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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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weil mit Gormal nicht mehr zu reden ist. Ich mach mir Sorgen um Ceana, weißt du? Findest du nicht, sie wird mit jedem Tag wunderlicher? Erst diese Verrücktheit mit dem Lamm, dann die seltsame Krankheit im Winter, und jetzt spricht sie kaum und ist immer allein. Sie hätte heiraten sollen, wie oft hab ich das gesagt, und jetzt ist es im Grunde zu spät. Sag, ist es nicht auch merkwürdig, dass sie in den ganzen Jahren keinen Liebsten hatte?«
    »Das weiß ich ja nicht«, erwiderte Sarah und rührte Duncans Suppe um, die sämig einkochte und bereits verbrannt roch. »Ich weiß nicht, ob sie keinen Liebsten hatte.«
    » Du vielleicht nicht«, trumpfte Eiblin auf. »Aber ich . Ich weiß immer, wer es mit wem hat, selbst bei verheirateten Leuten, die so geheim tun wie schlafende Fianna. Mir vertraut so manche was an, und das Übrige finde ich selbst raus. An der Art, wie eine Frau einem Kerl ins Gesicht schaut oder wie sie seine Hand nimmt, erkenne ich alles.«
    Sarah rührte schweigend weiter, wusste nichts zu sagen, weil sie zu viel dachte.
    »Willst du wissen, was ich denke?«, fragte Eiblin.
    Nein .
    »Ich denke, Ceana hat sehr wohl einen Liebsten, und ich seh’s nur nicht, weil der Kerl nicht hier ist und weil man auch nicht draufkommt, dass der es sein könnte. Der eigene Verwandte, mein ich. Aber wenn man’s genau nimmt, eben auch nicht.«
    Sarahs Hand erstarrte, der Löffel hielt in der dicken Suppe still, und obgleich ein Brutzeln verriet, dass der Brei am Kesselboden anbrannte, rührte sie sich nicht.
    »Ist dir nie aufgefallen, dass Ceana wie eine wilde Katze auf jede losgeht, die nur das kleinste Wörtchen gegen Sandy Og sagt? Ich bin ja nicht anders. Eine soll’s wagen, gegen meinen John zu sprechen, und ich kratz ihr die Augen aus, nur ist John ja mein Mann und Sandy Og ist deiner, nicht der von Ceana. Wenn man sich ’s recht überlegt, haben die ja schon immer die Köpfe zusammengesteckt.«
    »Sie sind Bruder und Schwester.«
    »Ach, Unsinn. Bruder und Schwester sind Gormal und mein John, die wechseln kaum je ein Wort, aber Sandy Og und Ceana beschwatzen jedes Geheimnis miteinander. Sie sind im Blut nicht verwandt, und wo Ceana hergekommen ist, wer weiß denn das?«
    Das Bild von Sandy Og in Ceanas Armen ließ sich leichter ertragen als der Gedanke, dass er Ceana anvertraute, was er ihr verschwieg. So sehr verrätst du mich? Gelobst du Ceana, dass du über sie wachst, damit der Tod sie nicht holt? Wenn ich verschwinde wie Finns Hirschkuh, werde ich dir nicht fehlen? Sarah presste die Lippen aufeinander. Der beißende Rauch, der aus dem Kessel aufstieg, trieb ihr Tränen in die Augen.
    »Deine Suppe verbrennt«, sagte Eiblin.
    Sarah schwieg.
    »Es liegt an diesem Krieg. Keine weiß mehr, was richtig und was falsch ist, und manche verliert den Verstand und denkt: ›Wenn eine Tochter dem eigenen Vater die Krone rauben darf und wenn Männer gegen ihr eigenes Volk zu Feld ziehen, warum soll ich nicht einen lieben, den ich nicht lieben darf?‹«
    Eiblin wollte Sarah, die durch den Rauch nichts mehr sah, den Löffel wegnehmen, doch kaum langte sie danach, fuhr Sarah herum. »Warum schmähst du meinen Mann, Eiblin? Weil er mutig war, weil ihn die Leute einen Helden nennen unddeinen Mann nicht?« Mit aller Kraft rührte sie in der Suppe, aber es war zu spät, bald die Hälfte verbrannt. Duncan würde mit Käse und Brot vorliebnehmen müssen und ihr wieder einmal vorhalten, dass die anderen Frauen besser kochten. Warum gehst du nicht und isst bei Ceana, die so liebe Süppchen braut, nimm deinen Vater und trollt euch, schlagt Euch am fremden Tisch die Bäuche voll.
    »Du brauchst nicht gleich grob zu werden, weißt du?« Eiblin zog die Ketten, in denen der Kessel hing, hoch, doch der Rauch hatte längst den Raum gefüllt. »Ich hab dich nur warnen wollen, Sarah, und wenn du nicht wissen magst, wer’s gut mit dir meint, dann ist dir nicht zu helfen.«
    Sarah riss die Tür auf, ehe das Kind vom Rauch erwachte und sie selbst darin erstickte. Eiblin missdeutete die Geste. »Ich bin ja schon auf dem Weg«, sagte sie, »keine Sorge. Wo ich nicht willkommen bin, da bleib ich nicht.« Sie ging und ließ den Salznapf stehen. Sarah lehnte sich in den Türstock, atmete die kühle Nachtluft und starrte Eiblin hinterher.
    Kurz darauf kam Duncan, murrte wie erwartet über Brot und Käse und handelte sich dafür eine Ohrfeige ein, die Sarah gleich leidtat, weil sie fand, sie selbst habe sie mehr verdient als er. Sie

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