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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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versprach, ihm im Tal aus Markknochen Brühe zu kochen, aber Duncan schien bereits beruhigt, aß seinen Käse und ging folgsam zu Bett. Sarah, die nicht schlafen konnte, stellte sich wieder in den Türstock und sah frierend in die Nacht.
    Als sie vom Pfad her Geräusche hörte, ging sie, um nachzusehen. Eine der Kienfackeln brannte, und es war noch jemand beim Packen, Gormal natürlich, die unermüdliche, die mit ihrem Knecht den größten Kessel des Lagers zu den Handkarren trug. In den Kessel hatte sie Hausrat geladen, Töpfe und Pfannen, die in der Bewegung klapperten. Das Behältnis musste ein immenses Gewicht haben. Ben und Gormal waren etwa gleich groß und hielten im Gehen einen Gleichtakt, der verhinderte, dass der Kessel schwankte. Sarah wollte laufen und ihre Hilfeanbieten, aber etwas hinderte sie. Sie blieb im Schutz einer Kiefer stehen und sah zu, wie die beiden langsam ihre Bürde den Weg hinunterschleppten und dann, als sie schwer atmend die Karren erreichten, noch einmal Kräfte sammelten und den Kessel in die Höhe stemmten.
    Einen Herzschlag lang drohte er zu kippen, und Sarah sah schon all das Geschirr in die Tiefe klappern, doch vereint gelang es Gormal und Ben, ihn wieder aufzurichten. Unter Keuchen gaben sie ihr Letztes, dann stand das Behältnis auf dem Karren und brauchte nur noch mit Gurten festgeschnallt zu werden. Auch das taten sie, ohne sich durch Worte oder Zeichen zu verständigen, und als es erledigt war, lehnten sie sich kurz an das Gefährt und ruhten aus. Dann gingen sie den Weg zur Hütte wieder hoch, nicht schneller, als sie gekommen waren.
    Es war merkwürdig, sie so zu sehen, Ben und Gormal. Einmal blieben sie offenbar grundlos stehen, wandten die Köpfe und ließen ihre Blicke sich treffen. Bens Narbe leuchtete im Fackellicht auf, und Gormals Wangenmuskel war gespannt. Dann gingen sie weiter, die Arme von sich gestreckt, wie um die Last zu halten, und die Hände beieinander, Fingerspitzen an Fingerspitzen. Sarah stand wie gebannt, noch als sie in der Hütte verschwanden.
    Am Morgen trieben sie das Vieh ins Tal, und drei Tage später kamen die Männer. Der MacIain stach ein Fass an, und obwohl es fast Winter war, mithin die Zeit der Sparsamkeit, trugen alle ihr Scherflein nach Carnoch. Sarah brachte einen unterm Dach gerösteten Hahn, blieb aber nicht zum Feiern, sondern kehrte in ihr Haus zurück. Schon im Eintreten sah sie Sandy Og, den sie überall, aber nicht hier vermutet hatte. Er stand beim Kinderbett, das von der Decke hing, und betrachtete das Kind. Diesen Augenblick lang vergaß Sarah, was sie gequält hatte, die Bilder von ihrem Mann und Ceana, die Gedanken an den nächsten Frühling, sie sah nur Sandy Og und brauchtenichts. Er legte die Hand hinters Ohr und bog die Ohrmuschel auf. Um sich bemerkbar zu machen, ohne ihn zu erschrecken, scharrte sie mit dem Fuß. Sie wünschte, sie hätte gründlicher ausgefegt und von dem Hahn ein Teil behalten, sie hätte ihr schönes Arisaid umgelegt und sich das Haar frisch aufgesteckt.
    Er ließ sein Ohr los und drehte sich um. Diesmal zögerte sie nicht, sondern lief zu ihm. Wie im letzten Jahr war es unvorstellbar, all das wiederzuhaben, Haar und Wangen, Hals und Schultern, Duft in der Nase, Flüstern im Ohr.
    »Wie hast du sie genannt?«
    »Jean. Ist es dir recht? Ich fand, es könnte helfen, den Namen meiner Großmutter zu tragen.«
    »Jean ist hübsch. Und die Kleine ist besonders hübsch, oder nicht?«
    Ja, wie ihr Vater, du Schurke. Sooft ich dein Kind ansah, habe ich mich nach dir krankgesehnt. »Es ist nur ein Mädchen.«
    »Das trifft sich gut«, sagte Sandy Og. »Da kann sie Wurst machen, braucht nicht zu töten.«
    Er war mager geworden; das Haar hing ihm verfilzt in die Stirn, und sein Gesicht war grau. Er sah aus, als sei er tage- und nächtelang geritten. Sie hob die Hände und legte sie an seine Wangen, fuhr mit zwei Fingerspitzen die Brauen nach.
    »Sei mir nicht böse, Sarah.«
    In ihren Händen spürte sie die Kiefer, die beim Sprechen mahlten. »Hab ich Grund, dir böse zu sein?«
    »Ich habe furchtbaren Hunger.«
    Sie musste lachen. »Du könntest nach Carnoch gehen und Gesottenes essen, bis dir schlecht wird. Oder du könntest bei mir bleiben, aber es sind nur Brot und Käse im Haus.«
    Er runzelte die Stirn und überlegte. Dann griff er in ihr Haar und zog die schlampig gesteckten Nadeln heraus, dass es um sie fiel, ihr dichtes Haar, das ihr bis in die Taille reichte. »Ich weiß, was ich tue: Ich bleibe bei

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