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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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der Scheibe Brot ab.
    »Aber seine Unschuld hätte erwiesen und größere Anstrengungen hätten unternommen werden sollen, den wahren Mörder zu entdecken«, erwiderte Lord Rhoone. Er betupfte seinen schwarzen Bart mit einer Serviette und rümpfte die Nase. »Wie die Dinge liegen, bleibt immer der Verdacht, daß der Mörder noch umherstreift und jederzeit eine weitere Bluttat begehen kann. Kein Gerichtsverfahren, keine Förmlichkeiten, keine Entschlüsse … Kein Wunder, daß Sir Thomas aufgebracht ist.« »Lord Montfallcon hat es an Bemühungen nicht fehlen las sen, Bramandil. Außer Sir Tancred wurde niemand in Lady Marys Wohnung gesehen. Montfallcons Nachforschungen erstreckten sich über einen Monat. Noch immer bemüht er sich nach Kräften um die Aufklärung des Verbrechens.«
    »Ja, und niemand fühlt sich beruhigt. Hast du Dr. Dees selt
    sames Benehmen bemerkt? Man fragt sich, ob etwas auf seinem Gewissen lastet. Oder Sir Orlando Hawes, der seitdem mit finsterer und wilder Miene umhergeht, daß man sich vor ihm fürchten muß. Oder Amadis Cornfield, der eine ebenso tiefe wie unerklärliche Abneigung gegen Lord Gorius Ransley gefaßt hat; oder Meister Florestan Wallis, der einen Vorwand um den anderen sucht, um frei von Pflichten zu sein, und der bis vor kurzem der gewissenhafteste unter den Dienern der Königin war. Alles das seit Lady Marys Tod. Während Sir Thomas Perrott mit allen seinen Söhnen an den Hof kommt, einen öffentlichen Schwur leistet, Sir Tancred in Stücke zu hauen, und dann, nach einem Besuch im Kerker, gleichfalls Sir Tancred für unschuldig erklärt und auf seiner Suche nach dem wahren Mörder Tag und Nacht den Palast durchstreift.« Lord Rhoone senkte bedeutungsvoll die Stimme. »Und schließlich verschwindet. In der Nacht verschwindet, meine Liebe. Und niemand kann ihn finden. Wer sah ihn zuletzt? Der Mörder, denke ich, der den Vater tötete, wie er die Tochter getötet hatte, aber diesmal den Leichnam versteckte. Und seine Söhne setzten die Suche fort, bis sie eines Tages alle zusammen Schloß und Stadt verlassen, die Sarazenen für schuldig erklären und sich weigern, ihren Informanten mit Namen zu nennen.« »Warum Arabien?« fragte Lady Rhoone.
    »Um die Ermordung eines gewissen Edlen namens Ibrahim zu rächen. Vielleicht erinnerst du dich.«
    »Dann war Lady Mary die Mörderin dieses Ibrahim?« Lady Rhoone war entsetzt. »Ach, mein liebes Herz!«
    »Es wird erzählt, daß Ibrahim sie begehrte und beleidigte, als sie ihm nicht zu Willen sein wollte. Und daß sie gerächt wurde,
    vielleicht durch Montfallcons gesichtslosen Spion. Daraufhin
sei dann sie ermordet worden.«
»Aber wo ist der Spion?«
»Tot. Niedergemacht von den Sarazenen.«
»Bist du sicher?«
»Es ist allgemein bekannt.«
    »Und die Perrott-Brüder suchen jetzt den Sarazenen, der die Tat verübte?«
    »Den Gerüchten zufolge soll es der Prinz Sharyar sein, der Gesandte, der vorübergehend in sein Heimatland zurückgekehrt ist.«
    »Und die Perrotts wollen ihn nach Arabien verfolgen?«
    »Das wollten sie nicht sagen. Aber die Familie verfügt über viele Schiffe und ist mit einem großen Teil des Adels versippt und verschwägert. Gemeinsam haben sie die Macht, eine Flotte auszurüsten und mit Krieg zu drohen. Man muß sie ernst nehmen.«
    »Sicherlich würden sie nicht gegen das Interesse Ihrer Majestät handeln«, sagte Lady Rhoone. Sie winkte dem Diener und ließ sich Spiegeleier bringen, die gleich darauf frisch aus der Pfanne auf ihren Zinnteller gelegt wurden. »Die Perrotts sind für ihre Loyalität bekannt.«
    »Es verlautet, daß sie sich von der Königin verraten fühlen.« »Und die Königin?«
    »Sie glaubt an den Perrotts schuldig geworden zu sein, weil Lady Mary unter ihrem Schutz stand. Sie glaubt, sie habe das in sie gesetzte Vertrauen der Familie verraten. Als die Perrotts ihr nun vorwarfen, sie schütze den Mörder aus politischen Rücksichten, da schwor sie, daß sie es nicht tue, aber in einem solchen Ton, daß sie glaubten, sie lüge. Denn ihre Stimme bebte.«
    »Und sie nahmen das als Eingeständnis der Schuld?« Lord Rhoone nickte.
    »Ach, die arme Königin! Als hätte sie an ihrem Kummer
    nicht schon genug zu tragen!« Traurig schob Lady Rhoone sich ein halbes Spiegelei in den Mund. »Und sie ohne alle Fähigkeit zu List und Verstellung, um ihre wahren Gefühle zu verbergen! Hat Montfallcon nicht zu den Perrotts gesprochen?«
    »Sie mißtrauen ihm. Sie haben ihm immer mißtraut, denn zu
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