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Glueck allein

Glueck allein

Titel: Glueck allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Halcour
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richtete sich auf, als wollte er schon wieder gehen. »Man hat ja auch seine Erfahrungen. Und wenn man alleine ist, vor allem schlechte.«
    »Und? Was willst du damit sagen?«, erwiderte ich trotzig. »Dass es die große Liebe nicht gibt?«
    »Ach!« Er schlug mit seiner Hand gegen ein Regal. »Du verstehst einfach nicht, dass manche Dinge Zeit brauchen. Es kann nicht alles in Höchstgeschwindigkeit ablaufen. Es ist ein Weg, den man gemeinsam geht.«
    »Braucht es auch nicht. Ich habe Zeit«, erwiderte ich und streckte mich zufrieden. Niemand, auch nicht Johannes, würde mir an diesem Tag die Laune verderben.
    Johannes starrte mich an. Sein Blick war nicht mehr feindselig. Er war alles andere als das gewesen.
    »Er meint, du verkaufst dich unter Wert«, sagte Pierre, als Johannes außer Reichweite war.
    »Hat er das gesagt?«
    »Ja-a.«
     

Ein langer Weg
     
    Es waren weniger Johannes Worte, als sein letzter Blick, der mich den ganzen Tag verfolgte. Zwar war mir bewusst, dass Männer oft und gerne schauten, wenn Frauen sich streckten, aber sein Blick war anders, durchdringend gewesen, als zielte er in meine Seele.
    Vielleicht machte dies den Weg zu Julian lang. Das Warten an der Haltestelle, die Bahnfahrt, die paar Schritte bis zur Kreuzung, wo wir verabredet waren, diese wenigen Minuten vergingen kaum und ließen den Aufwand fast zu groß für einen Mann erscheinen, an dessen Gesicht ich mich nicht einmal erinnerte. Erst als ich das Delirium sah, das bei Tageslicht nur ein unscheinbarer Kellereingang, überschrieben mit blässlich roten Buchstaben war, wurde ich von einer bangen Aufregung überfallen, so dass ich ahnte, wie groß doch meine Hoffnungen waren, dass er endlich der Richtige und dies nun mein letztes Date sein würde. Ich war schon ein paar Minuten über der Zeit und es erschreckte mich, ihn noch nicht zu sehen. Der Wind pfiff an mir vorbei und ich merkte, dass nur eine Bluse für den ausklingenden Sommer zu wenig war. Aber als ich sie ausgesucht hatte, dachte ich, dass es nur darum ginge, schön zu sein.
    Während die Minuten vergingen, betrachtete ich angespannt das Pflaster unter meinen Füßen. Es wäre eine solche Demütigung, jetzt nach Hause zu gehen. Meine Einsamkeit, sie würde mich heute zugrunde richten.
    Plötzlich fasste mich jemand an der Schulter. Ich wirbelte herum. Julians Gesicht war mir sofort wieder vertraut und ich fragte mich, wie ich seine dunklen Augen, die schwarzen Brauen und markanten Gesichtszüge nur vergessen konnte. Er sah mich an, prüfend und direkt, und genau das hatte mich angezogen.
    »Du siehst gut aus«, waren seine ersten Worte.
    »Du auch«, erwiderte ich, obwohl ich ihm so etwas nicht sagen wollte.
    »Ich habe Bier gekauft«, sagte er und reichte mir eine Flasche. »Und Zigaretten. Willst du eine?«
    »Nein, danke«, sagte ich und mein Blick ließ von ihm ab. In diesem Moment begann es zu nieseln. Die Nässe kühlte meine erhitzten Wangen.
    »Komm«, sagte er und zog mich unter dem stärker werdenden Regen die Straße herunter. Ich stolperte ihm hinterher und war eigentlich nur glücklich, an seiner Seite zu sein.
    Mein Haar war feucht, als wir einen mit Glas überdachten Hof erreichten, in dem wir vor dem Regen geschützt waren. In seiner Mitte stand ein Reiterdenkmal. Stolz saß der Reiter im Sattel und der Umfang seiner Oberschenkel glich dem übermäßig muskulösen Nacken des Pferdes. Ich wusste nicht, wer es war, entschied mich aber, Julian nicht zu fragen.
    Wir setzten uns auf eine Bank, die auf die Statue gerichtet war. Mein Herz hatte sich noch nicht beruhigt, schlug wie wild in meiner Brust, seit er neben mir saß. Für diese Nähe hätte ich mehr Zeit oder mehr Bier gebraucht.
    Julian hatte sich zurückgelehnt. Er wirkte sehr gelassen, fragte mich nach der Uni, nach den Eheverträgen und ich antwortete möglichst ruhig, hatte aber immer wieder das Gefühl, mich nicht richtig auszudrücken. Und wenn ich ihm sagte, das Schreiben mache mir Spaß, ich aber damit noch nicht begonnen hätte, erschienen mir meine Worte einfach nur geistlos und dumm. Von meinen Vortrag sagte ich nichts, als würde er auf diese Weise nicht existieren. Wenn ich einen Blick in Julians dunkle Augen erhaschte, wenn sich ein Lächeln auf seine Lippen legte, waren die Eheverträge, das Institut, der Vortrag, ohnehin bedeutungslos.
    Als ich mich entsann, wie uns der Zufall zusammengeführt hatte, legten sich die Erinnerungen an den Abend mit dem Holländer wie Schatten über meine

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