Glitzerbarbie
Briefing ist geplant, dass sie eine kleine Livevorstellung geben wird. Allmächtiger. Ich hoffe nur, dass sie keine Säure in meine Richtung verschüttet.
Nummer zwei ist ein Ehepaar. Er Deutscher, sie Thailänderin. Er findet es gut, dass sie Thailänderin ist, weil die ja so unterwürfig sind, und er möchte auch gar nicht, dass sie Deutsch lernt. Sie hat auch, wenn seine Freunde zum Biertrinken kommen, zu bedienen und ansonsten in einer Ecke auf dem Boden zu knien. Sie, also die Thailänderin, findet das angeblich nicht schlimm. Wie, bitte, soll sie auch zum Ausdruck bringen, dass sie irgendetwas schlimm findet, wenn sie kein Deutsch spricht?
Auf diesen Mann freue ich mich ganz besonders. Ich werde dafür sorgen, dass die Scheidung noch während der Aufzeichnung rechtskräftig wird. Oh ja.
Nummer drei: Ein Mann, der sagt, er würde seit über zwanzig Jahren mit genau drei Worten auskommen. Dieser Mensch würde nie mein Freund werden. Außerdem frage ich mich, wie er das Vorgespräch mit einem aus der Redaktion geführt hat. Hallo. Ja. Nein. Keine Ahnung. Das sind allerdings schon fünf Worte. Mein Magen knurrt, aber ich darf ja nichts essen. Also hole ich mir einen Kaffee und setze mich hin, um mir die seitenlangen Infos durchzulesen. Felix kommt alle zwei Minuten angesprungen und fragt, ob ich noch irgendwas brauche. Ich brauche aber nichts. Und ihn am allerwenigsten.
Gero ruft an. Er ist mit Tom und Richard beim Schorsch, und gleich kommen noch die anderen. Sie werden einen gemütlichen Abend haben, während ich allein durch Berlin laufe, wo es in Strömen regnet, um dann irgendwann durchnässt in dieses blöde Hotel zu latschen, um mich dann allein in das King-size-Bett zu legen, um dann allein einen bekloppten Film zu sehen und dann allein einzuschlafen. Allein. Ich fühle mich so allein.
Gegen 19 Uhr bin ich fertig und kann gehen. Ich warte nur darauf, dass ich noch ein Formular unterschreiben muss, in dem ich mich verpflichte, ab 19 Uhr nichts mehr zu essen. Felix gibt
mir noch einen Haufen Sachen zum Lesen mit und Tipps, wie man so in die Kamera schaut, dass man nicht aussieht, als ob man gleich kotzen müsste.
Und dann stehe ich mutterseelenallein in Berlin, und es regnet tatsächlich. Verzweifelt wähle ich Marius’ Nummer, aber auf seinem Handy ist nur die Mailbox dran, und bei uns zu Hause höre ich meine eigene Stimme auf dem Anrufbeantworter. Wo ist er? Nutzt er es aus, dass ich ein paar Tage nicht daheim bin, um sich gleich die Nächste zu angeln? Um mir dann irgendwann zu sagen, dass es doch nicht das Wahre gewesen ist mit uns? Um mir meine gepackten Koffer vor die Tür zu stellen und zu mir zu sagen: »Deine Post schicke ich dir an die neue Adresse nach, Caro, aber wir bleiben doch Freunde?«
Und dann, wenn ich sowieso schon am Boden zerstört bin, treffe ich ihn mit Elle MacPherson oder Naomi Campbell auf irgendeiner Presseveranstaltung, und er will sie mir auch noch VORSTELLEN ! Um dann …
»Passen Sie doch auf! Sind Sie verrückt geworden???« Erschrocken blicke ich auf, um festzustellen, dass ich mitten auf einer Hauptstraße stehe und fast von mehreren Autos gleichzeitig überfahren worden wäre. Ich bin also auch noch zu blöd zum Laufen.
Im Hotelzimmer liegt unter anderem eine überdimensionale Speisekarte. Rinderfiletsteak in Roquefortsoße mit Kroketten und Sahnegemüse. Tagliatelle im Pfifferlingsrahm. Mousse au chocolat. Bayerische Creme. Rote Grütze mit Vanillesoße. Und ich müsste es noch nicht mal bezahlen. Ich bleibe standhaft und beschließe, mir ein Bad einzulassen, schon allein aus dem Grund, weil die Badewanne einen integrierten Whirlpool hat und so groß ist wie das Nichtschwimmerbecken im Hallenbad von Watzelborn. Außerdem riecht der Badezusatz so toll. Man
kann den Whirlpool so regulieren, dass er ganz langsam konstant läuft. Herrlich, hier kann man wirklich fast schwimmen.
Ich glaube, ich schütte noch ein wenig Badezusatz rein. Wenn schon, denn schon. Meine verspannten Schultern entspannen sich durch den Massagestrahl. Nur ein bisschen dösen, nur ein bisschen.
Ich träume von der Talkshow und dass ich ganz erfolgreich bin. Lauter Leute drängen sich auf einer Veranstaltung um mich und wollen Autogramme oder ein Foto. Sie rufen ununterbrochen: »Hallo!!!« Ja, ja, schon gut, ich kann ja nicht alles auf einmal machen. Jemand rüttelt mich an den Schultern. Ich mache die Augen auf und sehe nur Köpfe. Köpfe, die mich ungläubig und böse
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