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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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auszustrahlen schien, dass er der lange Arm des Gesetzes sei.
    »Also, dann erzähle ich Ihnen einfach, was mir erinnerlich ist«,
fuhr er fort, ohne auch nur im Geringsten auf das Mädchen zu achten, das ihm
einen frisch gepressten Orangensaft und ein Stück Nusstorte hinstellte.
    »Eines ist bei dieser Sache klar: Es war ein Unfall. Nicht dass Sie
mir wieder damit kommen, wir hätten damals unsere Aufgaben nicht ordentlich
gemacht …«
    Schwarzenbacher spitzte die Lippen, als dächte er nach, ob er etwas
erwidern oder doch besser schweigen sollte. Eine Entscheidung erübrigte sich,
da Kröninger ohne Umschweife fortfuhr.
    »Ich vermute, dass Sie am meisten interessiert, was nicht Einzug
gehalten hat in die Akten. Nun, ich kann mich schon noch an vieles erinnern,
das Beste wäre aber sicherlich, im Archiv vom ›Tiroler Stern‹ zu schmökern. Mit
der zweifelsfreien Klärung des Unfallherganges war ja längst nicht alles vom
Tisch. Das Mädchen war nicht sofort tot. Es verstarb in der Uniklinik.
Allerdings sind von dem Zeitpunkt, da der Wagen von Spiss ins Schleudern geriet
und über den Fahrbahnrand hinausschoss, bis zum Zeitpunkt des Todes mehrere
Stunden vergangen. Schon vom Unfallzeitpunkt bis zur Bergung durch die Rettung
verging geraume Zeit. Hier ist für mich der Knackpunkt: In dieser Zeit war
jemand an dem Autowrack und hat ein Foto gemacht. Am nächsten Tag war es in der
Zeitung. Will sagen, als dieser Mensch dort fotografiert hat, war das Mädchen
noch am Leben. Ganz offensichtlich hat er nicht geholfen. Wir vermuteten, dass
er auch erst mit zeitlicher Verzögerung – und natürlich anonym – die Rettung
verständigt hat.
    Nun will ich, bei aller gebotener Skepsis, diesem Kerl – ich
vermute, es war ein Mann, der da mitten in der Nacht fotografiert hat –
zugutehalten, dass er davon ausgegangen ist, dass beide Insassen des Fahrzeugs
schon tot waren. Dennoch habe ich natürlich Ermittlungen angestellt. Allerdings
beißt man bei der Journaille auf Granit. Die kommen einem dann mit
Informantenschutz. Der damalige Chefredakteur des ›Tiroler Stern‹ war
jedenfalls nicht bereit, den Namen des Fotografen zu nennen, von dem er das
Foto hatte. Ich hätte ihm gern die Hölle unterm Hintern heißgemacht, das dürfen
Sie mir glauben …«
    Schwarzenbacher lächelte. »War wohl nicht gewünscht, oder? Wer hätte
auch Interesse gehabt, diese Geschichte weiter in die Länge zu ziehen? Spiss
und seine Familie wohl kaum. Und die Justiz und die Polizei verscherzen es sich
bekanntlich nicht gerne mit der Presse. Haben die Eltern von dem Mädchen
mitbekommen, dass es unter Umständen hätte gerettet werden können?«
    Kröninger trank von seinem sämigen Orangensaft.
    »Was heißt gerettet. Der Arzt, der in der Unfallnacht versucht hat,
ihr dieses Leben zu retten, hat mir erklärt, dass es nie mehr ein normales
Leben geworden wäre. Immer ein Intensivst-Pflegefall. So etwas, wo unsereins
sagt: Wäre besser gestorben …«
    »Die Eltern werden das anders gesehen haben.« Ellen hielt sich
normalerweise sehr zurück bei Schwarzenbachers Gesprächen über Verbrechen, über
Täter und Opfer. Aber in diesem Moment konnte sie einfach nicht anders – sie
verfügte nicht über das dicke Fell eines Staatsanwaltes, sie musste sich
einfach in die Lage der Mutter versetzen.
    »Ganz recht«, sagte Kröninger. »Die Eltern haben das anders gesehen.
Sie haben es, und damit komme ich auf Ihre Frage zurück, mein lieber
Schwarzenbacher, irgendwann natürlich erfahren. Sie wissen es ja selbst: Aus
jeder noch so geheimen Ermittlung sickern immer auch Informationen nach
draußen. So auch hier. Ob es in der Polizei oder im Klinikum eine undichte
Stelle gab, das könnte ich nicht sagen. Ich weiß es wirklich nicht. Eins aber
ist gewiss: Die Presse und da insbesondere unser allseits so geliebter ›Tiroler
Stern‹ hat dabei eine unrühmliche Rolle gespielt.«
    »Denken Sie, dass die Journalisten sich die Informationen
erschlichen haben?«, fragte Schwarzenbacher.
    »Wäre möglich. Ist mittlerweile aber auch egal. Vielleicht sind sie
ihnen auch nur angeboten worden, von einem Krankenpfleger vielleicht. Das
wirkliche Problem ist, dass sie diese Informationen veröffentlicht haben. Damit
ist das Leid der Eltern ins Unermessliche gewachsen.«
    »Und die Zeitung hat dann eine never ending Story draus gemacht,
stimmt’s?«, fragte Schwarzenbacher. »Immer die gleiche Scheiße. Eins allerdings
kann man festhalten: Die Eltern konnten noch von

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