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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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er selbst verstehen konnte, und war über seine Mitmenschen nicht selten verblüfft, einfach weil er sie unwissentlich und ohne eigene Schuld (er konnte nichts für seine Stimme) in Verwirrung gestürzt hatte. Perian Montfallcon war keineswegs verblüfft, denn er war mit Dees Art seit langem vertraut. Keiner der beiden schätzte den anderen sonderlich. Montfallcon gab eine kleine Schaustellung strapazierter Geduld und wandte seine Aufmerksamkeit ganz der Königin zu. »Euer Majestät, es ist eine kleine Angelegenheit, doch könnte sie das Samenkorn sein, aus dem eine außerordentlich verschlungene Wurzel wachsen würde.« Bestrebt, eine ernstliche Auseinandersetzung zwischen diesen beiden gewieften alten Spielern zu vermeiden, hob Königin Gloriana beide Hände. »Vielleicht sollten wir Tom Ffynne dann unverzüglich hereinrufen und Auskunft geben lassen?« »Nun …« Lord Montfallcon zuckte die Achseln. »Es kann nicht schaden. Er wartet draußen, im Ersten Audienzsaal.« »Dann laßt ihn hereinführen, ich bitte Euch.«
    Lord Montfallcon erhob sich von seinem Stuhl und ging langsam zu der kleinen Tür hinter ihm, die zu einem Vorraum zwischen dem Sitzungssaal und seinen eigenen Amtsräumen führte. Er öffnete die Tür, gab den Befehl an einen der Lakaien weiter und kehrte an seinen Platz zurück. Nach kurzer Pause kam Ffynne hereingehumpelt. Er hatte anläßlich der Audienz seinen Bart gestutzt und fünf Straußenfedern in seinen breitkrempigen Hut gesteckt. Von seiner linken Schulter hing ein kurzer flaschengrüner Umhang, dazu trug er eine weiße, gestärkte Halskrause, ein smaragdgrünes Wams und weite, geschlitzte Kniehosen, die unterhalb der Knie mit Bändern geschmückt waren, weiße Strümpfe und schwarze Schuhe mit goldenen Schnallen. Er hatte seine beste Kleidung angelegt. Seine zwinkernden kleinen Augen weiteten sich ein wenig, als er der Königin ansichtig wurde, und er riß sich den Hut schwungvoll vom Kopf und machte eine tiefe Verbeugung, bevor er auf seinem geschnitzten Fuß, der so gemacht war, daß der Stumpf seines Knöchels genau hineinpaßte, näher hinkte. »Euer Majestät.«
    »Einen guten Tag, Sir Thomasin. Wir erwarteten Euch früher. Gab es Stürme?«
    »Viele, Euer Majestät. Auf allen Etappen der Reise. Das Schiff wurde schwer beschädigt. Alles Takelwerk bis auf ein paar Stags heruntergerissen, die meisten Rahen unten, als wir endlich die iberische Küste sichteten. Wir schleppten uns in den Kanal und liefen Le Havre an, um die nötigsten Reparaturen durchzuführen, bevor wir uns an die letzte Etappe wagten. Das war vor acht Tagen.« »Dann sind Eure Neuigkeiten aus Frankreich?«
    »Nein, Euer Majestät, aber ich erfuhr sie dort. Während wir im Hafen lagen und unser Auslaufen durch das unfähige Gesindel, das man uns als Segelmacher und Schiffszimmerer an Bord geschickt hatte, weiter verzögert wurde, lief eine große, altmodische Galeasse mit einigen vierzig Rudern in den Hafen ein. Sie führte die polnische Flagge, und ich wurde neugierig, denn es war offensichtlich ein Staatsschiff, mit viel vergoldetem Schnitzwerk und Goldborten an den Segeln. Sie ankerte ganz nahe bei uns. Da ich interessiert war, entbot ich dem Kapitän meine Grüße und Komplimente, worauf er mich zu einem Besuch an Bord einlud. Er war ein höflicher, alter Herr und ein Edelmann. Froh, mich kennenzulernen, denn seine Gedanke waren voll von Euer Majestät und Albion, und er war begierig, gute Neuigkeiten zu erfahren. Er pries Euch und unser Land und schmeichelte mir, als er meinen Namen hörte, mit Erinnerungen an meine eigenen Abenteuer.«
    »Eine beruhigende Neuigkeit, Sir Thomasin«, sagte Dr. Dee mit einem ironischen Lächeln zu Lord Montfallcon. »Polen liebt uns.«
    Die Königin schoß ihm einen warnenden Blick zu, und er neigte ergeben den Kopf und schlug den Blick nieder. »Ganz ohne Zweifel«, fuhr Ffynne fort, »denn dieses Schiff erwartet Polens König, der mit der Kutsche über Land fährt, um es zu besteigen und von Le Havre nach London zu segeln.« »Zu welchem Zweck?« Sir Amadis Cornfield löste seinen Blick widerstrebend vom Fenster. »Der König selbst? Ohne Flotte? Ohne Gefolge?«
    »Er kommt als Freier«, sagte Tom Ffynne. »Oder besser gesagt, beinahe als Bräutigam. Nach den Auskünften meines polnischen Edelmannes zu urteilen, scheint er überzeugt, daß Euer Majestät ihn zum Gemahl nehmen werden.«
    »Ah.« Gloriana warf Lord Montfallcon einen Seitenblick zu, in dem etwas wie Verlegenheit

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