem Rosa und Grün.
Geblümter Musselin war um die Zeit der Jahrhundertwende in Mode gewesen, und der Herzog hegte den Verdacht, dass die jungen Damen nun ganz andere Sachen trugen, doch war nicht zu leugnen, dass Benedicta darin bezaubernd aussah.
Das Kleid war von einfachem Schnitt, mit hoch angesetzter Taille. Schmale Volants an Ärmeln und Kragen, mit schmalen Samtbändchen in der Mitte zusammengehalten, bildeten den einzigen Schmuck.
Blutjung und frisch sah sie aus, fast wie eine Heckenrose kurz vor dem Aufblühen oder wie eines der Buschwindröschen, die in ihrer Vielzahl unter den Bäumen im Wald einen weißen Blütenteppich bildeten.
In ihrer Miene drückte sich eine gewisse Befangenheit aus, als wäre sie sich zum ersten Mal ihrer äußeren Erscheinung bewusst.
Doch als sie vor dem Herzog in einem Knicks versank, vergaß sie ihre Schüchternheit und äußerte ganz impulsiv: „Ich kann Euer. Gnaden etwas Wundervolles melden. Hawkins machte mich zur Überbringerin einer guten Nachricht.“
„Und die wäre?“
„Vor einer halben Stunde ist Mr. Wood zu sich gekommen.“
„Das nenne ich in der Tat eine gute Nachricht!“
„Hawkins gab ihm etwas zu trinken, worauf er wieder einschlief. Sicher befindet er sich auf dem Weg der Besserung.“
„Wie bin ich froh!“, ließ sich Major Haverington hören. „Ich weiß, welche Sorgen du dir gemacht hast, Nolan.“
„Ja, ich habe mir große Sorgen gemacht“, gab der Herzog zurück. „Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn Richard gestorben wäre.“
Der Major, der wusste, dass sein Freund an das Erbe und an den Titel dachte, sagte lächelnd zu Benedicta:
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