Glencoe - Historischer Roman

er ohne Feuer und Schwert nicht beizukommen wagte. Hill schauderte.
    »Friert Euch?«, fragte Argyll. »Ich denke, es ist Zeit, diesen Tag zur Nacht zu erklären, Robert!«
    Glenlyon hob den Kopf, doch sein Blick traf nicht Argyll, sondern Hill. Sie beide würden in Inverlochy zurückbleiben, wenn die anderen in Edinburgh oder London ihren dringenden Geschäften nachgingen; sie beide würden, was immer sich zusammenbraute, auszubaden haben. Hill wünschte, Glenlyon durch seinen Blick zu ermutigen, ihm zu versichern, dass sie die Aufgabe zum Erfolg führen würden, doch ohne Zweifel scheiterte sein Bemühen.
    »Wir würden jetzt gern zu Abend essen«, sagte Argyll zu Glenlyon. »Könnt Ihr beim Quartiermeister Sorge tragen, dass alles erträglich gerichtet ist? Wenn kein trinkbarer Wein zu bekommen ist, greift auf meinen Vorrat zurück. Schließlich haben wir auf das Wohl unseres Königs zu trinken, der an der Boyne einen herrlichen Sieg errungen und das geschundene Dublin den Rebellen entrissen hat.« Er vollführte eine Geste, als hebe er den Becher. Als Glenlyon keine Anstalten machte, seiner Anweisung Folge zu leisten, änderte sich mit einem Schlag sein Ton. »Muss ich deutlicher werden? Eure Gesellschaft ist nicht länger erwünscht.«
    Der Hass, der unter Argylls sorgsam geglätteter Fassade schwelte – war das der Hass eines Sohnes, der Vater und Großvater an die Stuarts verloren hatte? In seinen Augen glomm mehr Feuer als am Himmel, doch kaum war Glenlyon davongeritten, beruhigte er sich und sprach vollendet höflich weiter. »Ich hoffe, Ihr konntet Euch einen Eindruck verschaffen, mein Herr Dalrymple? Und Ihr, Hill, seid Ihr zu Eurer Zufriedenheit ins Bild gesetzt?«
    Hill und Dalrymple kamen zu keiner Antwort, da Breadalbane die Gelegenheit nutzte und das Wort ergriff. »Nun da wir Rob vom Hals haben, käme ich gern noch einmal auf Einzelheiten unserer Pläne zurück.«
    »Schon wieder Einzelheiten?« Argyll wendete sein Pferd, um zu den Stallungen zu reiten. »Das bedeutet wie üblich Geld, meint Ihr nicht auch, mein Herr Dalrymple? Der Herr von Breadalbane scheint nämlich nach wie vor nicht mit der Summe zufrieden zu sein, die er den Rebellen für die Niederlegung ihrer Waffen anbieten darf.«
    »Damit halte ich mich nicht länger auf«, erwiderte Dalrymplegereizt. »Ich betone zum letzten Mal: Der König ist höchst verärgert über den Aufwand an Ressourcen. Und da ich vorhabe, den Weichling Melville als Staatssekretär für Schottland zu ersetzen, brauche ich Erfolge – ob durch Verhandlung und Bestechung, wie es Breadalbane wünscht, oder auf Eure Weise, Argyll, ist mir einerlei, solange mein König nichts zu klagen hat. Wenn Ihr Euch also nicht imstande seht, gegen Euer Volk vorzugehen, bekennt es besser jetzt, auf dass Ersatz beschafft wird.«
    »Gegen mein Volk ? Ihr nennt die, die da im Wilden hausen, mein Volk ?« Argyll wies nach dem Massiv des Berges, der sich wie ein Schatten aus grauer Dunkelheit schälte, als markiere er das Ende der Welt. »Wisst Ihr, wie sich ein Kuckuck fühlt, mein Herr? Dann und nur dann wisst Ihr, wie ich mich fühle. Ein grausamer göttlicher Humor hat mich diesem Natterngezücht ins Nest gelegt, ein schneeweißes Wickelkind in ein Bett aus Dreck, und der klebt mir mein Leben lang am Leib. Wenn Ihr Befehl gebt, rotte ich die Schlangenbrut aus, und sollte es mich den Hals kosten. Zieht Ihr mich aber von dieser Aufgabe ab, weil Ihr meinem Blut misstraut, so habt Ihr einen Feind bis zum Tod.«
    Hill war starr vor Schreck, MacKay und Dalrymple schienen geradezu angewidert, nur Breadalbane, von dem es niemand erwartet hätte, zeigte Mitleid. Er lenkte sein Pony neben das von Argyll und berührte dessen Arm. »Ihr gebt doch niemandem Grund, Euch zu misstrauen. Wir mögen zermürbt von den Umständen sein, aber letzten Endes ziehen wir am selben Strang. Am besten, wir vergessen den Zwischenfall, samt meiner Frage nach Einzelheiten.«
    »Darum möchte ich bitten«, forderte Dalrymple. »Mir sind solche Gefühlsausbrüche ein Gräuel. Ebendeshalb darf meinethalben dieses Land in Flammen aufgehen. Vergessen wir alles, damit ich nicht gezwungen bin, zur Tat zu schreiten.«
    Sie hatten den Sattelplatz vor den Stallungen erreicht, stiegen ab und übergaben die Tiere herbeieilenden Burschen. Es war empfindlich kühl geworden, und das niedrige Gebäude, auf das sie zustrebten, sah alles andere als anheimelnd aus. Für ein paar Schritte zogen die fünf Männer schweigsam durch