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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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verhandeln ist vergeudete Zeit. Delenda est Carthago .«
    Das verstand Rob. Er hatte gern Latein studiert, hatte die Stunden geliebt, die er unter dem Lob seiner Lehrer bei den feinen Künsten des Geistes verbringen durfte. Seine Mutter hatte dem jedoch bald ein Ende gesetzt, weil sie einen Sohn wollte, der Stämme schleuderte und mit bloßen Händen einen Bock erwürgte. Er kniff die Augen zu, um der Tränen Herr zu werden, und sah schon wieder Sandy Og MacDonalds Gesicht vorsich. Die schrecklichen Augen sprachen zu ihm, aber er verstand nichts, wollte nur zurückschreien: Ja, ich habe mich an dir vergriffen, dir deinen schlimmen Stolz gestutzt, aber ich habe dich nicht umgebracht! Ich hätte es tun können, in der einen Nacht. Und hab ich’s getan? Bin ich ein Schlächter, der einen Wehrlosen metzelt? Jean Campbells Sohn bin ich, dein Nachbar, und wenn sie von dir fordern, für mich Zeugnis abzulegen, wirst du ihnen nicht sagen, dass ich dir keinen Knochen in deinem Leib gebrochen hab?
    »Ist Euch nicht wohl, Rob?«, fragte Argyll. »Wird es Zeit, dass wir diesen Tag zur Nacht erklären? Ich gestehe, auch mich zieht es zu Träumen von meiner Peggy, und im Übrigen wundert mich nicht, dass Ihr erschöpft seid, nach allem, was Ihr für unsere Sache getan habt.«
    Nichts habe ich getan, nichts, nichts. Und ich kann auch nichts tun. Ich bin ein alter, müder, an Leib und Seele kranker Mann.
    »Darum habe ich angeordnet, dass Ihr bis nach Weihnachten hier in Eurem hübschen Nest bleibt, um Euch auszuruhen. Captain Drummond und Leutnant Hamilton stehen so lange Colonel Hill auf dem Fort zur Seite, sodass Ihr Euch um nichts zu sorgen braucht und wir Euch im neuen Jahr bei besten Kräften wiedersehen. Männer wie Ihr werden nämlich gebraucht. In jeder neuen Zeit werden die gebraucht.«
    Hatte Breadalbane ein letztes Mal aufbegehren wollen? Erneut trat Argyll hinter seinen Stuhl und berührte seinen Arm. »Und Ihr tut mir die Liebe und fangt nicht wieder von vorn an. Was tun wir denn mehr, als ein wenig ins Blaue zu plaudern, um uns die Zeit des Wartens zu vertreiben?«
    »Und wenn das Warten …«
    »Bester Oheim, selbst wenn das Warten sich als vergeblich erweist, wird mit Eurem Wissen ein Exempel statuiert. Den Rest des Weges gehen die, die den Mut dazu haben, allein.«

    Glencoe, so erzählten sich die Alten an den Feuern, war das Tal im Schatten, das dunkelste der Täler in Lochaber. Für Sarah aber, die im dreizehnten Jahr mit ihrem Mann und ihren Kindern hier lebte, war es ihr vertrautes Tal. Sie war angekommen, war eine aus Glencoe.
    Sie hatte erwartet, von Feinden empfangen zu werden oder in eine Welt zu treten, die ihr fremd geworden war, wie jener Sänger der Legende, der aus dem Feenreich heimkehrte und keinen mehr erkannte. Aber sie war nur Sarah, Frau von Sandy Og, die in den Armen ihres Mannes nach Hause ritt, auf dem Joch am Black Mount vom Pferd stieg und flugs loslief, um ihr brüllendes Kind in ihrem Haus zu füttern.
    Trotz Jeans Gebrüll war es ein wenig wie das erste Mal, als Sandy Og sie hergebracht hatte. Er hatte den Arm um sie gelegt, führte sie an ein paar starrenden Weibern vorbei und ließ sie nicht los, bis die Tür ihres Hauses sich hinter ihnen schloss. Nur hatte sie damals gedacht: Hierher will ich gehören, und dachte diesmal: Dem Himmel sei Dank, wir sind daheim. Zudem war damals kein aufgeschossener Neunjähriger auf sie zugehumpelt und hatte sich ihr an den Leib geworfen wie ein kleines Kind.
    Sie gingen zu viert in ihre Hütte und nahmen sie wieder in Besitz, schüttelten Decken aus, holten Wasser und Holz, und als endlich ein Feuer brannte, kochte Sarah eine ihrer schauderhaften Suppen. Sandy Og tat ihr ein bisschen leid, weil er aß, als sei die Suppe köstlich, und weil er nach all dem erlittenen Hunger wohl etwas Besseres verdient hätte, aber dann fand sie es nicht mehr so wichtig. Er hat nichts Besseres verdient, sondern mich. Und das bekommt er ganz.
    Als in der Nacht ihre Kinder schliefen, tat sie, was sie ihm versprochen hatte. Sie berührte ihn nicht und sah ihn nicht an, um ihn nicht zu beschämen. Deshalb blieben zum Lieben nur die Worte, mit denen sie sich beide so schwertaten. »Wenn dein Vater wiederkommt«, flüsterte sie in sein linkes Ohr, »wirst dumit ihm über den Eid sprechen?« Sein Vater war mit Ranald vom Schild unterwegs, und Sarah war froh darum.
    »Nicht sofort«, sagte er. »Ich warte auf Lochiel. Der hätte hier sein wollen, ist aber wohl aufgehalten

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