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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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sagte Sarah. »Das weiß ich.«
    »Ich hab mir gedacht: ›Meinem John, dem kann ich ein niedliches Perlhuhn wie Eiblin ins Bett legen, das macht ihn satt, aber Sandy Og, der braucht eine …‹«, er zwirbelte sich die Schnurrbartspitze, beim besten Willen fiel ihm nicht ein, was er sagen wollte, dabei wusste er es in seinem schmerzenden Kopf ganz genau.
    »Was für eine?«
    »Ah bah, was fragst du denn mich? Ich hab dir gesagt, ich weiß von Sandy Og nicht viel. Ich hab ihn erzogen, wie man bei uns einen Jungen erzieht, aber es hat ihm nicht gutgetan. Ich hab immer gedacht, irgendwas hat er in sich, zu irgendwas taugt er, aber ich hab’s nicht aus ihm rausholen können, also hab ich überlegt: ›Sandy Og ist anders, und Sarah ist anders, und vielleicht tut sie ihm gut, wie ich’s nicht konnte.‹«
    Ihr Kopf lag an seiner Brust. Sie gab ihm keine Antwort.
    »Weinst du, a graidh ?«
    Sarah nickte, blickte nicht auf.
    »Warum weinst du denn?«
    »Danke«, sagte Sarah, noch immer ohne aufzublicken. »Danke, Vater MacIain.«
    »Kannst du mich verstehen? Begreifst du, dass uns der Eid bindet? Selbst wenn unser General beschließt, das Heer aufzulösen, müssten wir weiterkämpfen – Schiffe verbrennen, Garnisonen überfallen. Ich darf Sandy Og nicht entlassen, und Sandy Og darf sich nicht weigern, oder wir sind Eidbrecher, einer wie der andere.«
    Sarah hob den Kopf und befreite sich aus seinen Armen. »Ja, ich verstehe. Ihr kämpft für das Eure wie ich für das Meine, und wenn wir auf verschiedenen Seiten stehen, brauchen wir keine Feinde zu sein.« Mit dem Kind im Arm reckte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Wenn Sandy Og heimkommt, werde ich zu ihm sagen, was ich denke, und Ihr sagt, was Ihr denkt, und dann werden wir sehen.«
    »Wir sind keine Sassenachs, Sarah. Der Sohn eines Hochländers hat seinem Vater zu gehorchen, darin ehrt er ihn.«
    Sie zuckte mit den Schultern wie ihr Mann. »Vielleicht kommt eine Zeit, in der ein Sohn seinen Vater ehrt, indem er sich ihm widersetzt.«

    Es war der letzte Abend. Das Wetter war umgeschlagen, der Himmel hing tief vom Niederschlag, der noch Regen sein mochte, aber auch schon Schnee. Am Morgen würden sie das Vieh ins Tal treiben und ihren verpackten und verschnürten Sommer hinterdreinschleppen, ohne die zwanzig Männer, die Sandy Og in Cromdale gerettet hatte. Zu Samhuinn aber würden alle im Tal sein, das hatte der MacIain versprochen. Im Winter wurde im Hochland nicht gekämpft, das Wetter zwang die Waffen zum Schweigen.
    Sarah hatte ihre Tochter schlafen gelegt. Duncan ließ sich nicht mehr legen, er kam und ging, wie er wollte, und sie saß auf und hielt ihm Suppe und Waschwasser warm, als Eiblin klopfte. Sie wolle Sarah um etwas Salz bitten, da das ihre ihr ausgegangen sei. Sarah wusste sofort, dass sie log; die Schwägerin wäre um Salz zunächst zur Lady Morag gegangen, zu jeder anderen eher als zu ihr, aber es machte ihr nichts aus. Sie schüttete Salz in Eiblins Napf, aber wie erwartet ging diese nicht, sondern trat zum Bett, um Jean zu betrachten. »Die ist hübsch, deine Kleine, weißt du? Und dem Krüppel ist sie kein bisschen ähnlich. Nur schade, dass kein Bub draus geworden ist, was?«
    In Wahrheit waren Sarahs Kinder sich erstaunlich ähnlich, auch wenn der Sohn schlaksig und knochig war und die Tochter so prall, dass beim Waschen auf ihren Gliedern kein Tropfen hängen blieb, auch wenn der Sohn das helle Haar der Mutter hatte und die Tochter das dunkle des Vaters. Beide waren sie trotzige, starke Kinder mit herrlichen Augen und zu großen Füßen. Sie waren in diesem Sommer verwildert, hätten härter erzogen werden müssen, aber in dem brüllenden Gierschlund von Tochter wie in dem widerborstigen Sohn steckten feine Menschen. Wie so oft übermannte Sarah der Stolz.
    »Ich wollt dich was fragen, Sarah.«
    Was du mich fragen willst, weiß ich: Hast du dein Krüppelkind mit einem aus deinem Tal gemacht, derweil du deinem Mann nur ein Mädchen schenkst? Aber das wagst du ja nicht.
    Eiblin war nicht mehr die Alte. Sie war nicht mehr laut, nie mehr heiter, und sie war nicht schwanger. John lebte mit ihr, doch mit seiner wilden Lust auf sie schien es vorbei. Er tat, was alle Männer taten, ließ am Morgen seine Frau in der Hütte und verbrachte den Tag mit seinesgleichen.
    »Hast du mich nicht gehört?«
    »Doch, frag nur. Aber weck mir nicht das Kind.«
    Eiblin kam näher und dämpfte ihre Stimme. »Ich bin zu dir gekommen,

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