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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Zeit verriet Montfallcon ihren Onkel, der daraufhin zu
Tode kam.«
»Also gibt es Präzedenzfälle?«
    »Richtig. Alte Rechnungen, die ihr Vater bei Glorianas Thronbesteigung begrub. Er war loyal und hatte den Wunsch, seine Töchter wohlversorgt zu sehen. Eine heiratete gut, Sir Amadis Cornfield, und eine andere ziemlich gut, den jungen Sir Lepsius Lee (der ein Liebhaber der Königin gewesen war), und alle drei Mädchen waren am Hofe gern gesehen. Durch diese Gunst vermochte Sir Thomas Perrott seine Besitzungen und seine Flotte zu vergrößern und leistete Albion wiederum gute Dienste, wie jeder weiß. Aber nun nennen die Brüder ihre Schwestern Verräterinnen, und wie ich hörte, sollen wenigstens fünf von ihren Schonern und Galeonen bereits zu Kriegsschiffen umgerüstet worden sein. Montfallcon ist natürlich mit seiner Weisheit am Ende.«
    »Großer Mithras, Bramandil! Du meinst, es wird zum Bürgerkrieg kommen? In Albion? Unter der Königin?«
    »Nicht zum Bürgerkrieg, denn niemand würde sich den Perrotts anschließen. Jedenfalls vorerst noch nicht. Aber ein blutiger Aufstand würde genügen, um das Reich in Unruhe zu versetzen und das Vertrauen des gemeinen Volkes zu erschüttern. Sofern den Perrotts nicht erlaubt wird, Arabien anzugreifen – was Krieg gegen eines unserer eigenen Protektorate, und das mächtigste obendrein, bedeuten würde –, besteht in der Tat die Gefahr eines Bürgerkrieges, wenn es nicht gelingt, den Perrotts Einhalt zu gebieten.« »Und Sir Thomasin Ffynne?«
    »Die Königin hat für seine Freilassung praktisch ein Löse
    geld bezahlt. Sie hat sich bereit erklärt, Schadenersatz für das Schiff zu leisten, welches er im Seegefecht vernichtete. Mit seiner Rückkehr wird Ihre Majestät endlich einen klugen Ratgeber erhalten. Und er wird frei von der Unruhe und Aufgeregtheit sein, die den Rest des Hofes seit Lady Marys Tod befallen hat. Auch wird er Neuigkeiten aus Arabien mitbringen.«
    »Glaubst du daran, mein Lieber, daß dieser Araber für den Mord verantwortlich ist?«
    »Ich finde es unwahrscheinlich. Prinz Sharyar schien mir immer ein vernünftiger, praktisch denkender Mann zu sein.« »Dann kann es nur jemand sein, der Zwietracht sät, um aus dem allgemeinen Mißtrauen Nutzen zu ziehen.« Lady Rhoone furchte die Stirn, überrascht von ihrer eigenen Einsicht. »Es ist die einzige Erklärung.«
    »In welchem Interesse ist solche Zersetzung?« brummte Lord Rhoone. Er schob den Stuhl zurück und stand auf, reckte sich in seiner roten und grünen Uniform, daß sein Harnisch mit der sich dehnenden Brust anzuschwellen schien. »Der Hof ist gefestigt und stabil. Dies sind nicht König Herns Zeiten, als mit Mord und Verrat Vorteile gewonnen werden konnten. Heute werden Vorteile durch treue Dienste gewonnen.« »Ein ausländisches Komplott?«
    »Wir sind allzuleicht bereit«, sagte Lord Rhoone weise, »ausländische Quellen für unsere Verdrießlichkeiten zur Rechenschaft zu ziehen. Um so mehr widerstrebt es mir, die Schuld Fremden zuzuschieben, bevor ich mir Gewißheit verschafft habe, daß die entstandene Situation nicht einheimischen Ursprungs ist.«
    Seine Frau umarmte ihn, und ihr gewaltiger Busen umschloß seinen Brustharnisch. »Du bist zu rechtschaffen, liebes Herz, zu vorsichtig. Zu gutherzig für deine Position.« »Ich schütze die Königin.« »Mit nie erlahmender Kraft.«
    »Will ich sie wirklich beschützen, so darf ich den ungestümen Pferden der Einbildungskraft nicht die Zügel schießen lassen und meine Gedanken mir nichts dir nichts von meiner einfachen Pflicht abwenden. Darum verweigere ich mich der Spekulation. Das gleiche tut übrigens Lord Montfallcon, wenngleich seine Aufgabe schwieriger ist. Leidet der Hof an einer sommerlichen Verrücktheit, die schlimmer ist als die Verrücktheiten, an denen er in der Vergangenheit gelitten hat, so ist es meine Pflicht, dem mit dem gesunden Menschenverstand zu begegnen.«
    Sie küßte ihn. »Aber du würdest keine Einwände erheben,
wenn ich unsere Landgüter besuchte und die Kinder mitnäh
me?«
»Ich dachte selbst schon daran. Geh bald.«
    Lord Rhoone hob den mächtigen Kopf, um gedankenvoll auf eine Schale mit Äpfeln zu starren.

    DAS NEUNZEHNTE KAPITEL

    In welchem Fragen der Diplomatie erörtert werden und Lord Montfall
cons Sinn sich weiter verdüstert

    Leguane und Pfauen verliehen den sommerlichen Gärten und Rasenflächen des Palastes eine eigentümliche, beinahe tropische Qualität, wenn sie die Blumenbeete und

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