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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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der große Mann, sondern ein Trupp müder Reiter. Eiblin und Ceana gingen der Schar entgegen, und von den Feuerstellen schlossen sich ihnen die Wächter an, sodass schließlich ein gutes Dutzend Menschen hinter den ersten Häusern wartete, um die Reiter zu empfangen. Bald waren sie an ihrem Tartan zu erkennen; es waren Stewarts aus Appin, auf dem Weg nach Hause.
    »Dann kommen die Unseren auch?«, rief der Jüngste der Wächter, der noch nicht gelernt hatte, sich zu beherrschen.
    Ceana hatte einen Augenblick lang dasselbe gehofft, dann aber gesehen, wie zerrupft und mager diese Männer waren und wie erloschen ihre Mienen. Vielleicht war es gut, dass der MacIain und sein Haufen noch nicht kamen, vielleicht war es ein gutes Zeichen.
    Die Männer hielten ihre Gäule an. Ein kleiner stämmiger Kerl an der Spitze der Reiter hob sein Bonnet zum Gruß. »John Stewart von Ardshiel bin ich, komme mit fünfzehn Mann.« Er sprach nicht, sondern brüllte, wenn auch mit wenig Kraft. »Wir brauchen ein Nachtlager, ein bisschen Fleisch und Futtersäcke. Wir können nicht mehr weiter.«
    Ehe einer der Wächter antworten konnte, ergriff Eiblin das Wort: »Ich bin die Schwiegertochter des MacIain, ich spreche für ihn. Seid willkommen.« Einem Gast sagte man nicht, dass einem die Rinder wegstarben, dass man seit Wochen von Hafergrütze lebte und kein Fleisch entbehren konnte, einem Gast sagte man nur: Seid willkommen .
    Als die Männer sich anschickten, von den Pferden zu steigen, platzte der junge Wächter mit der Frage heraus, die Eiblin nicht gestellt hatte: »Wie steht es denn um die Unsrigen? Kommen die nicht bald heim?«
    Der kleine Ardshiel schüttelte müde den Kopf. »Ich bring ein paar Leute nach Hause, weil ich für meinen Chief nach dem Rechten sehen muss, sonst geht ja alles vor die Hunde!«, brüllte er, als sei er taub. »Aber wer kann, bleibt bei General Cannon und marschiert mit ihm auf Perth. Wir haben einen Eid geschworen, haben’s richtig aufgesetzt, mit Brief und Siegel und allem, und Euren MacIain, den kriegten keine zehn Pferde jetzt zurück.«
    Offenbar hatte niemand mehr etwas zu sagen, stattdessen halfen alle den Gästen mit Pferden und Gepäck. Allein Ceana fasste sich ein Herz und fragte: »Auf Perth geht es also?«
    »Zuerst müssen wir Dunkeld nehmen«, erklärte Ardshiel. »Wird nicht leicht, ist eine ziemlich große Stadt mit Kathedrale. Aber Killiecrankie war auch nicht leicht, ein verdammt hartes Stück Arbeit war Killiecrankie, und König Jamie schickt ja Verstärkung. Auch soll nur ein einziges Regiment in Dunkeld stehen, diese komischen Heiligen, Clelands Leute.«
    »Weshalb sind das Heilige?«
    »Wer weiß! Die sollen Psalmen singen, wenn sie kämpfen.« Gutmütig tätschelte Ardshiel Ceana den Arm. »Hast deinen Liebsten da draußen, deinen hübschen Burschen?«
    Ohne nachzudenken, nickte Ceana. Zugleich fühlte sie Eiblins Blick auf der Wange.
    »Kannst stolz auf ihn sein!«, brüllte Ardshiel. »Die kämpfen wie Wölfe, unsere Männer von Killiecrankie sind ein Ruhmesblatt für König Jamie! Auch wenn’s ihn erwischt hat oder in Dunkeld erwischt – sei stolz und schätze dich glücklich, Mädchen!«
    Eiblin und Ceana halfen den Männern noch, in den unbewohnten Hütten ihr Lager aufzuschlagen, dann machten sie sich wieder an den Aufstieg. Eiblin wäre gern über Nacht im Tal geblieben – es sei schon spät, trug sie vor, und es graue ihr davor, mit John, der sie nicht anfasse, das Bett zu teilen. Ceana jedoch bestand darauf, gleich aufzubrechen. »Die anderen hoffen doch auf Nachricht. Ich mag sie nicht unnötig warten lassen.«
    Ausnahmsweise widersprach Eiblin nicht, und sie fragte auch nicht, warum Ceana Ardshiel gesagt hatte, sie bange um ihren Liebsten. Stattdessen hielt sie hinter der Senke mit den Nachtschatten kurz inne: »Was ich vorhin gesagt habe, über Sandy Og, das tut mir leid. Er mag sein, wie er will, aber gernhaben muss man ihn ja, und das mit John ist wirklich nicht seine Schuld.«

    Der Weg nach Perth würde ein Kinderspiel werden, hatte der MacIain geglaubt – nur fünfunddreißig Meilen, und das bei halbwegs mildem Wetter. Unterwegs würden sie die Kathedralenstadt Dunkeld einnehmen, in der nur ein Haufen bewaffneter Betschwestern zur Verteidigung stand. Ein leichter Sieg – genau das, was die Männer nach Dundees Tod brauchten.
    Der Eid, wiewohl schriftlich aufgesetzt, ersetzte den Feldherrn nicht. Er hielt zwar einen Kern zusammen wie eine vom Rost schon

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