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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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befolgen – wenn er sich selbst liebte, wenn er nicht des Todes sein wollte, wenn wenn wenn!
    Kurz war Rob, als höre er die Stimme seiner Mutter. Er rollte die steifen Schultern, um sich zusammenzureißen. »Ich muss gehen und meine Leute holen«, sagte er zu dem Mädchen, die sich auf seinem Bett zusammengekauert hatte. »Mach, dass du endlich wegkommst! Ich will dir das Schlimmste ersparen, Gott ist mein Zeuge, aber wenn du bei meiner Rückkehr noch hier bist, kann nicht mal der dir noch helfen.«
    Ohne sie noch einmal anzusehen, hob er den Befehl vom Bett auf, schob ihn sich in den Rock und ging. An der Tür dachte er, dass er noch etwas zu ihr sagen müsste, ihr noch einmal einschärfen, ihr Leben zu retten, doch als er es versuchte, merkte er, dass er keine Stimme mehr hatte.

    Der MacIain hatte vom Frühling geträumt, von den Ginsterknospen, die über Nacht aufplatzten, wenn man schon nicht mehr damit rechnete, und dem Duft der Wiesen, der in die offenen Türen drang und stärker trunken machte als sein viermal gebranntes Lebenswasser, das ihm in letzter Zeit nicht mehr gut bekam. Er träumte von den Weibern, die den Fluss entlang vor den Häusern saßen, Feuer schürten und Bannocks buken, runde Beltane-Kuchen, deren Würze die Lenden stärkte.
    Auch von seinen Kindern träumte er und von Morag im weißen Arisaid. Als er erwachte, ertappte er sich bei einem Lächeln und dachte, dass er all das nicht geträumt, sondern es sich im Halbschlaf gewünscht haben musste und dass diese Zeit nicht mehr weit war. Er würde sie in diesem Jahr genießen und die Belange des Clans mehr und mehr dem armen John überlassen, der danach lechzte und aufblühen würde. Dass ein junger Chief anfangs Fehler beging, war unvermeidlich und schadete wenig.Der MacIain lächelte noch immer. Dass ein alter Chief Fehler begeht, ist auch unvermeidlich und schadet womöglich mehr, aber bis hierher haben wir’s ja überlebt. Zudem hatten sie beide noch Sandy Og – und ihre klugen Weiber. Er würde mehr Zeit mit Morag verbringen, sich zu ihr setzen, wenn sie kochte, und sie fragen, was sie in all den Tagen, in denen er nicht hier gewesen war, getrieben und gedacht hatte.
    Im Dunkeln tastete der MacIain nach ihrer Hand, erwischte stattdessen ihren Arm und entdeckte, dass sie aufrecht im Bett saß. Im selben Herzschlag vernahm er das Hämmern und Rufen. Meine Söhne , dachte er zuerst, die zwei Sargnägel sind noch einmal zurückgekommen . Sein langsam erwachendes Zeitgefühl mahnte ihn jedoch, dass es dafür zu spät war, und gleich darauf erkannte er Leutnant Lindsays Stimme. Vermutlich war dem armen, viel zu pflichtbewussten Burschen nach einer Nacht auf Wache kalt. »Das ist der Leutnant Rotrock, was?«, fragte er Morag.
    »Wart. Ich seh nach.« Sie stieg aus dem Bett, nahm Feuerzeug aus der Lade und zündete eine Lampe an, was den MacIain freute, da er ihr beim Ankleiden zusehen konnte. Wie sorgsam sie selbst in der Eile war, und wie geschickt sie sich ohne Spiegel den Knoten schlang! An der Tür wurde weiter gehämmert, dann vernahm der MacIain die schlurfenden Schritte seines Dieners und schließlich das Schnarren der Riegel.
    »MacIain? Hier ist Leutnant Lindsay!«, schallte es gleich darauf aus dem Windfang die Stiege hinauf. »Unser Marschbefehl ist eingetroffen, und meine Männer und ich möchten uns bei Euch für Eure Gastfreundschaft bedanken.«
    Sprich doch gälisch, Lindsay, dachte der MacIain geradezu liebevoll und wälzte sich aus dem Bett. Wenn du wüsstest, wie grässlich dein Englisch ist, würdest du’s tun. »Bin gleich da!«, rief er durch den Türspalt. »Meine Morag schenkt Euch noch einen für den Weg ein.«
    Er drehte sich von der Tür weg, bückte sich nach seinemFeiliadh und machte sich daran, die Stoffbahnen um sein Nachthemd zu wickeln. Dabei sah er Morag an, die fertig angekleidet auf der anderen Seite des Bettes stand. Er fand sie so schön wie als Braut, wie als Mädchen, das ihm gegeben worden war, damit er es liebte und schützte, ihm Kinder machte und sie aufzog, mit ihm alt wurde und irgendwann starb. Er wünschte, er hätte mit ihr allein bleiben dürfen, aber die Soldaten, die auf ihren Whisky brannten, kamen schon die Stiege hochgepoltert. Eilig versuchte er, sich den Gürtel festzuzurren.
    Im nächsten Augenblick geschah etwas Seltsames, und es geschah so langsam, dass er es Zug um Zug beobachten und sich Zug um Zug darüber wundern konnte. Morag schrie. Noch im Schreien presste sie sich beide

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