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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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schnell vergessen hat, das macht vieles einfacher. Ich gönne es ihm von Herzen.
    Was für ein Wochenende!
     
    Am Montag hole ich Kontoauszüge. Huch, wieso bin ich denn plötzlich im Plus? Dann stelle ich fest, dass Strawberry mir zehntausend Euro überwiesen hat. Bei Verwendungszweck steht »Pauschale für Einkleidung«. Hui. Ich, die ich seit Jahren zu H&M gehe, kann ja jetzt mal richtig die Wutz rauslassen.
    Zu Hause ist ein Brief von Frau Schneider von Strawberry, die
mich bittet, Kontakt mit Estefania Huber, der Typberaterin, aufzunehmen. Also rufe ich Frau Huber an. Frau Huber ist nicht etwa freundlich am Telefon, sie behandelt mich, als sei ich eine Strafgefangene in einem Arbeitslager in Stalingrad und sie die Aufseherin mit dem Namen Kasalinka Dermisova, die mit zurückgekämmten Haaren und schweren Lederstiefeln den Gefangenen, die in Eisenketten darben, Zucht und Ordnung beibringt und ihnen die Kohlsuppe streicht, wenn sie einen schlechten Tag hat. Ich habe jetzt schon Angst.
    »Ich bin schon gebrieft«, schreit Frau Huber. »Da gibt es ja einiges auszumerzen. Ich bin übermorgen bei Ihnen. Wir treffen uns am Hauptbahnhof, da holen Sie mich bitte ab, und dann müssen wir schauen, wie wir das am besten hinkriegen mit Ihnen!« Sie tut ja gerade so, als sei ich eine Aussätzige, bei der Hopfen und Malz verloren ist. Eingeschüchtert sage ich zu. Frau Huber brüllt abschließend, dass sie um 14 . 03 Uhr ankommt und ich pünktlich sein soll. Wie ich mich kenne, werde ich bereits um eins am Gleis vier stehen, von Panik gebeutelt.
    Marius, der das Gespräch mitbekommt, meint, dass ich endlich mal selbstbewusster auftreten soll. »Die Frau wird dafür bezahlt, dass sie mit dir losgeht«, meint er böse. »Der hätte ich was anderes erzählt.«
     
    Am übernächsten Tag stehe ich aber dennoch um eins am Gleis vier. Mit schlotternden Knien. Ich traue mich nicht, einen Kaffee trinken zu gehen oder aufs Klo, aus Angst, dass der ICE aus Berlin früher eintrifft und ich anstelle eines freundlichen Hallo eine Peitsche über den Rücken gezogen bekomme. Das hat zur Folge, dass ich so dringend aufs Klo muss, dass ich ständig aufund abspringe. Ein ungefähr zehnjähriges Mädchen kommt auf mich zu und fragt, ob mein Hüpfseil eine Tarnkappe aufhat.
    Pünktlich um 14 . 03 Uhr kommt der ICE aus Berlin. Ich erkenne Frau Huber sofort. Sie ist ungefähr zwei Meter groß und top gekleidet. Kein Makel. Alles aufeinander abgestimmt. Grauer Hosenanzug aus Cashmere, weiße Bluse, dezenter Silberschmuck, passende Brille. Die Haare frisiert wie die Frau in der Drei-Wetter-Taft-Werbung: Morgens Berlin. Leichter Nebel.
    Mittags Rom. Die Sonne brennt. Abends Hamburg. Starker Nordwestwind. Die Frisur sitzt.
    Ich mutiere zum Säugling in meinen Jeans und Turnschuhen.
    Entsetzt fällt mir ein, dass ich in Turnschuhen immer Schweißfüße habe. O nein!
    Frau Huber hat noch eine Assistentin dabei, die sich pikiert als Laura von Castellani vorstellt. Sie gibt mir nicht die Hand, sondern nur die Fingerspitzen, ich glaube, sie ekelt sich vor mir. Ich mutiere zum Embryo.
     
    Die nächsten beiden Stunden sind der reinste Horror. Mit einem Taxi geht es in die Innenstadt Frankfurts, dort befiehlt Frau Huber, dass wir die Goethestraße aufsuchen. In der Goethestraße befinden sich nur Designerläden. Unsere erste Station ist Versace. Ich versuche, die Tür zu öffnen, was aber leider nicht geht, weil man bei diesen gar so edlen Geschäften klingeln muss, um Einlass zu bekommen. Frau Huber quittiert meine Unkenntnis mit einem milden Lächeln und begrüßt die Verkäuferin, die uns schließlich öffnet, mit einem »Monique, ach ist das lange her, ich meine, das letzte Mal habe ich dich und Fabian auf den Bermudas getroffen!«
    Monique gibt Bussi links und rechts und sagt: »Nein, das war auf den Fidschis«, woraufhin Frau Huber sich an die Stirn greift und lauthals schreit: »Natüüüüüürlich, wie konnte ich das verwechseln, was hatten wir ein Champagnerbad abends in der Lobby! War es nicht Pommery?«
    »Nein, Piper Heidsieck!«
    »Aber ja, aber ja!«
    Ich glaube, ich würge. Ich KANN solche Weiber nicht ausstehen.
    »Aber du, Estefania, was kann ich denn heute für dich tun?«, fragt Monique.
    »Das ist in der Tat ein Problem«, sagt Estefania und blickt mich von oben bis unten an. »Wir müssen die da zur Talkshowmoderatorin umbürsten. Jedenfalls outfitmäßig.« Sie hebt abwehrend die Hände. »Ich weiß, das ist eine kaum zu bewältigende

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