Gleitflug

Fußball. Sie fragten, ob er mitspielen wolle.
    »Nächstes Mal«, sagte er und eilte zu den Fahrradständern.
    Er fuhr schnell, denn er wollte jetzt unbedingt Antworten auf seine Fragen.
    Auf halbem Weg wurde er von Toon eingeholt.
    »Schleppen?«, brüllte Toon.
    »Muss in ’ne andere Richtung«, brüllte Gieles zurück, was halb stimmte. Toon klappte das Visier seines Helms herunter und raste davon.
    Super Walings Elektrokarren stand im Vorgarten. Wenn er viel geerbt hatte, wieso wohnte er dann in diesem winzigen Haus? Oder hatte er sein ganzes Geld in Fressalien gesteckt?
    Als Gieles gerade klingeln wollte, öffnete Super Waling die Tür. Obwohl es zweiundzwanzig Grad warm war, trug er auch heute einen Jogginganzug. Einen kupferbraunen. Die gleicheFarbe wie seine Haare, die jetzt glänzten, als wäre er gerade vom Frisierstuhl aufgestanden. An seiner Schulter baumelte die Leinentasche.
    »Komm rein!«, rief er erfreut und nahm die Tasche ab. »Setz dich! Was möchtest du trinken? Ich war eigentlich gerade im Begriff, zum Museum zu fahren, aber das kann ruhig noch warten. Ich schreibe einen Artikel über die Ausstellung Polderschuhwerk im Lauf der Jahrhunderte . Wenn du Lust hast, kannst du gern mitkommen.«
    »Ich kann nicht«, sagte Gieles, und das war nicht gelogen. »Morgen schreibe ich einen Test, und nächste Woche muss ich den Aufsatz abgeben.«
    »Ah, spannend. Musst du noch viel daran arbeiten?«, fragte Super Waling auf dem Weg in die kleine Küche.
    »Geht so. Deine Geschichten über Ide und Sophia haben mir echt geholfen.« Er verschwieg, dass er ganze Abschnitte ohne Quellenangabe übernommen hatte. »Aber ich wüsste gern, wie die Sache ausgeht. Sophia wird doch jetzt nicht an irgendeiner Krankheit sterben?«
    »O nein, noch lange nicht. Sobald ich den vierten Teil fertig habe, bekommst du ihn. Eine Dose Cassis?«
    Nachdenklich schlurfte Gieles hinter Super Waling her ins Wohnzimmer. Wie konnte er ihm seine Fragen stellen, ohne ihn zu kränken? Gieles setzte sich ihm gegenüber, sie tranken beide ein paar Schlucke. Mit dem Ärmel seiner Joggingjacke wischte sich Waling die feuchte Stirn. Gieles konnte nicht erkennen, ob er noch einen Verband ums Handgelenk trug. Er überlegte, wo er wohl diese Trainings- und Jogginganzüge kaufte. Seine Größe war doch bestimmt nirgendwo vorrätig.
    Gieles holte tief Luft. »Meine Nachbarin Dolly, bei der ich babysitte, die kennt dich von früher, als du Geschichtslehrer warst. Sie heißt Dolly de Jong.«
    Er schaute Waling ins Gesicht und erwartete … ja, was eigentlich? Er wusste es nicht, aber auf keinen Fall hätte er damit gerechnet, dass Waling so fröhlich blieb.
    »Mmmm. Dolly, Dolly de Jong … Ist das ihr Geburtsname oder der Name ihres Mannes?«
    Blöd von ihm. Das war natürlich der Name ihres Mannes. »Sie hat mir ein Klassenfoto gezeigt. Darauf hast du eine Lederjacke an. Eine schwarze.«
    Super Waling kicherte. »Ach ja, diese Jacke. Menschenskinder. Die hat mich damals ein Monatsgehalt gekostet. Ich habe sie immer noch, vielleicht passt sie ja dir. Mir jedenfalls nicht. Sie ist aus weichem Kalbsleder.«
    Wehmütig starrte er auf die Gebirgstapete, als sähe er sich in seiner schönen Jacke auf einer Bergwanderung.
    Dann sagte er: »Wie ich mich freue, dass du gekommen bist. Ich wollte dich schon anrufen und um etwas bitten. Nächsten Monat veranstaltet der Förderverein Dampfpumpwerke einen Straßenmarkt. Dabei werden atmosphärische Dampfmaschinen vorgeführt, das sind frühe Dampfmaschinen, bei denen durch Kondensation ein Unterdruck erzeugt wird und der Luftdruck den Kolben in den Zylinder schiebt. So kann die Maschine zum Beispiel pumpen«, erklärte Super Waling und machte eine entsprechende Bewegung mit dem Arm. Er sprach kurzatmig. »Außerdem werden wir Hydraulikpumpen und pneumatische Pumpen zeigen, die Kinder können Deichgraf und Deichaufseher spielen, es gibt altholländische Spiele … Und nun würde ich mich sehr geehrt fühlen, wenn du bereit wärest, eine Art Tischtennisvorstellung zu geben. Mit deiner kleinen Gans. Du brauchst dich natürlich jetzt noch nicht zu entscheiden«, fügte er rasch hinzu. »Denk in Ruhe darüber nach.«
    »Och, ich find die Idee gut«, sagte Gieles, während er im Stillen angestrengt die Schlüsselfragen zu Super Walings Umfang und seinem angeblichen Reichtum zu formulieren versuchte.
    »Fantastisch!« Super Waling klatschte sich vor Freude auf denOberschenkel. »Die Leute werden begeistert sein! Damit