Glencoe - Historischer Roman
marschieren und dort ein Lager aufzuschlagen.
Später ließ er aus dem Vorrat großzügig Whisky austeilen und die Feuer hoch brennen. »Immerhin ist Beltane.« Er breitete die Arme aus. »Da muss man Männern doch erlauben, sich Feuer zu machen und anständig Fleisch zu rösten.« In der Tat hatte Buchan etwas von Dundee, nur konnte er leider keine zwölf Züge im Voraus berechnen. Lochiel sagte, er wolle sich früh schlafen legen, und riet Sandy Og dasselbe, aber Sandy Ogs Angst vor dem Schlafengehen wuchs so rasch, wie das blasse Licht hinter den Hügeln versank. Er war müde und fror und fühlte sich allein.
»He, Sandy Og!«, rief Rorie von Inverrigan von dem lodernden Feuer her, um das seine Leute saßen. »Steh nicht mit den Offizieren, komm zu uns! Du magst der schrulligste Kauz von Lochaber sein, aber du bist unser Captain, du hast an Beltane unsern Whisky zu saufen.«
»Sei kein Schwachkopf«, warnte Lochiel, aber Sandy Og zögerte nur, weil er nicht glauben konnte, dass Rorie tatsächlich ihn meinte. Als er die anderen unter Johlen und Lachen einstimmen hörte, versicherte er Lochiel, er bliebe nicht lange, und ging hinüber zu den Männern.
Es war so warm am Feuer, dass Sandy Og die Nässe des Bodens kaum spürte. Hände griffen und zerrten an ihm, als bringe es Glück, ihn zu berühren. Sie hatten zwei große Becher, die sie bis zum Rand voll Whisky schenkten, einen ließen sie kreisen, den anderen drückten sie ihm in die Hände. »›Sandy Og‹, das heißt ›kleiner Alasdair‹«, sagte Rorie. »Und du bist heute unser kleiner Chief, also bring einen Trinkspruch aus und einen Segen zu Beltane.«
Als er sah, dass Sandy Og nichts zu sagen wusste, führte erihm den Becher zum Mund, dass Whisky über den Rand schwappte. »Trink erst, Kleiner, dann spricht sich’s leichter.« Alles lachte. Sie verspotteten ihn, aber der Spott war geradezu zärtlich.
So trank Sandy Og. Lebenswasser, dreimal gebrannt, viel stärker und ehrlicher als alles, was Buchan hätte ausgeben können, aus Glencoe herausgeschmuggelt, wofür er die Männer hätte strafen müssen. Der Whisky brannte in der Kehle, die wie zugesperrt gewesen war, brannte alles frei. Er holte Luft, die scharf und nach Whisky schmeckte. Er war unverdünnte Getränke nicht gewohnt und ohnehin ein kläglicher Trinker, wofür sein Vater und John ihn oft genug ausgelacht hatten.
Als er den Becher weiterreichen wollte, schüttelte der Mann neben ihm den Kopf. »Der Trinkspruch, Captain. Und dann einen Männerschluck, kein Schlückchen für Knaben, dein Mund ist doch groß genug.«
Sandy Og vergaß den Trinkspruch, setzte den Becher an und trank. Goss und schluckte, bis er erst Gelächter, dann Applaus erntete, fürchtete, husten zu müssen, trank jedoch weiter. Das Brennen schoss von der Kehle in Brust und Bauch und breitete sich aus.
»Wacker, Kleiner. Und jetzt der Trinkspruch.«
»Auf Glencoe«, sagte Sandy Og und hob den Becher. Auf Schottland, auf König Jamie, hätte er anfügen müssen, aber von Schottland verstand er wenig, und es kam ja kein König nach Lochaber. »Auf Glencoe.«
»Ist das alles, Mann?«
»Trink weiter, vielleicht fällt dir noch was ein.«
Sandy Og trank. Er wollte zu Hause sein. Sein Leben lang hatte er Beltane gehasst, weil er immer irgendetwas falsch machte, heute aber wollte er zu Hause sein und Sarah um Verzeihung bitten. Dafür, dass er Bannocks zerschlug und Täler zerhackte und nicht sterben wollte und nie wusste, was das Richtige war. Verzeih mir, Sarah, dass ich mich nicht bessern kann. »Auf die törichten Lieder, die wir von den Campbells stehlen, auf die Buttermilch und die Nachtkerzen. Auf meine Schwester Gormal mit den blauen Augen.«
»Und auf deine Milchschwester, das süßeste Mädchen von Glencoe!«, rief einer. »Wenn meine Alte im Nachttopf ersäuft, bin ich im Herbst ihr Bräutigam.«
Das süßeste Mädchen von Glencoe hat heublondes Campbell-Haar und ein Lächeln, das sich in den Winkeln der Augen verbirgt. Auf Sarah, die Sommerstille, den Segen unter meinem Dach! »Auf Glencoe«, wiederholte Sandy Og.
»Auf Glencoe«, grölten die Männer und schlugen ihm auf den Rücken. Als er den Becher wieder ansetzte und nichts mehr darin fand, schenkte Rorie ihm nach. Im blendenden Feuerschein konnte Sandy Og kein Gesicht erkennen; ihm war warm, und die Angst wurde klein.
Sie saßen lange in der sternenlosen Nacht, bis an den übrigen Feuern Ruhe einkehrte und in keinem der Krüge mehr Whisky war. Die
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