Glencoe - Historischer Roman
verfluchten Teufelskuss kommt endlich Bonnie Dundee? Wir müssen hier weg, Ewen, oder wir haben König Jamie keinen Mann mehr zu bieten, sondern nur noch zersäbeltes Fleisch!«
Ewen stützte den Kopf in die Hände und starrte vor sich hin. »Du hast einen feinen Kerl zum Sohn«, murmelte er endlich.
» Zwei Söhne hab ich.« Der MacIain schüttelte den Kopf. Lochiel schien sein Anliegen nicht zu verstehen. Vor einem halben Leben hatte er einen Freund gehabt, der ihn ohne Worte verstand, aber das war vorbei.
»Dein Johnnie ist ja schon in aller Munde«, brummte der nun. »Von dem Kleinen dagegen spricht keiner, dabei hat der mir heute einen Mann gerettet. Willst du ihm von mir sagen, ich lasse ihm danken?«
»Sag’s ihm selbst«, knurrte der MacIain unwillig. »Kommst du jetzt endlich zur Sache?«
Sein Freund winkte ab. »Was Dundee betrifft, können wir nichts tun. Er wird hier sein, sobald es machbar ist. Genauso steht es um die fünftausend Mann, die König Jamie aus Irland schicken will: Was sich nicht machen lässt, lässt sich nicht machen. Gib acht auf deinen Sohn.«
Gib acht auf deinen Sohn – das war so viel leichter gesagt als getan. Der MacIain hatte Sandy Og noch nie verstanden. Wohl hatte er gemerkt, dass der Jüngere etwas schwer von Begriff war, wenn es um Dinge ging, die ein Mann nun einmal lernen musste, und ihn allzu oft bestrafen müssen. Doch er hatte es widerwillig getan, weil er sah, dass der Knabe nicht böswillig, sondern nur ein wenig anders war. Zudem ließ die Züchtigung Sandy Og verstummen und in seinen Augen etwas brennen, das dem MacIain Furcht einjagte. Es war, als versohle man dem Bengel nicht den Hintern, sondern geradewegs das Herz.
Letzten Endes hatte der MacIain den sonderlichen Sohn nach Edinburgh und Paris geschickt, um ihn studieren zu lassen. In den Gräuelmärchen des Sassenach konnte ein Chief des Hochlands kaum seinen Namen schreiben und nichts als Gälisch sprechen, aber das war Unsinn. Schließlich war der MacIain selbst in Edinburgh und Paris gewesen, auch wenn er zum Studieren nicht getaugt und jene Jahre erleichtert hinter sichgelassen hatte. Von Sandy Og war er überzeugt gewesen, er müsse dazu taugen, doch gerade der kam so elend und heimwehkrank zurück, als sei er um ein Haar am Heimweh verreckt. Im Stillen fragte der MacIain sich seither: Wozu taugte der nun eigentlich?
Drei Tage später war die Arbeit des Morgens von triumphalen Pfeifenklängen unterbrochen worden. Bonnie Dundee, der Heerführer der Clans, war geleitet von seinem Bannerträger über den Pass gekommen. Er ritt einen schimmernd gestriegelten Braunen, trug einen purpurnen Mantel und am Bonnet frisches Grün. Hätte sich einer den Retter seiner Träume ausgemalt, hätte er aussehen müssen wie der Feldherr aus dem Tiefland.
Während alles johlte und Mützen warf, gönnte sich der MacIain einen tiefen Atemzug. Wir sind davongekommen , dachte er, wieder einmal, und vielleicht sind ja die Teufel an der Wand nur Hirngespinste, die im Pfeifenlärm verpuffen. Vielleicht kommen wir auch dieses Mal zu guter Letzt davon und alles bleibt, wie es war.
Rob von Glenlyon war zufrieden. Die Hochzeit war vorüber. Sie war zwar nicht aufwendig gewesen, nicht so, wie ein Laird der Campbells sie sich für seine Tochter wünschte, aber immerhin so, dass er sich ihrer nicht zu schämen brauchte. Es war geschlachtet worden, wenn auch kein Rind; es hatte in Most gedämpfte Dumplings gegeben, wenn auch mit wenig Honig; es waren Wein und Bier geflossen, wenn auch kein Lebenswasser. Die Männer hatten sich beim Spiel vergnügt, und Rob hatte noch einmal den Fichtenstamm genommen und ihn weiter als jeder andere geschleudert. Hernach hatte die Musik zum Tanz aufgespielt, und die Mädchen mit den roten Wangen standen Schlange wie einst, um mit Rob zu tanzen.
Es war gut gegangen. Aufatmend lehnte Rob sich an die Häuserwand und sah den Mägden zu, die im Fackellicht die Tische abräumten. Die erste Tochter war aus dem Haus, die unschöne Annie, die nach Helen kam. Der Schwiegersohn war ein Glücksfall, ein Verwandter aus der Cawdor-Linie, dem ein üppiges Erbe zufallen würde und der zufällig wie der künftige König Willie hieß. Rob bezweifelte nicht, dass der Willie auch in Schottland künftig König sein würde. Männer wie Argyll setzten ihr Geld schließlich nicht auf Verlierer.
Andere dachten offensichtlich ebenso, denn seit Argyll sein Geld auf Rob gesetzt und ihm aus der Klemme geholfen hatte, bekam er
Weitere Kostenlose Bücher