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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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wolle noch bleiben. Einen unbedachten Moment hoffte ich, Pascal bliebe auch, aber er verschwand mit den anderen sekundenschnell aus dem Saal.
    An der Bar entdeckte ich einen ganz ansehnlichen Mann im hellgrauen Anzug. An den Schläfen war sein Haar schon graumeliert, aber meine Wünsche waren mittlerweile weich gekocht, größere Hoffnungen hatte ich längst begraben. Mit meinem leeren Sektglas setzte ich mich neben ihn und wie zufällig, beim vorgetäuschten Aussuchen eines Getränks von der Karte, kamen wir ins Gespräch. Er war zwar fast zehn Jahre älter als ich, aber sehr nett und wenn ich nur an Christian dachte, der morgens neben mir gelegen hatte – ich war schon viel größere Kompromisse eingegangen. So sah ich mich schon mit einem richtigen Mann Hand in Hand unterm Nachthimmel nach Hause gehen. Doch nach kurzer Zeit erzählte er mir unerwartet von seiner Freundin. Ich wusste gleich, ich hatte meine Zeit verschwendet. Aber ich stand nicht sofort auf, wonach alles in mir drängte, sondern blieb tapfer sitzen, denn natürlich war ich nicht nur an ihm als Mann, sondern auch an ihm als Mensch interessiert. Und erst nach einigen Minuten verabschiedete ich mich, ich wollte meine Freunde suchen, die seltsamerweise seit einiger Zeit verschwunden waren.
    Ein schmaler Mann tanzte an mir vorbei, bewundernd betrachtete ich seine leichtfüßigen Schritte.
    Plötzlich sagte jemand neben mir: »Hi, kennst du ein Lokal, wo ich heute noch hingehen kann?«
    Ich hatte gleich den italienischen Akzent gehört und als ich meinen Kopf zum Fragenden wandte, sah ich in das lächelnde Gesicht eines kleinen Mannes mit dunklen, gekräuselten Haaren und übergroßen Lippen, die mich an die Schnute eines Fischs erinnerten.
    »Nein, tut mir leid«, antworte ich kurz, doch anstatt nun jemand anderes zu fragen, schaute er mich an und sagte: »Ciao Bella! Wie heißt du?«
    Ich hatte keine Lust auf ein Gespräch mit diesem sprechenden Karpfen und verriet nur ungern meinen Namen.
    »Immilia! Was für ein Name! Ich heiße Mica.«
    Er streckte mir seine Hand entgegen, hielt meine länger als nötig fest, erzählte, wie er vor einigen Wochen nach Deutschland gekommen war, um hier zu studieren, wie er zu diesem Abend von neuen Freunden eingeladen wurde und noch viel mehr, aber für mich und den Sekt war die Musik zu laut, um ihn zu verstehen, so suchten wir weiter nach dem Richtigen und nickten ihm nur ab und an abwesend zu.
    Auf einmal legte er seinen Kopf zurück und fragte: »Bella, hörst du mir überhaupt zu?«
    Ertappt lächelte ich.
    »Wir sollten nicht reden. Wir sollten tanzen«, rief er und zog mich in die Mitte des Saals. Dort ballte er seine Fäuste, duckte seinen Kopf und federte wie ein Boxer auf seinen Füßen hin und her. Man schaute uns beide schon von der Seite an, da bekamen seine Augen einen strengen, würdevollen Ausdruck und mit hochgezogenen Brauen und in sich drehenden Händen imitierte er einen Flamencotänzer. Wie er so gestreckt um mich herum stakste, konnte ich mir schon ein Lächeln nicht verkneifen. Als er zum Roboter wurde und mit zackigen Bewegungen nach vorne und hinten summte, lachte ich los, da zwei Frauen hinter ihm, ganz pikiert, das Weite suchten.
    »Ich bin Herkules«, sagte er und zeigte mir seine schmalen Oberarme.
    »Klar, Herkules, wer sonst?«
    »Ich bin stark!«, behauptete er und wie zum Beweis hob er mich hoch. Lachend blickte ich auf ihn herunter. Er hielt mich fest und sah mich an. Nicht mehr wie Rocky oder Herkules, sondern wie ein Mann eine Frau ansieht. Meine Arme legten sich um seinen Hals und wir küssten uns.
    Danach flüsterte Mica: »Das habe ich nicht erwartet« und ließ mich los. Benommen sah ich ihn an. Seine Lippen waren so unerwartet weich gewesen. Einen Moment hielten wir aus, dann fielen wir erneut aufeinander zu. Nie hätte ich solche Küsse ohne Gefühle für möglich gehalten.
    Der Saal war leer, als wir gingen. Kein Wort verloren wir darüber, ob ich ihn begleiten würde, nach unseren Berührungen stand dies fest. Er wohnte nahe des Schlosses, in einer Altbauwohnung, mit hohen Decken und kalten Wänden. Wir schlugen die Tür hinter uns zu, streiften unsere Kleider ab und kletterten in sein Bett. Wie ein Zelt spannten wir die Decke über unsere Körper und benetzten unsere Haut mit Küssen.
    »Ich liebe dich, Immilia«, sagte er und presste sein Gesicht gegen meine Brust. Mein Herz pulsierte unter seiner heißen Stirn.
    »Ich liebe dich auch«, flüsterte ich.
    Er sah mich an,

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