Glitzerbarbie
mir nichts, dir nichts eine eigene Talkshow angeboten zu bekommen. »Na ja, wenn Sie ein paar Wochen auf einer einsamen Insel leben und irgendwann nackt am Strand stehen und zwei Männer, die auf einem Segelboot Rochen suchen, Sie zufällig finden, dann würden Sie aus Mitleid wohl auch eine Talkshow angeboten bekommen.« Das finden wieder alle ganz witzig. Sylvester ist außer sich: » HARHARHAR !!!«, macht er ununterbrochen.
Da wedelt eine Frau mit der Hand. »Ja bitte!«, das ist wieder Sylvester.
»Sagen Sie, Frau Schatz, in der Pressemeldung steht, dass Sie spontan, äußerst witzig und ungemein schlagfertig sind.«
Oh nein. Hab ich es nicht gleich gesagt? Man soll nie lügen, und gerade in Pressemitteilungen nicht. Das ist fast so schlimm wie in Reisekatalogen. »Meerblick« heißt da gerne mal: Im Hotelzimmer hängt eine Fototapete mit dem Pazifischen Ozean drauf.
»Ja, und?«, höre ich mich sagen.
Die Frau grinst süffisant. »Ich frage deswegen, weil ich hier ein Schreiben vorliegen habe, das leider keinen Absender hat.«
Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Jetzt kommt das mit den Schulbroten raus. Oder dass ich in meiner Ausbildungszeit mal einen Kugelschreiber in der Firma geklaut habe. »Was steht denn drin?« Das bin ich, die da gefragt hat. Bin ich denn von allen guten Geistern verlassen?
»Wollen Sie das wirklich hören?«, das ist jetzt wieder Frau »Ichweiß-etwas, -was-ihr-nicht-wisst«. »Äh nein«, sage ich schnell, um das Schlimmste zu verhindern.
»Ich lese es Ihnen trotzdem gern vor«, sagt Frau Wichtig und faltet ein Blatt Papier auseinander. Gleich werde ich ohnmächtig. »Also:
Frau Schatz ist selbstbewusst und unschlagbar. Dass ich nicht lache. Sprechen Sie Frau Schatz mal auf ihr Gewicht und ihren Hintern an.
«
Ein Raunen geht durch den Saal, dazwischen Gekicher.
Roland Dunkel. Es kann nicht anders sein. Ich fahre sofort nach Hamburg, sofort, von Berlin aus bin ich in knapp zwei Stunden da. Ich werde zu dieser komischen Segelredaktion gehen und die Dame am Empfang k.o. schlagen, sollte sie es wagen, sich mir in den Weg zu stellen. Dann werde ich das Büro von Herrn Dunkel stürmen, ihn würgen, mit seinem Kopf einen
Monitor einschlagen und ihn dann auf ein Boot schleifen. Und dann werde ich mit ihm unter Motor, unter Motor, weil ich ja nicht segeln kann, bis kurz vor Rungholt fahren, und dann versenke ich das Boot. Aber erst, nachdem ich Roland Dunkel einen Doppelzentner Pflastersteine am Körper festgeklebt habe.
Und ich? Was wird aus mir, wenn das Boot sinkt? Ich muss dafür sorgen, dass ein kleines Schlauchboot an Bord ist. So mache ich das.
Ich stehe auf.
Sylvester drückt mich in den Sitz zurück. Er räuspert sich. »Man muss immer damit rechnen, dass es Neider gibt, wenn jemand im Licht der Öffentlichkeit steht.«
»Schon möglich«, sagt die Pressedame mit ihrem zynischen Grinsen. »Aber interessant ist es schon. Frau Schatz?«
Ich bin völlig durcheinander. »Ja, was denn, bitte?«, kann ich sagen.
»Was ist denn dran an den Gerüchten, dass Sie nicht schlagfertig sind? Wie können Sie denn eine Talkshow moderieren, wenn Sie den Gästen kein Kontra geben können?«
Das weiß ich auch nicht, wie das funktionieren soll, ich habe keine Ahnung. Aber das kann ich natürlich nicht sagen. »Ich würde sagen, wir lassen das Ganze mal auf uns zukommen, und nach den ersten Sendungen können Sie sich Ihr Urteil selbst bilden.« Wenigstens habe ich diesen Satz klar und deutlich rausgekriegt. Das ist ja alles furchtbar hier.
Sylvester meint, das würde jetzt auch reichen zu meinem Privatleben, und wir sollten uns doch jetzt bitte der Show widmen.
Felix stellt das Konzept und den Ablauf vor. Die Presseleute sind sichtlich enttäuscht, dass sie nicht mehr über meinen dicken Hintern und meine Schlagfertigkeit diskutieren dürfen, beugen sich aber den Anordnungen.
Eine halbe Stunde später ist die Pressekonferenz zu Ende. Wir gehen in einen Versammlungsraum.
»Also on top ist es gut gelaufen«, meint Felix nüchtern. »Aber wer hat diesen komischen Brief geschrieben?«
»Ich nehme mal an, it’s up to you, das herauszufinden«, sage ich mürrisch.
»Nun sei mal nicht gleich so«, sagt Felix beleidigt. »Ich mache mir eben Gedanken.«
»Die mache ich mir auch«, sage ich, »vor allen Dingen, weil ich weiß, von wem das Schreiben kommt!«
»Von wem?«, fragen Felix und Sylvester gleichzeitig.
»Von deinem tollen Freund Roland Dunkel«, sage ich erzürnt.
»Das würde
Weitere Kostenlose Bücher