Glueck allein
Flur und verschwand ohne ein weiteres Wort aus der Bibliothek.
Dunkle Wolken
Florian will keine Beziehung. Ja, das hatte ich verstanden, aber war jetzt alles vorbei? Hatte ihm das alles nichts bedeutet? Auf meine Frage, ob er gut nach Hause gekommen sei, hatte er nicht einmal reagiert.
Die Bücher lagen geschlossen auf meinem Schreibtisch. Sie waren zu stummen Zeugen meiner Unfähigkeit geworden. Florian hatte sich nur durch seine Zurückweisung in mein Herz geschlichen.
Mein Telefon klingelte. Fibi plapperte los, erzählte von einer Bekannten, Svetlana, einer Einladung, von einer Examensfeier, ganz edel und exklusiv, Mediziner, sie hätte ja leider einen Freund, aber für mich sei bestimmt was dabei.
»Nein, Fibi, ich glaube nicht«, sagte ich müde und dachte wieder an Florian. Er konnte mich nicht mögen, wenn er sich nicht meldete. Er hatte meine vielen Unzulänglichkeiten, mein Verlangen nach Liebe, meine Angst vor Ablehnung, meine ganze Verzweiflung gesehen.
Fibi beendete das Gespräch. Ich legte auf und ahnte nichts von dem Unheil, das sich mit einem leisen Klopfen an der Tür ankündigte.
»Herein?«
Mein Professor blieb im Rahmen stehen. Mit seinen gewellten grauen Haaren sah er aus wie ein Künstler, vielleicht ein Pianist oder auch ein Dirigent. Dazu passten jedenfalls seine feinen Hände, die man nach jedem Händedruck nicht mehr loslassen wollte.
»Frau Wagner«, sagte er, »ich habe mich gerade gefragt, wie es Ihnen hier ergeht. Kommen Sie mit Ihrer Arbeit voran?«
»Mit den Klausuren bin ich fast fertig«, sagte ich schnell, dabei hatte ich gerade mal die Hälfte korrigiert.
»Nein, ich meine nicht die Klausuren.«
Erleichtert sah ich auf.
»Ich meine ihre Dissertation.«
Erleichterung verflogen. Seit Wochen nichts geschrieben, nur kopiert, sporadisch sortiert, kaum gelesen, schoss es mir durch den Kopf.
»Ich arbeite noch an der Gliederung«, sagte ich.
Er nickte nachdenklich. »Eine gute Gliederung ist wichtig, aber Sie müssen dennoch anfangen zu schreiben.«
»Ja, ich weiß«, stammelte ich und konzentrierte mich auf eine Strähne seines welligen Haars, die in seine Stirn zu fallen drohte. Ich bin seit der Trennung von meinem Freund orientierungslos, hätte ich gerne gesagt, aber das wäre noch schlimmer als jede Träne gewesen.
»Wissen Sie was, Frau Wagner?« Er klang freundlich. »Am besten tragen Sie Herrn Brandis und mir einmal Ihre Ergebnisse vor. Dann sehen wir, was Sie schon haben. Das wird Ihnen sicher helfen.«
Ich nickte benommen. Ein Vortrag vor dem Alten. Und vor der Eidechse Brandis, für den das – ich – ein gefundenes Fressen war.
»Es bietet sich an, das nach Semesterschluss zu machen. Dann ist hier wenig los. Wäre Ihnen das recht?«
Ich lächelte. »Natürlich.«
Der Alte nickte zufrieden und schloss die Türe. Das Lächeln fiel aus meinem Gesicht.
Vier Mal klingelte es, bis sie abnahm.
»Fibi?«, sagte ich leise und verschwörerisch, »ich komme morgen mit.«
Schlossgespenster
Zehn Stunden gefeiert. Zehn Stunden Sekt getrunken und zehn Stunden meinen Ehemann gesucht. Fibis Versprechungen, dass sich auf dem Schloss lauter gutaussehende und gebildete Männer tummelten, ließen mich ernsthaft hoffen, ich könnte ihn dort finden.
Wir trafen uns nachmittags bei Sarah, einer Freundin von Fibi, drängelten uns zu fünft vor einen Spiegel, stießen uns beim Lidstrich in die Seite, drehten unsere Haare auf, lackierten unsere Fingernägel, pusteten sie schielend trocken, redeten und lachten über uns und die Männer und ich redete und lachte mit, als wäre nie etwas gewesen, als hätte es Florian nie gegeben.
Die Glocke des Kirchturms schlug sieben, als wir mit geröteten Wangen und einer halbvollen Flasche Sekt auf die Rückbank von Sarahs Wagen kletterten und uns mit kleinen Schlucken über die Autobahn tranken. Nach einer halben Stunde, die leere Flasche klemmte zwischen meinen Schenkeln, fuhren wir eine steile, kurvige Straße hinauf.
Die Kiesel unter den Reifen knirschten leise, als Sarah den Wagen langsam um einen Springbrunnen lenkte. Wir stiegen aus und ich legte meinen Kopf weit in den Nacken, um die imposante Fassade zu betrachten. Es war kein Schloss mit spitzen Türmen, wie man es aus dem Märchen kannte, sondern es erinnerte eher an ein Wohnhaus, mit hohen, durch weiße Streben geteilten Fenstern und einem dunkelroten Dach, dessen Dachflächen im unteren Bereich abknickten, ein so genanntes Mansarddach, wie ein Fremder, dessen
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