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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Kameraden. Hill fragte Keppoch nach gemeinsamen Bekannten, und der selbstgefällige Chief rühmte sich seiner Heldentaten in Cromdale, obgleich er sich solch verheerender Niederlage eher hätte schämen sollen.
    »Ich hab meinen Haufen den Hang hoch in die Heide geführt. ›Da schläft sich’s weicher‹, hab ich gesagt, aber in Wahrheit dacht ich mir: ›Wenn’s in der Nacht Ärger gibt, sind wir im Nu überm Kamm.‹ Und genauso kam’s, Livingstone hat im Tal gewütet, während die meinen nach Ballindalloch entwischt sind. Das macht mir so schnell kein Fuchs nach, was? Hinterm Kamm sind wir dann auf Lochiel und Sandy Og gestoßen, denJüngsten vom MacIain. Und dieses Bürschlein, das mehr Feuer im Arsch hat, als so mancher denkt, sagt doch tatsächlich, es wolle seine Leute aus dem Tal holen, ich solle ihm drei Pistolen geben. Lochiel und ich, wir versuchen, ihn aufzuhalten. ›Lass gut sein, Grünschnabel‹, sagen wir, ›im Tal ist die Hölle los.‹ Aber der Verrückte hört nicht, geht mit den Pistolen zurück und schießt zwanzig Männer frei, die umzingelt in einer Erdspalte hockten. Eure Leute haben wohl gedacht, die Franzosen kommen, so wie Sandy Og rumgeballert hat. Die sind geflitzt wie die Hasen.«
    Sandy Og, erinnerte sich Rob, der ist schlimmer als sein Vater, der betrügt Männer um ihr Erbe und stiehlt Mädchen, als seien es Kälber.
    »Ja, so einen hättet Ihr wohl gern bei Euren schlaffen Gestalten!« Keppoch lachte meckernd. »Aber so was gibt’s nur bei uns, weil wir unser Fleisch und Blut nicht verzärteln, sondern es in Eiswasser baden, kaum dass es auf der Welt ist – und weil wir ihm keine Strafe ersparen, auch wenn es uns das Herz umdreht. Ich selbst hab just meinen eigenen Vetternsohn den Wölfen zum Fraß vorgeworfen, und obgleich es in mir blutet, weiß ich: ›Was verdorben ist, gehört geschnitten oder es verdirbt den Stamm.‹«
    Rob hing eigenen Gedanken nach, aber Hill merkte auf. »Ihr habt den Sohn Eures Vetters verstoßen, damit er in der Wildnis den Tod findet?«, fragte er. »Das erscheint mir erbarmungslos. Was muss ein Mann auf dem Gewissen haben, um so eine Strafe zu verdienen?«
    »Ein Mädchen«, erwiderte Keppoch, mit einem Schlag ernst. »Ihr habt lange genug hier gelebt, Hill. Ihr kennt unsere Gesetze, und die zwei heiligsten sind: ›Kein Mann verletzt das Gebot der Gastfreundschaft‹, und: ›Keiner tötet eine Frau von eigenem Blut.‹ Wer diese Gesetze bricht, hat das Recht verwirkt, einem Clan des Hochlands anzugehören. Versteht ihr? Wir hier in den Bergen mögen einer dem andern spinnefeind sein, dochunsere Regeln halten wir. Nehmt zum Beispiel den alten Rob und mich: Wir stehlen uns das Vieh und zausen uns die Bärte – wenn aber Rob in mein Tal kommt, ist mein Haus das seine, und wenn einer meiner Söhne eine seiner Töchter freite, wüsste ich das Haus meines Sohnes sicher vor ihm, denn ein Mann von Ehre legt an eine Frau von seinem Blut keine Hand.«
    »Und Euer Vetternsohn?«, forschte Hill nach, derweil Rob innerlich flehte, er möge sich einem anderen Gegenstand zuwenden. »Hat er Hand an eine Frau seines Blutes gelegt?«
    Keppoch schüttelte sich und nickte. »Er hat seine Base, die ihm anverlobt war, in Suff und Streit erschlagen. Dafür haben wir ihn in der Frühe in den Wald geführt und mit nichts als dem Hemd auf dem Leib zurückgelassen. Einem wie dem darf’s nicht erlaubt sein, den Namen MacDonald von Keppoch zu verdrecken!«
    Hill nickte zaudernd und schob seinen Teller beiseite. Die Schilderung war ihm offenbar auf den Magen geschlagen. Gewiss war er trotz seiner Schwäche für das Hochland von solch barbarischen Bräuchen entsetzt. Dass diese für den Bestand des Volkes in den Bergen unabdingbar waren, ließ sich keinem Sassenach erklären. Es ließ sich ohnehin nicht erklären, ein Mann hatte es im Blut oder nicht.
    Auch Rob war etwas auf den Magen geschlagen, er war nur nicht sicher, was. Nicht einmal der Wein half. Irgendeines von Keppochs Worten zerrte an seinem Herzen.
    »Her mit dem sauren Tropfen!«, rief der Gast. »Lasst uns jetzt von Erfreulichem sprechen. Es ist nett, Euch wieder hier zu haben, Hill – wenn auch in alten Tagen die Verköstigung an Eurer Tafel besser war. Aber der Willie muss ja für das Schiff nach Holland sparen, schließlich hat er die längste Zeit auf dem Thron gehockt, wenn im Frühjahr die Franzosen kommen.« Er lachte meckernd, fischte sich aus der Schüssel einen Fleischknochen und benagte ihn von

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