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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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mich getraut dort aufzukreuzen.
    Pierre verdrehte die Augen. »Mein Liebling, du siehst ihn doch am Sonntag.«
    Ich nickte. Wir würden uns treffen, ohne Erwartungen, ohne ein Ziel, nur um zusammen zu sein, obwohl wir nicht zusammen sein wollten.
    »Abgemacht«, sagte ich zu Pierre, der mich daraufhin verwundert ansah. »Dann bin ich morgen um neun bei dir.«
     

Drei Brüder
     
    Drei Brüder, alle rotblond und schmal gebaut, nur in unterschiedlichen Größen, Pierre der älteste und dennoch der kleinste. Am größten der mittlere, der mir auf Anhieb gefiel. Sie rissen die Tür auf, begrüßten mich mehrstimmig und schoben mich in die Küche. Auf dem Tisch stand ein Becher mit Würfeln, daneben Schnaps und Gläser.
    »Ich wollte heute wenig trinken«, sagte ich mit erhobenen Brauen, aber die drei Brüder lachten bloß laut und setzten mich an den Tisch.
    »Ganz kurz die Regeln«, leitete der Jüngste seine Erklärungen ein und nannte unzählige Wurfvarianten, von denen ich mir kaum die ersten zu merken vermochte. Der Mittlere sah meine ratlosen Blicke und fasste die Regeln noch einmal zusammen. Liebevoll drehte er die Würfel in die verschiedenen Positionen und ich musste achtgeben, mich von seinem Lächeln nicht ablenken zu lassen. Er war wirklich ganz anders als Pierre. Seine Stimme war tief und männlich, er sang nicht, wenn er sprach und seine Haare waren mehr blond als rot.
    Pierre unterbrach uns ungeduldig und wollte es mir nun selbst erklären. Sogleich herrschte Uneinigkeit über einen Wurf. Sie begannen zu diskutieren, redeten zu dritt auf mich ein, bis ich vorgab, das Durcheinander von Regeln verstanden zu haben und nach drei Runden drei Gläser Schnaps getrunken hatte. Doch mit der Zeit wurde ich besser und meinte, die Würfel bestimmen zu können, wenn ich nur im richtigen Winkel warf. Die drei Brüder schlugen auf den Tisch, wenn ich gewann und lachten hämisch, wenn ich verlor, bis sich ein übernächtigter Nachbar gereizt über den Lärm beschwerte.
    Pierre sang: »Wir sind zu la-haut, wir gehen raus.«
    Ich zeigte auf die Uhr und sagte: »Es ist schon nach zwölf.«
    Der Mittlere sagte: »Du kommst mit« und packte mich an der Hand, so dass ich für einen Moment alles vergaß und im nächsten waren wir aus der Tür.
    Mit wackeligen Beinen stieg ich aus der Bahn. Der Schnaps, die dunklen Straßen, die leerstehenden Gebäude um uns herum, die Stille bis auf den Hall unserer Schritte, all das hätte mich müde gemacht und vielleicht wäre ich umgekehrt, wenn ich nicht überzeugt gewesen wäre, dass mein Date mit Florian, unsere Affäre und all das, was daraus werden sollte, besser würde, wenn ich ihn schon in dieser Nacht sähe. So hoffte ich, er wäre noch nicht erwachsen geworden und würde noch immer jedes Wochenende in die Unterwelt gehen.
    Von weitem konnte ich bereits den flachen Bau sehen, dessen Scheiben besprüht waren und der unscheinbar zwischen Fabrikhallen lag, nur dass beständig Menschen heraus und hinein strömten, als wäre hier das Herz dieser leblosen Gegend. Einen Türsteher gab es nicht und es war egal, wie man aussah, was jeder wusste und man den meisten ansah.
    Wir drängelten uns durch den Eingang und sofort glitten meine Blicke über die Tanzenden, über die Sitzecken, über die Bar und wieder zurück. Immer wieder glaubte ich, Florian zu erkennen, aber dann war es doch nur ein Fremder mit einer ähnlichen Frisur.
    »Er ist nicht hier«, flüsterte ich Pierre betroffen zu.
    »Vergiss i-hin«, erwiderte der.
    »Warum?«, fragte ich, aber Pierre war schon dabei, Bier zu kaufen.
    »Auf eine lange Na-hacht«, prostete er mir zu und trank sein Bier in einem Zug leer.
    Eine Ballade wurde gespielt und die leisen Klänge eines Pianos zogen durch den Raum. Auf der Tanzfläche wurde es leer. Nur ein Pärchen wiegte sich in der Musik. Die Frau hatte ihren Kopf auf die Schulter des Mannes gelegt, ihre Augen waren geschlossen. Er drückte sie sanft an sich heran, was keiner außer mir sah und mich umso einsamer machte.
    »Willst du tanzen?«, fragte Pierre unerwartet.
    Erstaunt sah ich ihn an. Wir waren weder ein verliebtes Paar noch vierzehn Jahre alt. Zu meiner Erleichterung beendeten schreiende Gitarren des nächsten Liedes dieses Gespräch.
    Zwei Männer drängten sich an uns vorbei, stolperten auf die Tanzfläche, sprangen hoch und ließen ihre Schultern gegeneinander prallen. Einen Moment dachte ich, der Braunhaarige sei Florian, aber ich hatte mich geirrt und die Enttäuschung war

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