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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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zurückzukehren. Und ich dachte, ich sei von dieser unzufriedenen Liebe erlöst und ein Zurück sei nicht mehr möglich. Aber nun zog ich mein Handy aus der Tasche, wischte eine Träne mit dem Daumen von der Tastatur und wählte die Nummer, die ich besser als meine eigene kannte.
    »Komme sofort!«, sagte Leo, der noch in der Stadt war und genauso wie ich schon immer zu lange nachts unterwegs gewesen war.
    »Ich dachte, ich träume, als du mich eben angerufen hast«, sagte er noch im Türrahmen, bevor er in meine Arme fiel. Er drückte mich an sich heran und küsste mich. Ich dachte, endlich kann ich etwas fühlen, aber seine Zunge war nur pelzig und warm.
    »Ich weiß jetzt, dass du Recht hattest«, sagte er atemlos. »Mit allem.«
    Ich lächelte müde. Es waren keine Erinnerungen an die letzten Jahre, an ihn, an uns, die in meinem Kopf auftauchten, es war immer nur Florian, wie er seine Augen schloss und die andere Frau küsste.
    Leo griff meine Hände und zog mich aufs Bett. Ich sah mich dort sitzen, sah, wie er mich ansah und sagte: »Ich habe dich so vermisst, Emilia. Jeden Tag, jeden Abend. So vermisst. Wir können neu anfangen«, er sah mich von unten an, »neu anfangen, ja?«
    Ich wollte ihm antworten, sagen, dass ich ihn nicht mehr liebte, zumindest dass ich das glaubte, doch mein Mund war starr und widerspenstig, als seien meine Lippen betäubt. Ich schaffte es nicht, es auszusprechen, so sagte ich nur: »Wahrscheinlich ist es zu spät.«
    »Sag das nicht!« Drängend zog er mich an sich heran und küsste mich erneut. Tränen liefen über unsere Lippen. Doch wieder fühlte ich nichts. Ich wollte mich lösen, aber er hielt mich fest.
    »Liebst du mich nicht?«, presste er hervor. »Liebst du mich wirklich nicht?«
    Ich sagte nichts. Seine Augen verkleinerten sich und ich erkannte mich in ihm wieder, nur dass ich vor Florian saß.
    »Es tut mir leid«, sagte ich leise. »Ich hätte nicht anrufen sollen.«
    »Nein, bitte, ruf mich immer an«, sagte er beschwörend, »wenn du mich nur einen Funken vermisst, ruf mich an!«
    Leo wirkte verloren, wie auch ich es in dieser Nacht war. Nur hatte ihn diese Verlorenheit schon immer begleitet, weil er nichts fand, was ihn glücklich machte, auch wenn er dies nun in mir sah.
    »Leo«, sagte ich und wollte ihn daran erinnern, wie hoffnungslos einsam es war, mit jemandem zusammen zu sein, den man nicht liebte, doch er legte sanft seinen Finger auf meinen Mund und flüsterte: »Du musst mir nicht heute antworten.«
    Er zog mich nach hinten und raffte die Decke über unsere Beine. Sein Herz schlug laut und schnell. Nach einer Weile wurde es ruhiger und seine Umarmung lockerte sich. Ich schloss die Augen und erinnerte mich an Florian, wie er die andere küsste, sah Pierres betretenen Blick, Leos verstörtes Gesicht, sah einen Trauerzug, einen schwarzen Sarg, mit Blumen bedeckt, dahinter gebückte Menschen, in ihrer Mitte weinte meine Mutter. Eine Träne floss in mein Ohr.
    Ein schrilles Piepen schreckte mich auf. Leos Handy leuchtete auf dem Tisch. Ich hob meinen Kopf. Leo reagierte nicht. Ich ließ meinen Kopf wieder fallen und schloss die Augen. Wir waren nicht mehr zusammen. Es ging mich nichts an.
    Aber wer schreibt ihm denn um drei Uhr morgens?
    Einen Moment später stand ich am Schreibtisch.
    Kein Name, nur eine Nummer: »Du kommst nicht mehr?«
    Eine Frau, schoss es mir in den Kopf. Eine andere Frau. Niedergeschlagen wollte ich das Handy zur Seite legen. Was sollte ich sagen? Es ging mich nichts an.
    Doch plötzlich überfiel mich eine Ahnung, beißend wie eine Brandwunde. Ihm hatte immer etwas gefehlt.
    Meine Hände zitterten, als ich versuchte seinen kurzen Stil zu imitieren und schrieb: »Komme nicht mehr. Tut mir leid.«
    Wenige Sekunden später: »Toll! Ich hab gewartet! Wann hab ich die Ehre dich wiederzusehen?«
    »Muss heute Nacht nachdenken. Wie lange kennen wir uns eigentlich?«
    Fünf Sekunden später die Antwort: »Häh?«
    Mist! Es klappt nicht.
    »Sag mal!«, schrieb ich und redete mir ein, dass Leo schon immer irrational gehandelt hätte.
    Dem folgte nur: »Mann, aus dir werd ich nicht schlau!«
    Verdammt! Ich überlegte kurz. Dann ein neuer Versuch: »Wann haben wir uns das erste Mal geküsst?«
    Antwort: »Leo, ich geh jetzt mal pennen, du hast zu tief ins Glas geschaut«
    Letzter Versuch: »Sei romantisch. Für unseren Jahrestag! Schreib es einfach!«
    Dann endlich: »Silvester! Schon vergessen? Kannst ja morgen anrufen. Gute Nacht!«
    Silvester?
    Im

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