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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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trotzig flatternd, taumelnd wie ein Schmetterling auf seinem ersten Flug.
    Unbemerkt von ihr war eine schwarze Gestalt am Rande der Weide aufgetaucht. Die Schafe schlackerten nervös mit den Ohren. Dann drehte der Wind und verriet ihnen, dass es nur Beth war, die da auf ihre Weide kam. Beth auf der Suche nach guten Werken. Lautlos wie ein Geist glitt sie auf Rebecca zu. Wenn Rebecca sie bemerkte, zeigte sie es nicht. Sie saß und pfiff und drehte nicht einmal den Kopf.
    »Es tut mir Leid«, sagte Beth. »Diese Heiden!«
    Rebecca pfiff.
    »Sie werden hier kein Glück haben«, sagte Beth. »Eddie sagt, das ist ein Sicherheitsschloss. Unmöglich, dass Sie das aufbekommen.«
    Noch immer pfiff Rebecca, als sei Beth gar nicht da.
    »Kommen Sie mit«, sagte Beth. »Sie können bei mir schlafen.«
    »Ich gehe nie wieder in dieses Dorf«, sagte Rebecca mit ruhiger Stimme.
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Wer war Wesley McCarthy?«, fragte Rebecca dann.
    »Was?« Beth schreckte aus ihren Gedanken auf.
    »Wesley McCarthy. Ich bin die Zeitungsarchive durchgegangen, wissen Sie. Vor sieben Jahren. Als Sie in Afrika waren. Wesley McCarthy ermordet im Steinbruch gefunden. Ein anonymer Anrufer hat es gemeldet. Keine Verdächtigen, keine Verhaftung, nichts. Sofort wieder aus den Schlagzeilen. Ich glaube, das ist es, was Sie gesucht haben.«
    »Wesley McCarthy!« Beth griff nach ihrem glitzernden Halsgehänge. » Wiesel McCarthy. So haben sie ihn genannt!«
    Rebecca hob die Augenbrauen.
    »Es gab viel Gerede, seinerzeit. Keiner wusste, wo er herkam. Was er ausgerechnet in Glennkill zu suchen hatte. Aber Geld hatte er. Hat Whitepark gekauft und herrichten lassen. Eine Zeit lang hat er da ganz still gewohnt. Dachten wir. Beliebt war er damals. Nachher haben natürlich alle behauptet, dass sie gleich ein komisches Gefühl hatten.«
    »Und dann?«
    »Erst sah alles ganz gut aus«, sagte Beth. »Im Mad Boar haben sie alle an seinen Lippen gehangen, wenn er erzählt hat, wie er zu Geld gekommen ist. Als kleiner Bauer hatte er angeblich angefangen, und dann …« Sie lachte spöttisch. »Die Leute haben ihm ihr Geld geradezu aufgedrängt. Geldanlage im Ausland. Die ersten haben sogar etwas davon wiedergesehen. Na ja«, sie zuckte mit den Achseln, »den Rest können Sie sich ja denken.«
    Rebecca nickte.
    »Aber danach ging es erst richtig los«, sagte Beth. »Er hat nach und nach Land zusammengekauft. Direkt hier neben der Weide, und dann bis fast zum Dorf. Alles seines, damals. Er hat gut gezahlt, und die Leute hatten eigentlich keine Wahl. Die hatten ja kein Geld mehr hier. Niemand hat gefragt, was er mit dem Land machen wollte. Nicht am Anfang, jedenfalls. Und dann war’s zu spät.«
    »Zu spät für was?«
    »Ein Schlachthof sollte dort hin. Irlands größter Schlachthof. Als ich nach Afrika aufgebrochen bin, haben alle fieberhaft diskutiert, wie sie das verhindern könnten. Bürgerinitiativen, Petitionen. Und als ich zurückkam: nichts. Whitepark stand leer, und dass er ermordet wurde, höre ich heute zum ersten Mal.«
    »Was ist so schlimm an einem Schlachthof?«, fragte Rebecca.
    Beth lachte traurig. »Haben Sie schon mal einen gesehen? Der Gestank! Die Viehtransporte! Höllisch. Das hätte sie ruiniert, alle zusammen. Den Tourismus sowieso, alle Bed & Breakfasts, den Mad Boar, aber auch die ganzen Bauern, die wären ihr Fleisch doch nicht mehr losgeworden. Wissen Sie, so sind die Leute hier, sie mögen sich noch so sehr über den hergelaufenen McCarthy aufregen, aber ihr Fleisch hätten sie dann doch da gekauft, wo es am billigsten ist.«
    »So war das«, sagte Rebecca. »Ich glaube, ich möchte es gar nicht so genau wissen. Jetzt nicht mehr.«
    Sie blickte zu Beths schwarzer Vogelscheuchengestalt hinauf.
    »Ich bin hierher gekommen, weil ich alles über ihn wissen wollte. Vor allem, warum er ermordet wurde, so kurz bevor …« Sie brach ab und fuhr sich mit dem Zeigefinger den Nasenrücken hinauf bis zur Stirn. Es war eine Geste, die die Schafe von George kannten.
    »Er hat mir einen Brief geschrieben«, sagte sie dann, »und ich habe mir Zeit gelassen, ihm zu antworten. Lass ihn schmoren, dachte ich mir.« Sie schluckte. »Wir hätten uns bestimmt versöhnt.«
    »Das glaube ich auch«, sagte Beth.
    »Wirklich?«, fragte Rebecca.
    »Wirklich«, sagte Beth.
    »Ich weiß jetzt ein bisschen, wie er gelebt hat, am Rande dieses … dieses Dorfes. Es ist das erste Mal, dass ich ihn bewundere.«
    Sie schwiegen. Als hätten sie einen Ton

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