Gleitflug
eigentlich hatte Meike ja nur bei ihrem Alter und ihren Piercings gelogen. Sie hatte zwei, ein Augenbrauen- und ein Zungenpiercing, nicht vierzehn, und darüber war er besonders froh.
Als er schlafen ging, kuschelte sich die kleine Gans auf dem Kopfkissen an seine Haare. Die Pelzmütze wurde ihr zu klein. Er fühlte sich angenehm leer. Die Krise seiner Eltern, Liedjes Krebs, Super Walings Fettsucht blieben weit genug weg.
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Die Anweisung »Bleib« geht ziemlich hervorragend. Meine Gänse bleiben nun auf derselben Stelle, auch wenn ich nicht mehr offensichtlich bin. Aber sie müssen auch bleiben, wenn Gefahr kommt. Zum Beispiel: Ich fahre auf dem Invalidenvehikel (von meinem Onkel Fred. Nicht ich bin invalide, sondern mein Onkel ein wenig an einem hinkenden Bein). Auf der Straße sind meine Gänse. Ich sage »Bleib« und fahre sehr schnell mit dem Invalidenvehikel zu den Gänsen. Das geht noch nicht hervorragend. Sie fliegen weg, aber sie müssen bleiben. Haben Sie eine Empfehlung?
Die Anweisung »Flieg« will ich mit einem Regenschirm für leises Werkzeug ausführen. Ich mache den Regenschirm auf, und sie fliegen weg. Ich ahne aber, dass die Gänse nach mancher Zeit die Anweisung nicht mehr ausführen, wenn sie den Regenschirm oft treffen. Was ahnen Sie, Christian Moullec?
Mit der kleinen Gans und dem Tischtennis geht es gewaltig. Aufschlag ist noch ein Problem, aber Vorhand und Rückhand kontrolliert der Schnabel exzellent. Die Leute sagen oft: Ach, Tischtennis ist leicht. Sie machen Witze über die Rackets und die Bälle. Sie erleben lieber Fußball. Fußball ist ein Spektakel. Aber ich sage: Tischtennis ist schwer für den Kopf. Man darf keine falschen Gedanken haben. Dann geschehen Fehler, und man vergisst das Richtige. Man gibt zum Beispiel Schläge auf den Tisch oder flucht. Oder man denkt laut. Das darf man nicht! Tischtennis ist ein leiser Sport. Laut Gefühle rufen ist verboten. Die kleine Gans ist exzellent im leise Spielen. Nur bei Müdigkeit macht sie Lärm, dann fällt sie wie tot hin und schläft. Ich lache dann und sehe sie a n. Meine Mutter kommt diesen Sommer aus Afrika zurück. Sie wird mit großem Stolz über uns gefüllt sein.
Tufted und Bufted hatten immer mehr Spaß an den Trainingsstunden. Sie bekamen genug Spekulatius, um stehen zu bleiben, und sie schienen sich über Gieles’ Lob zu freuen, wenn sie die Kommandos richtig ausgeführt hatten. Er war fast zufrieden. Wenigstens reagierten sie auf den Schirm, nur dass sie jedes Mal in eine andere Richtung flogen. Leider immer in eine falsche. Die Vorstellung von Vögeln in Triebwerken, zerkleinert wie Obst in einem Mixer, beunruhigte ihn.
In acht Wochen und zwei Tagen landete seine Mutter, rechnete er aus, während Tufted und Bufted träge vor ihm herwatschelten. Das Training hatte sie ermüdet. Ihre Schwimmhäute machten schmatzende Geräusche auf dem Asphalt.
Auf dem Hof wartete die kleine Gans. Zum Training wollte er sie nicht mitnehmen. Wenn sie nun überfahren wurde. Sie brauchten zwar nur ein kleines Stück auf der Straße zu gehen, und Autos kamen hier selten vorbei, aber man konnte nie wissen.
Er hob sie hoch und küsste sie auf den Schnabel. Erst als er seinen Namen hörte, sah er seinen Vater in der Haustür stehen. Er hatte ein Backblech in der Hand. Gieles fühlte sich ertappt, als hätte er mit einem Mädchen geknutscht. Das Stirnrunzeln seines Vaters entging ihm nicht.
»Fred bittet dich, diesen Kirschkuchen noch vor dem Abendessen zu den Keijzers zu bringen«, sagte er.
»Muss das sein?«, seufzte Gieles.
»Ja, das muss sein«, sagte sein Vater und drückte ihm das Blech in die Hand.
Widerwillig machte sich Gieles auf den Weg.
Toons Mutter zog ihn buchstäblich ins Haus. Seit er von der Krebsdiagnose wusste, hatte er Liedje nicht mehr gesehen.
»Na, Gieles, hast du unser Haus noch gefunden?«, rief Toon senior. Er saß am Küchentisch. »Du hast dich ja seit Wochen nicht mehr blicken lassen!«, fügte er in kumpelhaftem Ton hinzu.
Gieles lächelte etwas dämlich, er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Er lehnte sich an die Tür des mintgrünen Kühlschranks, an der Magnete hingen. Hauptsächlich Kühe und Schweine. Im Wohnzimmer lief der Fernseher, Toons Schwester Roxanna hatte sich davor niedergelassen.
»Toon kommt jeden Moment«, sagte Liedje. Sie stellte das Blech mit dem Kuchen auf der Arbeitsplatte ab und warf einen Blick in die Pfanne, die auf dem Herd stand. Dann schaute sie auf seine Sportschuhe.
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