Glueck allein
Namen ich mir trotz inniger Küsse nicht zu merken vermochte, mir später erklärte.
Der Eingang war von Fackeln umsäumt und wir flanierten über den roten Teppich, als wäre er nur für uns ausgerollt. Mit nackten Schultern und den Handtaschen vor den Körpern betraten wir einen festlichen Saal. Schwere Vorhänge umrandeten die hohen Fenster und die naturweißen Wände waren mit goldenen Girlanden verziert.
Wir tranken Sekt auf Eis, während mein Blick in großer Erwartung stets auf den Eingang gerichtet war. Da erkannte ich Svetlana. Als sie meine erhobene Hand sah, zupfte sie ihren mir nur flüchtig bekannten Freund am Arm und kam auf uns zu. Den beiden folgten zwei Männer und bereits auf ihrem Weg zu uns schlichen meine Blicke von einem zum anderen. Nur den größeren, er trug ein schwarzes Hemd und eine schwarze Krawatte, als wäre dies eine Beerdigung, mochte ich. Doch als er näher kam und ich sah, dass er ein Profil wie die Statuen der alten Griechen hatte, bei dem die Stirn nahezu übergangslos zur Nase wurde, verschwanden die Bilder, auf denen wir uns in den Armen hielten, wieder aus meinem Kopf. Später sollte ich von Fibi erfahren, dass er, Pascal, in allem, was er anpackte, der Beste war. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich anders verhalten. Aber ahnungslos wie ich war, maß ich ihn allein nach seinem Äußeren, was mich nicht überzeugte.
»Meinst du, es gibt den Richtigen?«, fragte ich Sarah, die nichts trank und den ganzen Abend diese eigentümliche Distanz ausstrahlte, die zwischen Nüchternen und Angetrunkenen fast immer besteht.
»Warum fragst du?«, wollte sie wissen.
»Ich weiß nicht, ob ich nach etwas suche, das nicht existiert«, erklärte ich.
»Es gibt den Richtigen«, sagte sie mit fester Stimme, »wenn er vor einem steht, wird man das erkennen.«
Ich nickte und dachte darüber nach, dass sie auch schon lange alleine war, bis sich der Sekt wie ein Schleier über meine Gedanken legte.
»Ich geh mal auf Toilette«, sagte ich zu Sarah und den anderen und stellte mein leeres Glas einer Kellnerin auf das Tablett. Wenn ich nicht suchte, wie sollte ich meinen Ehemann dann finden? Zwar hatte ich mir für den Abend vorgenommen, keinen Mann anzusprechen, da ich die Männer ständig ansprach und so nie erfuhr, ob der Mann selbstbewusst genug gewesen wäre, auch mich anzusprechen, doch nun hatte ich meinen Entschluss, dem Schicksal nicht wieder ungeduldig in die Hände zu pfuschen, längst vergessen.
Auf meiner Suche traf ich in der Nähe der Bar den ersten echten Absolventen dieser Feier. Freunde hatten ihm wegen seines bestandenen Examens die Haare abrasiert. Sein stoppeliger Kopf gefiel mir nicht, aber der Sekt mit ihm war trotzdem nett.
Als ich weiterzog, traf ich auf Fibi, die ganz glänzende Augen bekam und unbedingt mit suchen wollte. So hatte ich plötzlich eine unerwartete Begleiterin, die gleich hinter mir ging und mich ständig ermahnte, auch in die Ecken zu schauen. Hier und da sah ich einen netten Mann und Fibi sah noch viel mehr, aber keiner konnte mich fesseln.
Nach zwanzig Minuten waren wir mehrmals durch den ganzen Saal gelaufen und meine Ballen schmerzten von den hohen Schuhen.
»Wir sollten zurück«, sagte ich zu Fibi, die daraufhin sehr betrübt dreinschaute.
Schon auf dem Weg zu den anderen fiel mir erneut Pascal ins Auge, der sich mit Svetlana unterhielt. Mein Blick wanderte über seinen Anzug, der sich über seinen Rücken spannte, seine starken Schultern und gleichmäßigen Gesichtszüge. Warum war ich ihm gegenüber so verschlossen gewesen? Der griechische Einschlag machte ihn doch erst interessant. Oder hatte ich ihn mir, wie man so sagt, schön getrunken?
»Das ist Emilia«, hörte ich Svetlana sagen und wie bestellt stand ich neben den beiden. Pascal gab mir seine Hand und fragte mich kurz nach meinem Studium und meiner Arbeit, erzählte dann von seinem Studium, Wirtschaftswissenschaften, das er bald abgeschlossen haben würde, erzählte von dem Unternehmen, das er dann gründen wolle und von den Möglichkeiten, die sich ihm böten. Ich nickte beeindruckt und beobachtete, wie seine Augen über meinem Kopf hin und her fuhren und er seine Hände verkrampfte. Er war immer der Beste gewesen, in der Schule, im Studium und im Sport. Seine Unruhe verriet, warum und ich wusste, dass uns dies verband.
»Und auf diese Idee ist wirklich noch niemand gekommen?«, fragte ich unendlich beeindruckt, nachdem er mir zehn Minuten kleinteilig von seiner Geschäftsidee,
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