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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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könnt?«
    Jedes Mal war eine Übertreibung. Ein einziges Mal hatte er zuvor etwas umgestoßen, damals auf Achallader, und es war kein Getränk, sondern Tinte gewesen, die seinen Namen auf einem Dokument gelöscht hatte. Als schließe sich ein Kreis. Er schüttelte sich. Verlief dieses Gespräch nun doch wie all die anderen? Tuschelten Eingeweihte über seinen Kopf hinweg, ohne dass er ein Wort verstand? Beinahe wünschte er ebendies, wünschte, er könnte sich täuschen, zumindest vor sich selbst behaupten, er ahne nicht, warum auf dem Tisch seines Hauses eine Karte von Lochaber lag, warum ein Kreuz darauf gezeichnet war, warum ein Milchgesicht von Offizier seinen Finger in das Kreuz bohrte.
    »Kommen wir zurück zur Sache«, ordnete Argyll an. »Wir sind Euch aufmerksam gefolgt, Robert, für Eure ausführliche Darlegung sei Euch Dank. Darüber, dass Ihr in Glencoe Eure Nichte habt, sprachen wir ja schon früher, und wie mir berichtet wurde, hat sie Euch sogar kürzlich besucht. Demnach fiele einbaldiger Gegenbesuch von Euch alles andere als aus dem Rahmen, sehe ich das richtig?«
    Von Rob wurde keine Antwort erwartet. Er starrte auf seine Hände, auf die klebrige Spur des Whiskys, die sich über einen Handrücken zog. Ohne Zweifel verlor er den Verstand. Wenn er die Augen schloss, sah er nicht nur Sandy Og MacDonalds Gesicht, sondern glaubte auch, Pfeifen zu hören, dunkle Klänge, wie der Pfeifer seines Vaters sie geblasen hatte, fühlte seine Beine zucken, wie um den Tanz um den Weidenbaum zu tanzen, in den Armen ein Hochlandmädchen im weißen Arisaid.
    »Ich habe eine gute Nachricht für Euch«, sagte Argyll, der seine silbernen Becher aus dunklem Samt wickelte, um aus seinem eigenen Vorrat kostbaren Whisky auszuschenken. Er schob Rob ein gefülltes Gefäß zu. »Zwei gute Nachrichten, um genau zu sein. Es ist mir Freude und Ehre, meinen verdienten Offizieren gute Nachrichten zu bringen. Euch wird zum einen eine weitere Kompanie unterstellt, die ich schnellstmöglich nach Inverlochy verlege. Selbstredend erhöht sich dadurch Euer Sold.«
    »Im Winter …«, hörte Rob sich murmeln.
    »Ja, ja, ich weiß, im Winter schnarcht ganz Lochaber im Winterschlaf, und wer Bewegung vermeiden kann, tut ebendies. Doch werdet Ihr zugestehen, Robert, dass wir jetzt, da der Feind die ihm gebotene Hand so schnöde zurückweist, vor besonderen Verhältnissen stehen.«
    »Warum wartet Ihr nicht?« Endlich meldete sich Breadalbane zu Wort, doch von dem selbstherrlichen Spötter, dem durchtriebenen Fuchsgesicht war nichts mehr übrig. »Noch bleiben den Chiefs mehr als zwei Monate, um den Eid zu leisten.«
    »Gewiss, gewiss.« In Argylls Stimme schwang ein Lächeln. »Und dem erlauchten James Stuart bleiben mehr als zwei Monate, sie dazu zu ermuntern. Mein werter Oheim glaubt doch wohl nicht schon wieder, seine Gesandten seien unbemerkt in Richtung Frankreich geflitzt?«
    »Es sind nicht meine Gesandten!«
    »Natürlich nicht. Beruhigt Euch.«
    Rob hätte froh sein sollen, dass sie statt seiner den Vetter in die Mangel nahmen, dass der auf seine gerümpfte Nase bekam, was er verdiente, aber er dachte einzig: Wenn sie den verraten und verkaufen können, was können sie dann mit mir tun?
    Argyll war inzwischen hinter Breadalbane getreten, servierte ihm wie ein Diener Whisky und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Habe ich Euch nicht versprochen, Ihr kommt aus dieser Sache so weiß heraus, wie sich eine Jungfer ins Brautbett legt? Jetzt echauffiert Euch nicht länger. Gewiss warten wir. Wir warten so lange, wie unser König es von uns verlangt. Nur predigt doch Ihr mir ständig, im Winter verlege man besser keine Truppen, also verlegen wir sie jetzt und sind für den Fall der Fälle gerüstet. Und das bringt mich zu meiner zweiten Nachricht.« Er richtete sich auf und sandte sein schönes Lächeln wieder an Rob: »Captain Drummond hier, mit dem Ihr Euch ja schon befreunden konntet, führt die Kompanie meiner Grenadiere nach Fort William, damit Ihr dort endlich Verstärkung bekommt. Mit unserem Lochaber werden wir doch fertig, da brauchen wir nicht erst einen König zu bemühen, richtig?«
    Dalrymple hatte indessen aus dem Nichts sein Schreibgerät herbeigeordert und es auf der Karte ausgebreitet. Er sprach gestochen, als schreibe er auf Papier: »Die Barbarei dieser viehischen Leute und ihr völliger Mangel an Dankbarkeit sprechen eine glasklare Sprache, und ich bestreite nicht, dass mir das in die Hände spielt. Länger zu

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