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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sie. Er zählte Goldstücke. »Fünf Nobel?«
    »Gut – das wird für Pferde und Männer ausreichen.«
    Montfallcon legte das Gold in Quires nachlässig geöffnete Hand. »Ihr werdet noch heute nachmittag die Stadt verlassen, ehe es dunkel wird?«
    »Sobald ich Männer und Pferde beisammen, gegessen und mich gesäubert haben werde.«
    Die beiden Männer durchschritten zwei kleinere Räume und verabschiedeten sich mit einem Kopfnicken bei einer weiteren, in der Wandvertäfelung verborgenen Tür hinter einem Stuhl, die in das Labyrinth der geheimen Gänge und Fluchtwege führte: Ein Weg aus dem Palast, an welchen Quire, Tinkler und ihr Gönner nur glaubten, weil sie ihn kannten. Quire schob behutsam frische Spinnweben beiseite, als ginge er mit alten Spitzengardinen um, und trat ins Halbdunkel. Ein gedämpftes Lebewohl zu Montfallcon, bevor die Tür sich hinter ihm schloß, und er zog die Kapuze vom Kopf, ließ sie fallen, drehte seinen Umhang um, so daß er, wieder mit seinem breitkrempigen Hut, ganz in Schwarz war. Graues Licht aus Ungewisser Quelle erfüllte die von Spinnweben verhangene Enge. Spinnen, Käfer, Schaben und anderes Getier gab es zwischen diesen alten Gemäuern im Überfluß, und Quire bewegte sich vorsichtig, um so wenige wie möglich zu zertreten. Nach wenigen Schritten gelangte er in eine Erweiterung des Gangs, deren Wände und Decke aus Glas waren und vielleicht in früherer Zeit einen Wintergarten oder eine Orangerie beherbergt hatten, denn da und dort lagen Überreste von Kübeln und Töpfen, verschimmelten Zweigen. Jetzt lag dicker Staub auf dem Glas, und in einiger Entfernung darüber war ein Dach errichtet worden.
    Das Licht kam durchs Fenster am anderen Ende von etwas, das ein riesenhafter Schuppen zu sein schien. Die Luft wurde allmählich kälter, das Ungeziefer weniger zahlreich, und schließlich gelangte Quire zu einer ausgebesserten Tür, die er durchschritt, worauf er einen harten, mit losem Schutt übersäten Boden zu einer Wand querte, die einst eine Außenmauer zu einem Garten gewesen sein mußte. Durch eine Lücke in dieser Mauer schlüpfte er in trübes Halbdunkel; Stufen hinunter, über einen Flecken nackter Erde. Quire fröstelte, und er zog seinen Umhang enger um sich, als er auf eine hohe Mauer zuging. Ein Druck mit der Schulter gegen eine bestimmte Stelle, und sie schwang auf, so daß er in Tageslicht und tiefen Schnee hinausstolperte. Er stieß die mit Mauerwerk verkleidete Tür zu und stand unter einer hoch aufragenden, langen Ummauerung aus verwitterten Ziegeln, und vor ihm erstreckte sich ein langer, schmaler Ziergarten, verlassen, überwachsen und vergessen, dessen Umrisse in Schnee und Eis wieder etwas von ihrer vergangenen Symmetrie und Präzision zurückgewannen. Schwarze Äste reckten sich zum Himmel, zerbrochene Statuen starrten aus dicken Schneegewändern die Halbgötter eines sonnigeren Reiches, erfroren in der Kälte des Nordens. Quires Atem dampfte grau. Mit hoch aufgehobenen Beinen durch den tiefen Schnee stelzend, folgte er einem vertrauten, aber unsichtbaren Pfad zwischen den Vierecken, Kreisen und Ovalen der verwahrlosten Blumenbeete und verstopften Springbrunnen, wandte sich nach links zu einer weiteren, von Efeu überhangenen Mauer, übersprang eine kleine eiserne Pforte, betrat eine Grotte, deren Katzenkopfpflaster schneefrei war, und kam endlich zu einem größeren Tor, das er mit seinem Dietrich öffnete. Er stand am sanften Hang eines Hügels, wo einst eine Straße heraufgeführt hatte, die im Laufe der Zeit in Verfall geraten war und längst wieder zum Naturzustand zurückgefunden hatte. Quire verspürte Hunger. Er eilte den Hügel abwärts zu einem dichten Pappelgehölz, das einen Weg säumte, der, schwarz von den tief eingeschnittenen, frischen Karrenspuren, jenseits davon zu sehen war. Der Wind blies leichten Oberflächenschnee über die weißen Felder, so daß er an die geriffelten Wasser eines breiten, seichten Flusses gemahnte. Quire fiel, wälzte sich fluchend herum, rappelte sich wieder auf, klopfte schmunzelnd den Schnee aus seinem Umhang, erreichte endlich den Schutz der Bäume und lehnte sich mit steifem Rücken gegen einen Stamm, während er verschnaufte und in den Rauch über der Stadt hinblickte, die nun nicht mehr allzu fern war. Ein Zaun war sein letztes Hindernis, und er überkletterte ihn vorsichtig, nachdem er Umschau gehalten und sich vergewissert hatte, daß niemand ihn sah. Er sprang auf den aufgewühlten Weg und war nahe daran,

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